Debatte über Reformen im Finanzsystem EU-Kommission drängt auf Hedgefonds-Regulierung

Stand: 17.05.2010 15:15 Uhr

Die Griechenland-Krise hat den Reformdruck im Finanzsystem erhöht. Die EU-Kommission will mehr Kontrolle der Hedgefonds und eine bessere Finanzaufsicht. Doch sie streitet mit den Mitgliedsstaaten über den richtigen Weg, um riskante Spekulationsgeschäfte einzudämmen.

Von Wolfgang Landmesser, WDR-Hörfunkstudio Brüssel

Einige Reformen für die Regulierung der Finanzmärkte stehen in Europa schon kurz vor der Entscheidung. Bei anderen haben die Diskussionen gerade erst angefangen. So will Bundeskanzlerin Angela Merkel die Spekulationen mit Kreditausfallversicherungen eindämmen. Die als Credit Default Swaps (CDS) bekannten Papiere gelten als mitverantwortlich für den enormen Druck auf hochverschuldete Euroländer wie Griechenland, Portugal und Spanien.

EU-Kommission bremst bei Kreditausfallversicherungen

Auch die EU-Kommission hat ihr Auge auf diese Finanzprodukte geworfen. Sie will aber erst einmal prüfen, wie die CDS genau wirken. "Die Arbeit der Task Force läuft. Ich möchte zuerst verstehen, was sich abspielt und abgespielt hat, um richtig zu handeln", sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. "Die entsprechenden Vorschläge machen wir dann im Herbst." 

Auch an anderen Finanzmarkt-Baustellen arbeite die Brüsseler Behörde derzeit intensiv. So müssten die Eigenkapitalvorschriften für Banken strenger gefasst werden. Außerdem sollte es einen neuen Krisenfonds geben, als Vorbeugung gegen künftige Crashs an den Finanzmärkten, findet Barnier. Auch zu Ratingagenturen will die Kommission einen neuen Vorschlag präsentieren. Bei nur drei großen amerikanischen Unternehmen, die die Kreditwürdigkeit von Unternehmen und Staaten einschätzen, gebe es einfach nicht genügend Konkurrenz.

Die Ratingagenturen hatten in den vergangenen Wochen die Bewertung der Kreditwürdigkeit von Griechenland und anderen Ländern herabgestuft. Daraufhin waren die Risikoprämien für die Staatsanleihen der Länder nach oben geschossen.

Stichwort
Hedgefonds gelten als die risikoreichste Form unter den Fonds. Ihnen steht die gesamte Trickkiste der Finanzmärkte zur Verfügung. Die Fonds sind in der Lage, auch mit fallenden Kursen Geld zu verdienen und setzen auf eine absolute Rendite unabhängig vom Marktumfeld.
Das englische Wort "to hedge" bedeutet auf deutsch "absichern". Mit Hedgefonds können sich Anleger absichern, indem sie auf positive oder negative Entwicklungen spekulieren. Der erste Hedgefonds wurde 1949 von dem Australier Alfred Winslow Jones in den USA gegründet. Er verkaufte Aktien, die er sich nur ausgeliehen hatte, und versuchte, sich damit gegen Kursschwankungen abzusichern. 2009 verwalteten die weltweit etwa 9000 Fonds mehr als 1,2 Billionen Euro.

Streit um Aufsicht für Hedgefonds

An anderen Baustellen ist die EU schon relativ weit. So wollen die EU-Finanzminister auf ihrem Treffen über die neuen Vorschriften für Hedgefonds diskutieren. Die Aufsicht für in Europa tätige Hedgefonds soll deutlich verschärft werden. Ziel ist es, dass die Aufsichtsbehörden durchschauen, wo die spekulierende Akteure besonders große Risiken anhäufen.

Vor allem Großbritannien sperrt sich gegen die Lösung, die jetzt auf dem Tisch liegt. Demnach ist ein EU-Pass für Hedgefonds vorgesehen - mit den entsprechenden Kontrollen. Die Briten fürchten, dass der Finanzplatz London unter den Vorschriften leiden könnte. Binnenmarktkommissar Barnier sieht aber keine Alternative zu einer stärkeren Aufsicht. "Ich erinnere daran, dass dieser Bereich der Finanzindustrie an einigen Tagen mehr als die Hälfte der Transaktionen an den Börsen abwickelt", sagte er. "Es besteht also ein systemisches Risiko, das auch die G20 identifiziert haben. Und das rechtfertigt die Regulierung."

Auch die Finanzaufsicht insgesamt will die EU schlagkräftiger machen. Schon im Dezember hatten die Mitgliedsstaaten das neue europäische Kontrollsystem für Banken und Börsen verabschiedet. Aber das Europäische Parlament hält die Vorschläge für zu lasch und hat die Aufsicht in einem eigenen Beschluss verschärft. Demnach sollen die europäischen Aufseher die Entscheidungen auch gegen den Willen der nationalen Kontrollbehörden treffen können. Ziel ist vor allem eine bessere Kontrolle von Finanzkonzernen, die grenzüberschreitend tätig sind. Bei Risiken, wie sie zum Beispiel die Hypo Real Estate über ihre irische Tochter Depfa eingegangen ist, sollen die europäischen Aufseher in Zukunft eingreifen.

Finanztransaktionssteuer oder Finanzaktivitätssteuer
Eine neue Steuer könnte dazu beitragen, Spekulationsgeschäfte einzudämmen und die Finanzkonzerne an den Kosten der Krise zu beteiligen. Ein Vorschlag ist die Finanztransaktionssteuer. Sie wäre bei jedem Kauf oder Verkauf von Aktien, Devisen, Derivaten, festverzinslichen Wertpapieren und anderen wichtigen Finanzprodukten zu bezahlen. Ein niedriger Steuersatz soll dazu führen, dass langfristige Investitionen kaum darunter leiden. Zugleich sollen aber Gewinne von Spekulanten sinken.
Der Gegenvorschlag des Internationalen Währungsfonds ist die Finanzaktivitätssteuer. Sie soll auf Gewinne von Banken und anderen Finanzkonzernen erhoben werden. Auch Gehälter und Bonuszahlungen will der IWF einbeziehen. Vorrangig geht es dabei darum, Banken und Fonds an staatlichen Kosten bei der Bewältigung der Finanzkrise zu beteiligen.

Wenig Unterstützung für Finanztransaktionssteuer

Auch eine Bankenabgabe ist auf EU-Ebene noch in der Diskussion, obwohl einige Mitgliedsstaaten ein Problem damit haben. So argumentiert Spanien, dass die Banken des Landes nicht wie anderswo mit Milliardenhilfen gerettet werden mussten. Warum sollten sie dann für die Folgen der Krise zur Kasse gebeten werden? Auch die von der SPD geforderte Finanztransaktionssteuer ist in Brüssel auf dem Prüfstand; jeder Kauf einer Aktie oder Anleihe wäre mit der Steuer belegt. Allerdings tendieren die Experten weltweit eher zu einer schärferen Besteuerung der Gewinne von Finanzinstituten.