US-Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac "Das System hat offensichtlich nicht funktioniert"
Sie wären eigentlich längst pleite - und haben doch unbegrenzten Kredit beim Staat. Sie sind eigentlich privatrechtlich organisiert - aber mit öffentlichem Auftrag. Die beiden seltsamen Zwitterwesen Fannie Mae und Freddie Mac haben bereits 150 Milliarden Dollar Staatsgelder bekommen, und dennoch wurden die US-Immobilienfinanzierer bei der Finanzmarktreform bislang ausgespart. Das soll sich nun ändern. In Washington berät eine Konferenz über mögliche Lösungen.
Von Sabine Müller, HR-Hörfunkstudio Washington
Zum amerikanischen Selbstverständnis gehört es unausweichlich dazu: das eigene Haus. Man mietet nicht, sondern man kauft. Und das galt jahrzehntelang auch für die, die es sich eigentlich nicht leisten konnten. Die US-Regierung unterstützte diesen Haus-Traum tatkräftig durch steuerliche Anreize - und mithilfe der Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac.
Zwei seltsame Zwitterwesen
Die beiden Firmen waren seltsame Zwitterwesen: zwar privatrechtlich organisiert, aber mit dem öffentlichen Auftrag, Hauseigentum zu fördern, und mit indirekter staatlicher Anti-Pleite-Garantie. Die beiden Riesen, die den Großteil aller US-Hypotheken finanzieren, waren maßgeblich an der Immobilienkrise beteiligt und wären 2008 zusammengebrochen, wenn die US-Regierung nicht eingegriffen hätte. Seitdem haben Fannie und Freddie knapp 150 Milliarden US-Dollar an Staatsgeldern bekommen - und das ist wohl noch lange nicht das Ende.
Die beiden Firmen dürfen in den nächsten drei Jahren noch unbegrenzt Kredite beim Staat aufnehmen. Dass es so nicht weiter gehen kann, darüber herrscht Einigkeit bei Politikern und Experten. "Das System hat offensichtlich nicht funktioniert, und fundamentale Elemente dieses Systems sind nicht länger tragbar", sagt US-Finanzminister Geithner. "Dazu gehört, wie die beiden Firmen organisiert sind. Es sind grundsätzliche Veränderungen nötig."
Spricht’s - und fügt ein großes "aber" hinzu: Man müsse auch sicherstellen, dass sich der Häusermarkt weiter erhole. Übersetzt heißt das: Tiefgreifende Reformen bitte nicht jetzt. Deshalb war über Fannie und Freddie auch nichts zu lesen in der großen Finanzmarktreform, die gerade im US-Kongress verabschiedet wurde.
Komplette Privatisierung - oder komplette Verstaatlichung?
Allerdings: bis Januar muss die US-Regierung Vorschläge vorlegen, wie die Zukunft der Immobilienfinanzierung aussehen soll: "Es ist nicht wahnsinnig kompliziert, diese Probleme zu lösen", sagt Finanzminister Geithner. "Wir müssen nur für politische Unterstützung sorgen." Viele Experten sehen das skeptischer. Sie glauben, dass nicht nur die ausreichende politische Unterstützung schwierig wird, sondern auch die Antwort auf die grundsätzliche Frage, was die richtige Strategie für Fannie Mae und Freddie Mac ist.
Die bisherigen Vorschläge reichen von kompletter Privatisierung bis zur völligen Verstaatlichung und allen denkbaren Möglichkeiten zwischen diesen beiden Extremen. Manche meinen, dass der Markt es ohne Probleme verkraften würde, wenn die beiden Firmen ihre Aktivitäten langsam auslaufen ließen und private Unternehmen an ihre Stelle träten. Andere glauben, dass Fannie und Freddie für den amerikanischen Häusermarkt überlebenswichtig sind, sonst sähe es noch schlechter aus als ohnehin schon. Die Zahl der begonnen Bauten sinkt, die Verkäufe bestehender Immobilien sind mau - obwohl die Kreditzinsen auf einem historischen Tiefstand liegen.
Viele Beobachter glauben nicht, dass die heutige Konferenz die Debatte wirklich voranbringt. Denn wie bei fast jedem politischen Thema heißt es auch hier: im November seien Wahlen und das sei nicht gerade förderlich für die politische Entscheidungsfindung.