Leitzins-Entscheidung der EZB Alles wie gehabt
Der Leitzins bleibt auf dem Rekordtief von null Prozent. Das entschied der EZB-Rat. Die jüngst beschlossenen Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur bräuchten noch Zeit, um ihre Wirkung zu entfalten, hieß es. Immerhin - die Aussichten sind rosiger als noch im März.
Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöht trotz anhaltender Mini-Inflation vorerst nicht den Leitzins. Er bleibt auf dem Rekordtief von null Prozent. Das beschloss der EZB-Rat bei seiner auswärtigen Sitzung in Wien. Unverändert bei minus 0,4 Prozent ließen die Währungshüter auch den Strafzins, den Banken zahlen müssen, wenn sie Geld bei der EZB parken und nicht als Kredite weiterreichen.
Volkswirte gehen davon aus, dass die Phase der ultralockeren Geldpolitik erst einmal anhält. Es brauche noch Zeit, um die Wirkung zuletzt beschlossener Maßnahmen bewerten zu können, hatte kürzlich EZB-Chefvolkswirt Peter Praet bekräftigt.
Im März hatten die Währungshüter ihren Kurs gegen Mini-Inflation und Konjunkturschwäche drastisch verschärft: Erstmals wurde der Zins, zu dem Banken frisches Zentralbankgeld bekommen, auf Null gesenkt. Zudem steckt die EZB noch mehr Geld in Staatsanleihen und andere Wertpapiere, 80 Milliarden Euro monatlich. Ab Juni stehen auch Unternehmensanleihen auf dem Einkaufszettel der Notenbank. Die Geldflut soll die Kreditvergabe ankurbeln und so für Wachstum sorgen.
Aussichten positiver als im März
Die Aussichten für die Konjunktur im Euroraum sieht die EZB aktuell optimistischer als noch im März. Zudem werde die Inflation etwas schneller aus dem Keller kommen, wie EZB-Präsident Mario Draghi nach der Sitzung des Rats ausführte. In den nächsten Monaten sei allerdings weiterhin mit sehr niedrigen oder gar negativen Teuerungsraten zu rechnen. Im Mai hatte sie laut vorläufigen Zahlen mit minus 0,1 Prozent weiter im negativen Bereich gelegen. Zum Jahresende aber dürfte sich die Rate nach Einschätzung von Ökonomen in Richtung ein Prozent bewegen - dafür spreche unter anderem der zuletzt wieder anziehende Ölpreis. Mittelfristig lautet die Zielmarke bei der Teuerungsrate aber knapp zwei Prozent.
Keine Wende in der Zinspolitik in Sicht
All das werten Volkswirte als Signal dafür, dass Europas Währungshüter ihre Zinspolitik nicht so bald ändern werden - im Gegenteil: "Eine nachhaltig höhere Inflation ist nicht in Sicht. Deshalb bleibt eine weitere geldpolitische Lockerung der EZB zum Jahresende auf der Agenda", schreibt Commerzbank-Analyst Christoph Weil.
Kritiker halten die Wirkung der Geldflut für begrenzt, die Nebenwirkungen bekommen vor allem Sparer zu spüren: Anlagen wie Tages- und Festgeld werfen kaum noch Rendite ab.