Kabinett stimmt Haushaltsbegleitgesetz zu Startschuss für die Milliarden-Kürzungen
80 Milliarden Euro in vier Jahren: Im Juni hatte die Koalition ihr Kürzungspaket festgezurrt, es folgte Kritik von allen Seiten - auch aus den eigenen Reihen. Nun hat das Kabinett grünes Licht gegeben - ausgeklammert wird allerdings zunächst das Thema Brennelementesteuer.
Von Kerstin Lohse, RBB, ARD-Hauptstadstudio
Das Sparpaket. An einem Sonntag im Juni hatte sich die schwarz-gelbe Koalition zur Klausur ins Kanzleramt zurück gezogen. Und dort schworen fast alle Kabinettsmitglieder Verzicht, wenn auch zum Teil äußerst widerwillig. Denn eines war klar: "80 Milliarden Euro sparen sie auch nicht mit der Nagelschere", so Vizekanzler und FDP-Chef Guido Westerwelle.
Sparziel: 80 Milliarden Euro in vier Jahren
Am Ende war das Ziel jedoch geschafft: Bis 2014 wolle die schwarz-gelbe Koalition einen "beispiellosen Kraftakt" leisten und rund 80 Milliarden Euro einsparen, so Bundeskanzlerin Angela Merkel. Eine beachtliche Leistung, wie Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) meinte: "Schauen Sie mal, was das Kabinett alles entschieden hat. Das hätten die meisten gar nicht für möglich gehalten. Es geht aufwärts!"
Glaubt man Beteiligten, so kämpfte der oberste Haushälter lange dafür, stärker an der Einnahme- als an der Ausgabeseite zu arbeiten. Doch die Idee der Steuererhöhungen scheiterte offensichtlich am Widerstand der FDP. "Wir haben zu entscheiden gehabt, ob wir den Weg der Konsolidierung über Steuererhöhungen gehen oder Ausgabeeinsparungen. Wir haben uns für Ausgabeeinsparungen entschieden", so FDP-Chef Westerwelle.
Streichungen bei Hartz-IV-Empfängern
Rund ein Drittel des Sparvolumens will die Regierung bei den Sozialleistungen hereinholen. Hartz-IV-Empfängern streicht sie den Rentenzuschuss und das Elterngeld. Darüber hinaus will die Koalition die Bundeswehr umstrukturieren und verkleinern. Über die von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vorgelegten Modelle hat das Kabinett allerdings bisher nicht entschieden.
Klar ist, dass die Koalition auch die Wirtschaft zur Kasse bitten wird: So baut die Regierung Merkel Vergünstigungen bei der Ökosteuer ab; die Betreiber von Atomkraftwerken sollen künftig - vermutlich per Brennelementesteuer - jährlich 2,3 Milliarden Euro schultern. Und im Luftverkehr gilt eine zusätzliche Flugticketabgabe.
Kritik auch aus den eigenen Reihen
Nicht nur die Opposition, sondern auch Politiker von Union und FDP kritisierten kurz nach Bekanntwerden die soziale Schieflage der angekündigten Einsparungen. Besserverdienende würden überhaupt nicht belastet, so der Vorwurf. Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) musste angesichts des Widerstands der Kommunen von der geplanten Wohngeldkürzung für Hartz-IV-Empfänger und Kleinrentner wieder abrücken - 200 Millionen Euro, die im Sparpaket fehlen dürften.
Vor allem aber die Frage, in welcher Form die schwarz-gelbe Regierung die Atomindustrie zur Kasse bittet, ließ Bundeskanzlerin Merkel bislang noch offen. "Ich bin dafür, dass wir auf der einen Seite unsere Ziele der Haushaltskonsolidierung natürlich erreichen. Und da haben wir auch für die Energiewirtschaft, sprich die Kernkraftwerke, eine bestimmte Abgabe im Auge. Und wir werden darüber hinaus - und da verwende ich ausdrücklich nicht das Wort der Abgabe - darüber sprechen, in welche Weise die Energiewirtschaft einen Beitrag für die erneuerbaren Energien leisten kann."
Die SPD forderte unterdessen von der Regierung, ihre unsozialen Pläne zur Haushaltssanierung zurückzuziehen. Angesichts der besseren konjunkturellen Entwicklung müsse Schäuble sein Konzept umschreiben, so der amtierende SPD-Fraktionschef Joachim Poß.