Wirtschaft kritisiert Digitalisierungsreform "Es fehlt ein Masterplan"
Behördengänge per Mausklick erledigen - mit der Digitalisierung sollte das einfacher werden. Doch der digitale Umbau der Verwaltung stockt seit Jahren. Scharfe Kritik kommt jetzt aus der Wirtschaft.
Führende Wirtschaftsverbände haben scharfe Kritik an einem Gesetzesentwurf der Ampel-Regierung zur Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung geübt. "Nach wie vor fehlt ein alle Verwaltungsebenen umfassendes Digitalisierungskonzept im Sinne eines Masterplans", heißt es in einem Eckpunktepapier vier großer Verbände, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt.
Dabei seien etwa die für Unternehmen wichtigsten Verwaltungsleistungen bereits "vor Jahren" bestimmt worden. Die Bundesregierung setze weiterhin darauf, "Antworten auf zentrale Digitalisierungsfragen erst im Laufe des Umsetzungsprozesses" zu entwickeln, heißt es in dem Papier weiter. Der Plan bestimme nicht einmal Schwerpunktbereiche. "Warum der Gesetzgeber nicht in der Lage ist, nach fünf Jahren OZG-Umsetzung klare Schwerpunktbereiche im Gesetz selbst zu benennen, erscheint unverständlich."
"Deutschland hinkt hinterher"
In ihrem Papier betonen die Verbände, eine gut funktionierende öffentliche Verwaltung sei nicht nur wichtig für die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch für die deutsche Wirtschaft. Sie sei mit einer Vielzahl von Behördenkontakten der größte Kunde der Verwaltung. Eine funktionierende digitale Verwaltung sei zudem ein wichtiger Standortfaktor. Im europäischen Vergleich hinke Deutschland deutlich hinterher.
Das Onlinezugangsgesetz (OZG) war 2017 in Kraft getreten und sah die Digitalisierung zahlreicher Verwaltungsvorgänge binnen fünf Jahren vor. Bis zum Ende der Umsetzungsfrist im Oktober 2022 war aber erst ein Bruchteil der Verwaltungsleistungen flächendeckend digital verfügbar. Seit Ende Januar liegt ein Referentenentwurf aus dem Bundesinnenministerium für eine Änderung des OZG vor. Das Bundeskabinett soll ihn in den kommenden Wochen verabschieden.
"Kein Bürokratieabbau" und "ineffiziente Prozesse"
Zu den vorgeschlagenen Änderungen nahmen nun der Bund Deutscher Arbeitgeberverbände, der Bundesverband der Deutschen Industrie, die Deutsche Industrie- und Handelskammer und der Zentralverband des Deutschen Handwerks Stellung. Zu kurz kommt den Wirtschaftsvertretern etwa der Bürokratieabbau. Die Digitalisierung biete hier "erhebliche" Potenziale". Doch ineffiziente Prozesse würden durch Digitalisierung nicht automatisch besser, dafür brauche es mehr.
Der Referentenentwurf vom Januar sieht unter anderem auch vor, dass die bisherige - und nicht eingehaltene - Umsetzungsfrist "zugunsten einer noch zu regelnden Schwerpunktsetzung und begleitenden Evaluierung" komplett gestrichen wird. Die Digitalisierung der Verwaltung sei in der Tat eine "Daueraufgabe", erklärten die Wirtschaftsverbände dazu. Aber "mit dem Entfallen klarer Fristvorgaben wird jeder Anreiz zur Beschleunigung der Umsetzung genommen".
Auch der Nationale Normenkontrollrat, eine Beratergremium der Bundesregierung, hatte den Referentenentwurf kritisiert. Die Umsetzung des OZG sei bereits "deutlich hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben", erklärte das Gremium im Februar. Mit der Reform sei nun keine Trendumkehr erkennbar. "Sie ist aber erforderlich."
Mit Informationen von Dietrich Karl Mäurer, ARD-Hauptstadtstudio