Europäisches Parlament beschließt Gesetz EU will mehr Schutz für Saisonarbeiter
Jedes Jahr kommen rund 100.000 Erntehelfer aus Nicht-EU-Staaten nach Europa. Ihre Bezahlung und Unterbringung ist häufig katastrophal. Das soll sich nun ändern. Das EU-Parlament hat einem Gesetz zum Schutz von Saisonarbeitern zugestimmt.
Cherrytomaten, Cocktailtomaten, Strauchtomaten. Im Supermarkt gibt es sie alle. Auf der Verpackung steht als Herkunftsland oft: Spanien. Dort arbeiten viele Erntehelfer, die nicht aus der EU, sondern aus nordafrikanischen Länder kommen. Zum Beispiel aus Marokko, Ägypten und Tunesien.
Diese Saisonarbeiter will das EU-Parlament in Zukunft besser schützen, sagt Elisabeth Schrödter von den Grünen. "Jetzt haben wir für diese Leute erreicht, dass sie wie Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer behandelt werden. Dass sie eine ordentliche Unterkunft kriegen. Dass sie ein legales Aufenthaltsrecht kriegen." Nun könnten sie nachmittags einkaufen gehen, ohne dass sie Angst vor der Polizei haben müssten.
Wer Saisonarbeiter beschäftigt, muss Bedingungen erfüllen
Die EU-Länder entscheiden selbst, ob sie Saisonarbeiter aus Drittstaaten ins Land lassen. Doch, wenn sie es tun, dann gelten künftig neue Regeln. Das betrifft vor allem Spanien, Italien und Griechenland. Saisonarbeiter aus Drittstaaten sollen dann schon bei der Einreise einen Arbeitsvertrag oder ein verbindliches Angebot vorweisen. In den Verträgen sollen Arbeitgeber Löhne und Arbeitszeiten, aber auch einen Nachweis über eine ordentliche Unterkunft festschreiben.
Denn hier gab es zu viel Missbrauch, sagt Nadia Hirsch von der FDP: "Da hat man gesehen hat, dass eine zu große Zahl unter sehr schlechten Bedingungen gearbeitet hat und oft auch sehr schlecht bezahlt worden ist."
Es gab Fälle, da haben Saisonarbeiter aus Drittstaaten nicht einmal zwei Euro pro Stunde verdient. Sie lebten zusammengepfercht in Baracken ohne Strom und Wasser. Das will die EU künftig verhindern: Arbeitgeber sollen außereuropäischen Saisonarbeitern den gleichen Lohn zahlen wie EU-Bürgern. Und, Arbeitgeber die eine Unterkunft stellen, dürften die Miete nicht mehr automatisch vom Lohn abziehen. Ordentliche Löhne und Unterbringung? Für Landwirte könnte das alles ziemlich teuer werden.
Günstiges Essen dank Lohnsklaven
"Das wird eine Umstellung sein auch für uns Verbraucherinnen und Verbraucher. Möglicherweise im Preis", sagt Grünen-Politikerin Schrödter. "Ich halte das aber für völlig legitim, dass wir nicht unser Essen dadurch günstig haben, dass Leute dafür wie Lohnsklaven behandelt werden."
Künftig sollen Saisonarbeiter aus Drittstaaten - genau wie EU-Bürger - Ansprüche auf Sozialleistungen haben. Zum Beispiel für Urlaub und Feiertage. Auch Rentenansprüche sollen in Zukunft für sie gelten, sagt FDP-Politikerin Hirsch: "Es ist ihnen freigestellt, ob sie in den Ländern, in denen sie arbeiten, diese erwerben oder sie sich zuhause gutschreiben lassen."
Deutschland kaum betroffen
Drei Jahre lang wurde die Richtlinie verhandelt. Nun müssen noch die EU-Staaten zustimmen. Das gilt als wahrscheinlich und soll bis zum Sommer geschehen. Danach haben die EU-Ländern bis 2017 Zeit, um die neuen Regeln umzusetzen.
Deutschland wird das zunächst kaum betreffen. Saisonarbeiter aus Drittstaaten werden nicht gebraucht, sagt Burckhard Möller von Deutschen Bauernverband, weil es genügend Erntehelfer aus Polen, Rumänien und Bulgarien gibt. Und die gehören ja zur EU. Doch der Bedarf könnte sich in Zukunft ändern, meint Möller: "Wenn der wirtschaftliche Aufschwung in diesen Staaten kommt, wenn sich Europas Arbeitsmarktsituation erholt, dann müsste auch Deutschland die Grenzen aufmachen, oder Abkommen schließen, dass aus Drittstaaten Arbeitskräfte hierhin kommen."
In Deutschland arbeiten etwa 300.000 Saisonarbeiter pro Jahr. Nur jeder Zehnte von ihnen ist Deutscher. Diejenigen, die Spargel und Erdbeeren pflücken, sind Osteuropäer.