Verfassungsgericht verhandelt über EFSF-Sondergremium Dürfen neun Abgeordnete über Eurohilfen entscheiden?
Dürfen wichtige Entscheidungen über Hilfen für Eurostaaten von einem neunköpfigen Gremium beschlossen werden? In einigen Fällen gehe das nicht anders, argumentiert Finanzminister Schäuble vor dem Verfassungsgericht. Dort wird eine Klage gegen das Gremium verhandelt. Ein Urteil wird in einigen Wochen erwartet.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat das geheim tagende Sondergremium zur parlamentarischen Kontrolle des Euro-Rettungsschirms EFSF vor dem Bundesverfassungsgericht verteidigt. "Die Entscheidungsfähigkeit des EFSF darf nicht unmöglich gemacht werden", sagte Schäuble. Es gebe Situationen, in denen sei Vertraulichkeit Voraussetzung für das Handeln des Rettungsschirms. Beim geplanten Ankauf von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt dürfe zum Beispiel vorher nicht bekannt werden, für welches Land bis zu welcher Höhe die Anleihen gekauft werden sollten.
Der Zweite Senat verhandelt seit heute über die Klage der SPD-Bundestagsabgeordneten Swen Schulz und Peter Danckert. Sie sehen durch das neunköpfige Gremium, das bei besonderer Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit über EFSF-Maßnahmen entscheiden soll, die Rechte des Parlaments verletzt. Durch das Gremium werde eklatant in seine Rechte als Abgeordneter eingegriffen, sagte Schulz zu Beginn der Verhandlung.
Die parlamentarische Erfahrung zeige, dass mit steigender Zahl der Beteiligten die Gefahr wachse, dass Pläne nicht mehr geheim gehalten werden könnten, sagte dagegen der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier. Besonders vertrauliche oder eilbedürftige Einzelfälle dürften daher nicht im Plenum diskutiert werden.
Gericht verweist auf "verfassungsrechtliche Spielregeln"
Das Gericht will sich bei seiner Entscheidung vor allem vom Verfassungsrecht leiten lassen. Der Senat werde zwar auch Sachzwänge berücksichtigen, sagte Gerichtspräsident Andreas Vosskuhle. Die verfassungsrechtlichen Spielregeln müssten jedoch gerade auch in schwierigen Zeiten eingehalten werden.
Die Richter hatten den neunköpfigen Sonderausschuss Ende Oktober in einer Eilentscheidung vorläufig gestoppt. Vor allem aus den Oppositionsfraktionen kam hierfür viel Zustimmung - manche Europapolitiker fürchten hingegen eine Schwächung der deutschen Position in der EU, wenn die Klage Erfolg haben sollte und Entscheidungen über Hilfspakete damit künftig vom ganzen Bundestag oder zumindest den 41 Mitgliedern des Haushaltsausschusses abgesegnet werden müssen.
Das Parlament hatte Ende September parallel zur Aufstockung des EFSF seine Mitspracherechte bei Entscheidungen des Rettungsschirms neu geregelt. Grund dafür war ein Urteil, mit dem das Verfassungsgericht ein paar Wochen zuvor zwar den EFSF und die Griechenland-Finanzhilfen für verfassungsgemäß hielt, zugleich jedoch das Haushaltsrecht des Bundestages hervorhob. Nach den Änderungen müssen künftig alle EFSF-Maßnahmen, bei denen deutsche Steuergelder eingesetzt werden, vorab vom Bundestag genehmigt werden. In Fällen besonderer Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit soll aber das neunköpfige Sondergremium entscheiden, das sich aus Mitgliedern des Haushaltsausschusses zusammensetzt.
Mit einer Entscheidung ist in einigen Wochen zu rechnen.
Aktenzeichen: 2 BvE 8/11