Selbstbedienungskassen Das Einkaufen der Zukunft
Immer mehr Händler setzen auf Selbstbedienungskassen: Ohne manuelles Scannen oder Kontakt zu Angestellten wird jeder Kauf automatisch erkannt. Doch nicht jeder will diese Technologie nutzen.
Selbst ist der Kunde. Zumindest die des spanischen Moderiesen Bershka in der Filiale auf der Frankfurter Einkaufsstraße Zeil. In der größten Filiale Europas setzt Bershka auf ein futuristisches Einkaufserlebnis: Kunden legen ihre Artikel einfach in eine spezielle Kasse, die automatisch erkennt, welche Teile gekauft werden - ganz ohne manuelles Scannen und ohne den Kontakt zu Angestellten, die abkassieren oder die Ware entsichern. Der Kunde muss die neuen Teile noch bezahlen, selbst entsichern und einpacken.
Die Modekette folgt mit den Selbstbedienungskassen, kurz SB-Kassen genannt, einem Trend, der im Handel schon länger abzulesen ist. So ist die Anzahl der Geschäfte mit Self-Checkout-Angeboten laut Forschungsinstitut EHI in den letzten Jahren immer weiter angestiegen.
Immer mehr Self-Scanning
Gab es 2019 noch 903 Geschäfte in Deutschland, die ein Self-Checkout-Angebot hatten, waren es 2023 bereits 4.270. Hinzu kommen die mobilen Self-Scanning-Systeme, die beispielsweise mittels Handscanner oder App auf dem Smartphone funktionieren. Einige Geschäfte bieten sogar beides an, weiß Handelsexperte Jörg Funder von der Hochschule Worms. "Die Anzahl der Geschäfte ist mittlerweile so hoch, das ist fast flächendeckend deutschlandweit."
Gut 60 Prozent aller Geschäfte mit stationären Selbstbedienungskassen befanden sich 2023 laut EHI im Lebensmitteleinzelhandel. Neben Rewe und Edeka bieten mittlerweile auch die Discounter Lidl und Aldi den Service an. Jeweils 15 Prozent der SB-Kassen standen zuletzt in Drogeriemärkten und Bau- und Heimwerkermärkten.
Vorteile für Kundschaft und Handel
Auch die Drogeriekette dm bietet seit 2022 Selbstbedienungskassen an. Inzwischen gibt es sie nach Unternehmensangaben in mehr als 350 Filialen deutschlandweit. In einer Filiale in Fulda wurde in diesem Jahr sogar aufgestockt. Aus zwei SB-Kassen sind inzwischen drei geworden. Zusätzlich gibt es weiterhin zwei Bedienkassen mit Personal. Das Selbst-Kassieren werde von der Kundschaft gut angenommen, berichtet Filialleiterin Vanessa Reinhardt. Kunden jeden Alters nutzten die Kassen. "Zu Stoßzeiten, wenn sich mehr Menschen sich in der Filiale aufhalten, wird zur Reduktion der Wartezeit der Service der SB-Kassen stärker in Anspruch genommen."
Und nicht nur die Kundschaft profitiert. Auch das Personal könne Kapazitäten so umverteilen und die Kunden näher beraten, so die Filialleiterin. "Mit den SB-Kassen sparen wir auf gar keinen Fall Mitarbeiter ein oder bauen Mitarbeiterstunden ab. Ganz im Gegenteil", berichtet sie.
Handelsexperte Jörg Funder sieht noch weitere Vorteile für Händler: "Es bietet die Möglichkeit, mit dem Kunden in eine Eins-zu-eins-Kommunikation zu gehen." So können Händler zu Mehrkäufen anregen - auch um noch mehr Profit zu machen.
Tradition versus Technologie
Während viele Händler Vorteile in den SB-Kassen sehen, ist es für andere keine Option. Gerade für kleinere Geschäfte sind sie nicht wirtschaftlich: zu klein die Läden, zu gering der Umsatz. Für Holger Enick vom Modehaus Fink in Fulda ist das aber nicht der Hauptgrund, auf die Technologie zu verzichten. Denn die Schnelligkeit und Unabhängigkeit, die man zum Beispiel in der Drogerie erwarte, wolle man hier nicht. "Weil wir immer den persönlichen Kontakt haben. Vom Hallo sagen bis zum auf Wiedersehen", betont Enick. Seine Kundinnen würden gerade bei der eher hochpreisigen Mode Wert auf das Einkaufserlebnis und den persönlichen Service legen.
Mit dem Wunsch nach dem traditionellen Einkaufsgefühl seien die Kundinnen des Modehauses nicht allein. Auch deshalb werde es weiterhin die altbekannten Bedien-Kassenzonen geben, obwohl Selbstbedienungskassen auf dem Vormarsch sind, versichert Handelsexperte Jörg Funder.
Einkaufen der Zukunft
Trotzdem zeigt die Entwicklung im Einzelhandel, dass die Technologie immer weiter voranschreitet und neue Möglichkeiten bietet, das Einkaufserlebnis zu verbessern. Ähnlich wie bei Bershka bieten auch andere große Unternehmen die Selbstkassier-Funktion bereits ohne Scannen an, so unter anderem Zara, Uniqlo oder Decathlon.
Sie setzen dabei das wohl fortschrittlichste System ein, erklärt Handelsexperte Funde, sogenannte RFID-Chips. "Das sind Chips, die ein Funksignal abgeben. Die werden dann lediglich über einen Transponder gezogen oder in eine Box gelegt und scannen sich in dem Moment dann quasi automatisch."
Automatisches Bezahlen: In den Rucksack packen und raus?
Amazon teste die Chips aktuell beispielsweise in London, um den Kunden künftig sogar den Gang an die Selbstzahler-Terminals zu ersparen, so Funder. "Sie können es dann einfach in ihren Rucksack packen und sobald sie das Ladengeschäft verlassen, wird über diese Funkchips automatisch ausgelesen, welche Artikel sie gekauft haben." Automatisch würde das entsprechende Geld vom Konto der Kundschaft abgebucht werden. Einen aktiven Scan- oder physischen Bezahlvorgang gebe es hier nicht mehr.
Mit acht bis zehn Cent seien die Chips aktuell aber verhältnismäßig teuer, weshalb sie sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht für alle Händler lohnten. "Das ist gerade bei Lebensmitteln immer noch zu viel, um sie flächendeckend einzusetzen", so der Handelsexperte.