Ungewöhnlich scharfe Kritik IWF bricht Gespräche mit Athen ab
Große Hürden, aber keine Fortschritte und keine Kompromissbereitschaft der Griechen - wegen dieser Einschätzung hat der IWF sein Verhandlungsteam aus Brüssel abgezogen. Auch von anderer Seite hatte es zuvor Kritik an der Athener Regierung gegeben.
Das Team des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat die Brüsseler Verhandlungen mit Griechenland verlassen und ist zurück nach Washington gereist. Es gebe noch "bedeutende Differenzen", sagte ein IWF-Sprecher. Einen Zeitplan für weitere Gespräche gebe es nicht.
In ungewöhnlich scharfen Tönen kritisierte der IWF einen Mangel an Kompromissbereitschaft des kurz vor der Staatspleite stehenden Landes. Es habe zuletzt keine Fortschritte gegeben, um Differenzen beizulegen. "Der Ball liegt nun weit im Feld der Griechen", sagte der Sprecher weiter. Große Hürden gebe es weiterhin bei Renten, Steuern und der Schuldenfinanzierung.
IWF-Chefin Christine Lagarde werde wie geplant am Treffen der Finanzminister der Eurozone am 18. Juni in Luxemburg teilnehmen. Den Stand der Gespräche auf politischer Ebene kommentierte der IWF-Sprecher nicht. Der IWF bleibe der Krise aber verpflichtet: "Der IWF verlässt den Verhandlungstisch nie."
Die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und der IWF verhandeln mit Griechenland über ein verbindliches Reformprogramm. Erst durch dieses kann Griechenland bislang blockierte Hilfsgelder in Höhe von 7,2 Milliarden Euro erhalten, um die drohende Pleite zu vermeiden. Seit 2010 hat das Land insgesamt bereits 240 Milliarden Euro Hilfen bekommen.
"Interessantes Gespräch" zwischen Tsipras und Juncker
Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras traf sich unterdessen erneut mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Das Gespräch sei freundlich, wichtig und interessant gewesen, sagte Juncker. Laut EU-Kommission erläuterte er Tsipras einen möglichen Prozess mit den Geldgebern, der eine rechtzeitige und für beide Seiten akzeptable Lösung ermögliche. Beide Politiker wollten in den kommenden Tagen im engen Kontakt bleiben.
Tsipras ergänzte, er arbeite mit den Gläubigern an einer Lösung im Schuldenstreit, die nachhaltig für die griechische Bevölkerung sei.
Das zuletzt angespannte Verhältnis zwischen Juncker und Tsipras verbesserte sich offenbar. "Unsere Beziehungen sind gut", sagte Juncker.
"Die Kuh muss vom Eis, aber sie rutscht dauernd aus. Wir versuchen sie heute wieder anzuschieben."
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker
"Keine Zeit für Glücksspiele"
EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte, bereits das Treffen der Finanzminister der Eurozone kommende Woche könne über das Schicksal Griechenlands entscheiden. "Es ist keine Zeit für Glücksspiele", sagte Tusk. "Die griechische Regierung muss, denke ich, etwas realistischer sein." Ohne Durchbruch könne es sonst in den kommenden Tagen heißen: "Das Spiel ist vorbei."
Noch deutlicher äußerte sich Bundesbankchef Jens Weidmann. "Die Zeit läuft ab und das Risiko einer Insolvenz nimmt täglich zu", sagte der Notenbanker. Zwar seien die Ansteckungseffekte bei einem solchen Szenario inzwischen besser eingedämmt als in der Vergangenheit. "Sie sollten aber nicht unterschätzt werden."