Belgien vor dem EU-Handelsministertreffen Der CETA-Wackelkandidat ringt mit sich
Heute wollen die EU-Handelsminister entscheiden, ob CETA kommen soll. Fast alle Länder werden Ja sagen - nur Belgien darf wohl nicht: Zu Hause stellt sich die Regionalregierung des Wallonen Magnette quer. Doch der Druck auf ihn wächst.
Belgiens Vizepremier und Außenminister Didier Reynders ist zuständig für den Außenhandel und ein erklärter Anhänger des CETA-Freihandelsabkommens der EU mit Kanada: Die EU habe da in der Tat einen sehr guten Vertrag - "wahrscheinlich sogar den besten Freihandelsvertrag, den die EU jemals abgeschlossen hat".
Doch trotz des Lobes für CETA ist völlig unklar, ob Reynders heute beim Treffen der EU-Handelsminister in Luxemburg seine Unterschrift für die belgische Regierung unter das Freihandelsabkommen mit Kanada setzen kann. Zwar betont Belgiens Vizepremier, er sei von Natur aus Optimist. Seit dem Wochenende gebe es permanente Gespräche zwischen der belgischen Zentralregierung, der EU-Kommission und den Vertretern der Regionen.
Doch der sozialistische Ministerpräsident der Wallonie Paul Magnette beharrt darauf, er werde der Zentralregierung die Unterschriftsvollmacht für CETA verweigern. "Wir müssen Nein sagen, um CETA neu verhandeln und mehr Sozial-und Umweltnormen zu erreichen", betonte er vor dem Regionalparlament. Um am Ende sagen zu können: "Die europäischen Standards werden bewahrt."
Großer Druck von innen und außen
Doch der Druck auf den Ministerpräsidenten der Wallonie wächst. Frankreichs Präsident Francois Hollande machte dem Sozialisten Magnette bereits am Freitag im Elysée-Palast unmissverständlich klar, dass Frankreich CETA unterstützt. Der Druck sei sehr stark, sagte der Belgier nach dem Gespräch mit Hollande.
Außerdem stehen Etatverhandlungen zwischen der Zentralregierung in Brüssel und der wallonischen Regierung in Namur an. Nachdem der US-Maschinenkonzern Caterpillar sein Werk in Charleroi mit über 1400 Angestellten schließt und damit einer der zehn größten Arbeitgeber der Region dicht macht, ist die Wallonie stärker denn je von Mitteln der belgischen Zentralregierung abhängig. Es werde in den letzten Stunden versteckt gedroht. Aber er werde Kurs halten, sagte der wallonische Premier gegenüber der Zeitung "Le Soir".
Klar ist nur: Die EU-Kommission besteht darauf, dass bis zum EU-Kanada-Gipfel am 27. Oktober alle 28 EU-Staaten das Handelsabkommen unterschreiben. Dies kann auch durch die EU-Botschafter in Brüssel geschehen. Die belgische Zentralregierung hat für das Krisenmanagement also noch einige Tage Zeit.
Darf Gabriel auch nicht zustimmen?
Sie kann sich damit trösten, dass auch die Unterschrift des deutschen Wirtschaftsministers nicht unumstritten ist. Sigmar Gabriel dürfe CETA im Handelsministerrat nicht zustimmen, fordert der grüne Europaparlamentarier Sven Giegold. Seine Begründung: Es sei völlig unklar, wie die CETA-Auflagen des Bundesverfassungsgerichts rechtssicher erfüllt werden sollen. Rechtssicher kaum erfüllbar ist laut seiner Einschätzung, dass Deutschland unter Umständen als einziger EU-Staat aus dem für vorläufig anwendbar erklärten CETA-Vertrag wieder herauskommt, sollte das Gericht CETA oder Teile davon im Hauptsacheverfahren für verfassungswidrig erklären.
Auch die Rechtsverbindlichkeit der von Kanada und der EU-Kommission hinzugefügten Zusatzerklärungen zum Schiedsgerichtshof und zur kommunalen Daseinsvorsorge ist umstritten.
Dennoch steht fest: Gabriel wird CETA unterschreiben. Der einzige CETA-Wackelkandidat heißt Belgien.