Photovoltaikanlagen Was bei "Balkonkraftwerken" zu beachten ist
Die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen für den Balkon ist riesig. Durch die Pläne der Bundesregierung könnte sie nun noch weiter wachsen. Worauf Haushalte beim Kauf und bei der Installation achten sollten.
Eine Photovoltaikanlage auf dem Balkon anbringen, an die Steckdose anschließen und dadurch einen Teil seiner Haushaltsgeräte praktisch gratis mit klimaneutralem Strom versorgen: Das ist mit einem sogenannten Balkonkraftwerk möglich. Mit dem jüngst beschlossenen Solarpaket will die Bundesregierung nun Bürokratie abbauen und die Rechtslage für die Steckersolargeräte, wie sie offiziell heißen, verbessern. Damit soll der Ausbau der Solarenergie in Deutschland beschleunigt werden.
"Totaler Boom" bei "Balkonkraftwerken" in diesem Jahr
Dabei sind "Balkonkraftwerke" schon jetzt äußerst beliebt. "Es gibt einen totalen Boom, der weiter anhält", heißt es von der Bundesnetzagentur mit Blick auf die Zahl der registrierten Geräte. Die Bonner Behörde geht von derzeit rund 288.000 PV-Anlagen auf Balkonen in Deutschland aus. Anfang Juli waren es noch etwa 230.000. Allein davon wurden 137.000 im laufenden Jahr in Betrieb genommen.
In Wahrheit könnten es sogar noch deutlich mehr sein. So gibt es nach früheren Angaben der Bundesnetzagentur im Marktstammdatenregister mehrere Zehntausend weitere Anlagen mit einer Leistung unter einem Kilowatt, von denen nicht klar ist, ob sie ebenfalls "Balkonkraftwerke" sind. Dazu komme noch einmal eine recht große Dunkelziffer, ergänzt Sören Demandt, Energieexperte bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, im Gespräch mit tagesschau.de.
Denn entgegen den gesetzlichen Vorgaben seien nicht alle Anlagen im System der Bundesnetzagentur vermerkt. "Die Nachfrage nach Steckersolar-Geräten hat wie bei Photovoltaik insgesamt in den vergangenen Jahren stark zugenommen", berichtet der Verbraucherschützer. Auch die geplanten Vereinfachungen der Ampel-Koalition seien ein Grund für das wachsende Interesse.
Für wen eignet sich ein "Balkonkraftwerk"?
Aus Sicht der Verbraucherzentrale gibt es drei Voraussetzungen für Haushalte, sich ein Kraftwerk auf dem Balkon oder der Terrasse anzuschaffen. "Der Ort für die Installation sollte unverschattet sein, das Gerät muss sicher befestigt werden können und es muss eine Steckdose im Außenbereich für die Einspeisung vorhanden sein", so Demandt. Zudem seien Mieter derzeit noch verpflichtet, die Zustimmung des Eigentümers einzuholen. Auch das will die Bundesregierung jedoch ändern.
Angeboten werden Steckersolaranlagen laut dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) im Photovoltaik-Fachhandel, beim Solar-Installateur und im Onlinehandel. "Inzwischen werden die Geräte sogar in Baumärkten und Discountern verkauft", sagt Experte Demandt. Auch gebe es Einkaufsgemeinschaften, die von Solargemeinschaften organisiert werden. Beim Kauf im Discounter müsse aufgrund des relativ geringen Angebots und der fehlenden Beratung auf das passende Befestigungsmaterial geachtet werden.
Ein Steckersolargerät mit einem Standard-Modul und einer Leistung von 200 bis 400 Watt kostet der Verbraucherzentrale zufolge zwischen 350 und 600 Euro. Bei zwei Modulen steige der Preis auf bis zu 1.000 Euro. Ein Pluspunkt für Verbraucherinnen und Verbraucher: Seit 1. Januar 2023 entfällt die Umsatzsteuer für diese Produkte. Außerdem bezuschussen immer mehr Kommunen, Landkreise, Bundesländer und Regionalverbände Steckersolargeräte unter bestimmten Auflagen.
Bundesverband Solarwirtschaft erwartet sinkende Preise und keine Lieferprobleme
Die Kosten für Steckersolargeräte variieren je nach Umfang der Ausstattung mit Zubehör, der Leistung der Solarmodule und Wechselrichter sowie der Qualität der Komponenten, betont der BSW. Langfristig prognostiziert der Verband günstigere Preise, sobald die Komponenten in höheren Stückzahlen produziert werden und der Wettbewerb unter den Anbietern zunimmt.
Einschränkungen bei der Lieferung erwartet die Branche offenbar nicht. "Uns liegen keine Informationen über längere Wartezeiten vor", sagt BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig gegenüber tagesschau.de. Die wesentlichen Komponenten der Systeme seien wieder regulär verfügbar.
Nach dem Kauf sind aktuell noch zwei Anmeldungen nötig: beim lokalen Stromnetzbetreiber und im Marktstammregister bei der Bundesnetzagentur. "Wichtig ist bei den Anmeldungen, dass die angegeben Daten identisch sind, weil sie im Hintergrund abgeglichen werden", erklärt Verbraucherschützer Demandt. Auch dieser Prozess wird in Zukunft leichter: Die Registrierung bei der Bundesnetzagentur soll demnächst ausreichen und einfacher werden.
Steckersolargerät deckt jährlichen Verbrauch von zwei Haushaltsgeräten
"Der große Charme dieser Steckersolaranlagen ist die mechanische Anbringung - das ist bei einem passenden Set mehr oder weniger Plug and Play", sagt Demandt. Kritischer sei der elektrische Teil der Installation. Im besten Fall gebe es bereits eine Außensteckdose und ein elektrisches System auf dem neuesten Stand. "Dann ist es kein Problem, das Ganze selbst in Betrieb zu nehmen", so der Experte. Dafür müsse das Gerät einfach an die Steckdose angeschlossen werden. Wenn aber eine neue installiert oder eine alte getauscht werden muss, sei es notwendig, Fachleute hinzuzuziehen.
"Nach der Installation bleibt das Gerät einfach eingesteckt und liefert dauerhaft Strom direkt ins Netz", erklärt Demandt weiter. Auch im Fall eines Umzugs könne es ohne Probleme mitgenommen werden. Um den Überblick zu behalten, sollten Haushalte zusätzlich eine Art des Monitorings einrichten - entweder mit einem einfachen Strommessgerät oder einem Wechselrichter mit einer integrierten Ablese-Funktion über eine App. "Im besten Fall kann der Verbraucher dann sein Verbrauchsverhalten an die Produktion anpassen, um besonders viel davon nutzen zu können."
Der Verbraucherzentrale NRW zufolge liefert ein Steckersolargerät mit 400 Watt Leistung, das verschattungsfrei an einem Südbalkon montiert wurde, rund 280 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Das entspricht demnach circa dem jährlichen Verbrauch eines Kühlschranks und einer Waschmaschine in einem Zwei-Personen-Haushalt. Das Sparpotenzial liege also bei einem Strompreis von 35 Cent für Strom aus dem öffentlichen Netz bei rund 85 Euro pro Jahr. Mit dem Steckersolar-Simulator der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin kann die individuelle Wirtschaftlichkeit einer Anlage abgeschätzt werden.
"Sympathieträger und anschauliche Werbung für die Solarisierung"
Für den einzelnen Haushalt bestehe der praktische Nutzen darin, einen Teil des eigenen Strombedarfs direkt und unkompliziert mit Photovoltaik zu decken, sagt BSW-Hauptgeschäftsführer Körnig. Auf ganz Deutschland bezogen spielen die "Balkonkraftwerke" jedoch noch keine große Rolle: "Die energiewirtschaftliche Bedeutung und Leistung der kleinen Solarstromerzeuger ist überschaubar, aber sie sind ein Sympathieträger und anschauliche Werbung für die Solarisierung im Bereich der Wohngebäude."
Langfristig rechnet der BSW allerdings mit mehreren Millionen solcher Geräte. "Wir erwarten, dass in Zukunft überall dort, wo ein sinnvoller Montageort für die Solarmodule der Steckersolargeräten vorhanden ist - beispielsweise an Balkons von Miet- und Eigentumswohnungen - solche Systeme Anwendung finden werden", so König.