Van Rompuy präsentiert Vorschlag für Finanzrahmen EU-Gipfel berät 960-Milliarden-Kompromiss
Es war eine der üblichen Brüsseler Gipfelnächte: Nachdem der EU-Haushaltsgipfel stundenlang unterbrochen war, liegt jetzt ein Kompromissvorschlag von Ratspräsident Van Rompuy für den Gemeinschaftshaushalt der kommenden Jahre auf den Tisch. Demnach soll es eine Obergrenze von 960 Milliarden Euro geben.
Nach einer langen Gipfelnacht haben die 27 EU-Staats- und Regierungschefs ihre Beratungen über einen Finanzpakt der Europäischen Union wieder aufgenommen. Um eine Lösung über die Höhe des Finanzrahmens der Jahre 2014 bis 2020 zu finden, hat EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy ein neues Kompromisspapier vorgelegt.
Dieser sieht nach Angaben aus Delegationskreisen für die Jahre 2014 bis 2020 sogenannte Verpflichtungsermächtigungen von 960 Milliarden Euro vor. Das sind rund 12 Milliarden weniger als beim gescheiterten ersten Haushaltsgipfel im November diskutiert. Verpflichtungsermächtigungen sind über mehrere Jahre laufende Zahlungsversprechen. Für tatsächliche Auszahlungen sieht Van Rompuys Kompromissvorschlag nur 908,4 Milliarden Euro vor.
Die gemeinsamen Beratungen waren kurz nach Mitternacht unterbrochen worden, weil die Kluft zwischen den Geber- und den Nehmerländern immer noch zu groß gewesen war. Es folgten intensive Beratungen unter anderem mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Francois Hollande und dem britischen Premierminister David Cameron.
Mit seinem neuen Vorschlag kommt Van Rompuy nun diesen und anderen Geberländern entgegen. Die EU-Kommission hatte für die Jahre 2014 bis 2020 ein Budget in Höhe von gut einer Billion Euro gefordert, was aber von einer Reihe von Staaten als zu hoch abgelehnt wurde.
Ein erster Anlauf, den EU-Finanzrahmen von 2014 bis 2020 zu vereinbaren, war im November gescheitert. Strittig waren dabei neben der Gesamthöhe auch die Verwendung des Geldes zwischen den verschiedenen Etatposten wie Landwirtschaft oder Forschung sowie eine faire Lastenverteilung unter den Nettozahlerländern.
Viele Drohungen zum Auftakt
Merkel hatte zum Auftakt des Treffens vor einem Scheitern der Verhandlungen gewarnt und zugleich die deutsche Kompromissbereitschaft betont. Besonders lautstark hatte sich dagegen der britische Premier David Cameron für weitere Kürzungen ausgesprochen: "Die Zahlen, die im November vorgeschlagen wurden, sind viel zu hoch. Sie müssen herunter. Und wenn sie nicht herunterkommen, dann wird es keinen Deal geben." Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, hatte den EU-Regierungschefs gedroht, dass das Parlament einen Kompromiss ablehnen werde, wenn dieser die ursprünglich sehr viel höheren Vorschläge der EU-Kommission und des EU-Ratspräsidenten zu weit unterschreiten sollte.
Der sogenannte mittelfristige Finanzrahmen kann nur mit der Zustimmung des Europäischen Parlaments in Kraft treten. Sollte es keine Einigung geben, muss sich die EU auf jährlich auszuhandelnde Haushalte einstellen.
Mit dem Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) legt die EU Obergrenzen und Schwerpunkte ihrer Haushalte fest. Für einen Zeitraum von sieben Jahren werden unter anderem die maximalen Gesamtausgaben und die Verteilung auf wichtige Aufgabenbereiche vereinbart. Innerhalb dieser Vorgaben müssen sich später die jährlichen Etats bewegen.
Wie der MFR zustande kommt, ist im Vertrag von Lissabon festgelegt. Es handelt sich im Kern um eine Verordnung. Den Vorschlag dafür legt die EU-Kommission vor. Im nächsten Schritt verhandeln die Regierungen der EU-Staaten über einen Kompromiss, sie können die MFR-Verordnung nur einstimmig beschließen. Zuvor muss aber auch das Europaparlament zustimmen. Wegen des drohenden Vetos beeinflussen die Änderungswünsche der Parlamentarier die Beratungen der Regierungen der EU-Staaten. Kommt es nicht rechtzeitig zu einer Einigung, gelten die Obergrenzen des letzten Jahres aus dem vorangegangenen MFR zunächst weiter.