Solarenergie Balkonkraftwerke werden leichter und billiger
Mit Balkonkraftwerken lässt sich ein Teil des eigenen Stromverbrauch selbst produzieren. Und immer neue Produkte versprechen bessere Leistung. Der Markt ist in Bewegung - mit neuen gesetzlichen Regeln.
Felix Müller wohnt in der fünften Etage eines Mietshauses in Rostock. Schon lange wollte er ein Balkonkraftwerk zur Selbstversorgung mit Solarstrom nutzen. So wie viele andere Deutsche: Laut Bundesnetzagentur sind mittlerweile mehr als 560.000 solcher Geräte registriert. Allerdings sorgt das in vielen Fällen immer noch für Konflikte, insbesondere zwischen Mietern und Vermietern.
Auch bei Felix Müller. So sollte er nur das Produkt einer bestimmten Marke kaufen, einen statischen Nachweis eines ausgewählten Planungsbüros erbringen und einen Elektriker den Stromkreis messen sowie eine spezielle Einspeisesteckdose installieren lassen. "Das hätte Kosten in vierstelliger Höhe verursacht und die Anlage unrentabel gemacht", rechnet er vor.
Erleichterungen mit Solarpaket I
Dabei hat die Bundesregierung neue Regeln auf den Weg gebracht, die den Betrieb der Anlagen erheblich erleichtern sollen. Mit dem im Juli verabschiedeten Solarpaket I wurde die zulässige Einspeisemenge von 600 auf 800 Watt erhöht. Wenn mehr Strom vom Stecksolargerät eingespeist als in der eigenen Wohnung verbraucht wird, sind rückwärts laufende Zähler vorübergehend zugelassen - bis zur Installation eines modernen Zweirichtungszählers. Dafür ist der Netzbetreiber verantwortlich.
Auch das jahrelange Streitthema des Anschlusses über eine übliche Schuko-Steckdose wurde (fast) aus dem Weg geräumt - bis Ende des Jahres soll die entsprechende VDE-Norm geändert werden. Und schließlich entfällt die Anmeldung beim Netzbetreiber. Lediglich im sogenannten Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur müssen Balkonsolargeräte registriert werden. Das ist mit wenigen Mausklicks erledigt.
Mehr Rechte durch "privilegierte Maßnahme"
Auch im Mietrecht gab es Änderungen zu Gunsten von Mietern. So gilt die Nutzung eines Balkonkraftwerks als "privilegierte Maßnahme", die Mietern ein Recht auf eigenen Solarstrom einräumt. Allerdings bleiben Unklarheiten, so der Deutsche Mieterbund. Bundesdirektorin Melanie Weber-Moritz bemängelt, dass Vermieter das Recht auf Balkonsolargeräte verweigern könnten, wenn diese "unzumutbar" wären. Was aber zumutbar ist und was nicht, wird im Gesetzestext nicht präzisiert.
So erwartet der Hamburger Vertrags- und Energierechtsanwalt Dirk Legler einige gerichtliche Auseinandersetzungen, wo diese offene Frage geklärt wird. Er sieht aber die Mieter grundsätzlich im Vorteil. Dass eine Hausfassade durch Balkonkraftwerke nicht mehr "einheitlich" aussieht - beliebtes Argument von Vermieterseite - hält er für zumutbar. "Rechtmäßig verlangen können Vermieter dagegen eine Haftpflichtversicherung des Mieters", so der Anwalt, "zudem eine Erklärung zur Übernahme der Rückbaukosten und dass Balkonkraftwerke nach dem Stand der Technik angebracht werden".
Die Branche boomt
Holger Laudeley aus Ritterhude bei Bremen ist seit Jahren ein Pionier der Branche. Der lange Kampf hat sich gelohnt, findet er. Mittlerweile begrüßten auch die Netzbetreiber - einst erbitterte Gegner - Balkonkraftwerke zur Entlastung des Verteilnetzes. In jedem Fall boomt die Branche, auch dank des Preisverfalls bei Solarmodulen. Komplette Anlagen mit Wechselrichter sind mittlerweile schon unter 300 Euro zu haben.
Immer beliebter werden leichte, biegsame Kunststoffmodule. Die wiegen mit rund fünf Kilo weniger als ein Viertel im Vergleich zu den sperrigen herkömmlichen Glas- und Metallmodellen mit oft über 20 Kilo Gewicht. Ein Leistungsvergleich beider Systeme auf dem Betriebshof seiner Firma erstaunt selbst den Diplom-Ingenieur, der schon mehr als 3.500 Photovoltaikanlagen verbaut hat: Gerade mal zehn Prozent weniger Strom liefern die leichten Module, die man mit wenigen Handgriffen anbringen und wieder abbauen kann.
Speicher immer beliebter
Und noch einen Trend beobachtet der Solar-Pionier: "Die Leute wollen Speicher". Um Strom, der nicht sofort im eigenen Haushalt verbraucht wird, nicht ins öffentliche Netz zu verschenken. Denn, anders als bei großen Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach, gibt es bei Balkonkraftwerken keine Einspeisevergütung.
Allerdings ist die Kosten-Nutzen-Rechnung fraglich. Rund 1.000 Euro kostet ein handelsüblicher Speicher mit etwas über zwei Kilowattstunden Kapazität. Bei einem Haushaltsstrompreis von 40 Cent dauert es sehr lange, bis sich das rechnet. "Aber das ist den Leuten egal", so Laudeley, "sie wollen ihren Strom für sich behalten".
Felix Müller aus Rostock hat sein Kleinkraftwerk auf den Balkon gestellt.
Warten auf den Bundesrat
Die Änderungen des Mietrechts treten in Kraft, wenn das Gesetz den Bundesrat passiert, voraussichtlich Ende September. Bis dahin hat sich Felix Müller in Rostock eine andere Lösung konstruiert. Das Balkonkraftwerk hängt nicht am, sondern steht - befestigt mit einem Metallgestell - auf dem Balkon.
Das mindert zwar den Ertrag, aber rund 60 Kilowattstunden pro Monat hat er damit trotzdem eingespart. "Wenn die Gesetzesänderungen dann durch den Bundesrat sind, dann werde ich mich noch mal an den Vermieter wenden", kündigt er an. Und hofft dann auf eine einvernehmliche Lösung.