Cum-Ex-Skandal Prozessauftakt gegen früheren Steueranwalt
In Frankfurt wird einem früheren Steueranwalt wegen seiner Beteiligung an Cum-Ex-Aktiendeals der Prozess gemacht. Er soll unter anderem "Gefälligkeitsgutachten" für die Maple Bank erstellt haben, um den Steuerbetrug zu verschleiern.
Vor dem Landgericht Frankfurt am Main muss sich seit heute ein früherer Rechtsanwalt und Steuerberater verantworten. Er soll in seiner Tätigkeit für die Maple Bank geholfen haben, Handelsstrukturen aufzubauen, welche die später als illegal eingestuften Aktiendeals ermöglicht haben sollen.
Die Anklage wirft dem ehemaligen hochrangigen Steueranwalt der Großkanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer schwere Steuerhinterziehung beziehungsweise die Beihilfe zu diesem Vergehen vor. Er sei "federführend" an "der Entwicklung und anschließenden Verschleierung" der Cum-Ex-Aktiengeschäfte beteiligt gewesen. Für die Maple Bank soll der Beschuldigte demnach "Gefälligkeitsgutachten" ausgestellt haben, um die millionenschwere Steuerhinterziehung mit zu ermöglichen. Bedenken einiger Beschäftigter der Bank habe er "mit erkennbar fadenscheinigen Argumenten und unter Hinweis auf ein noch zu erstellendes Gutachten" zu zerstreuen versucht, so der Vorwurf der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft. Zudem soll der Angeklagte gegenüber der Finanzverwaltung falsche Stellungnahmen abgegeben haben.
Milliardenschwere Steuerschäden durch Cum-Ex
Bei den Cum-Ex-Deals nutzten Banken und Investoren eine einstige Gesetzeslücke: Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit (cum) und ohne (ex) Ausschüttungsanspruch zwischen Beteiligten hin- und hergeschoben. Am Ende erstatteten Finanzämter nicht gezahlte Steuern.
Insgesamt soll der deutsche Fiskus dadurch um mindestens zehn Milliarden Euro geprellt worden sein. Allein durch die über die Maple Bank betriebenen Aktiendieals soll so ein Steuerschaden von rund 388 Millionen Euro verursacht worden sein.
"Individualstrafrecht gerät an seine Grenzen"
Auch die Verteidigung des ehemaligen Steueranwalts betonte, in dem Verfahren gehe es "um Geld, sehr viel Geld, horrende Summen, Steuergelder obendrein. Dreistellige Millionenbeträge stehen allein in diesem Verfahren im Raum." Da gerate das Individualstrafrecht an seine Grenzen.
Werner Leitner, Anwalt des Angeklagten, verwies des Weiteren darauf, dass die Vorwürfe gegen seinen Mandaten bis ins Jahr 2006 zurückreichen würden. "Wir befinden uns im September 2023. Es gibt nicht viele Strafverfahren, die so spät beginnen", betonte er. "Was heute so einfach aussieht und angeblich allen klar ist, war damals hochkomplex", als sein Mandant als 35-Jähriger mit der Beratung in Sachen Cum-Ex begonnen habe, so Leitner. "Die Magie der horrenden Zahlen" dürfe nicht "die individuelle Schuld bestimmen".
Mehrere Maple-Banker bereits verurteilt
Die Maple Bank wurde 2016 von der Finanzaufsicht Bafin geschlossen, weil ihr wegen einer Steuerrückstellung im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften die Überschuldung drohte. Erst 2021 wurden die Aktiendeals vom Bundesgerichtshof als Steuerhinterziehung eingeordnet.
Bereits im November waren vier frühere Maple-Banker, darunter der Ex-Deutschlandchef, vom Landgericht Frankfurt zu teils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Der nun gestartete Prozess gegen den Steueranwalt wurde abgetrennt. Neben ihm steht auch ein ehemaliger Banker der Maple Bank vor Gericht. Das Verfahren gegen einen weiteren früheren Mitarbeiter des Geldinstitutes wurde aufgrund dessen Gesundheitszustandes nochmals abgetrennt.
Der Prozess soll am Montag fortgesetzt werden. Der beschuldigte Ex-Freshfield-Anwalt wird sich seiner Verteidigung zufolge nicht zu den Vorwürfen äußern. Der mitangeklagte frühere Mitarbeiter der Bank hingegen will eine Einlassung abgeben. Insgesamt hat das Gericht vorerst Verhandlungstermine bis Ende November angesetzt.