Rahmedetalquerung bei Lüdenscheid Milliardenschaden wegen einer einzigen Brücke
In der Nähe von Lüdenscheid zeigt sich, wie wichtig eine einzelne Brücke für eine ganze Region sein kann: Die Rahmedetalbrücke musste abgerissen und nun neu gebaut werden. Der wirtschaftliche Schaden ist immens.
"Für Angelzubehör stellt sich niemand stundenlang in den Stau", sagt Einzelhändlerin Heike Sieling-Laudien. Kurz nach der Sperrung der Rahmedetalbrücke brachen in ihrem Geschäft die Umsätze um 90 Prozent ein, weil der Umleitungsverkehr die Straßen in ihrer Umgebung verstopft hat.
Inzwischen ist sie mit ihrem Angellädchen innerhalb von Lüdenscheid umgezogen, damit ihre Kunden sie wieder besser erreichen können. Die Umsätze sind seitdem zwar wieder gestiegen, doch sie seien immer noch weit geringer als vor der Sperrung.
"Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben", sagt Sieling-Laudien. Wenn die Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten aber nicht deutlich besser laufen würden, werde sie ihren Laden schließen müssen.
"Zumutung für die gesamte Region"
Dass es hier um mehr als nur um eine Autobahnbrücke geht, wird heute auch beim Besuch von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) schnell klar: "Die vergangenen Monate waren eine Zumutung für die gesamte Region", so der Minister in Lüdenscheid. "Die Umleitungsverkehre belasten die Menschen hier auf unerträgliche Art und Weise."
Diese Zumutung dürfte sich noch mehrere Jahre fortsetzen. Die Rahmedetalbrücke auf der A45 ist zu einem Symbol für die marode Verkehrsinfrastruktur in Deutschland geworden. Ende 2021 musste die Brücke aus Sicherheitsgründen gesperrt werden, im Mai dieses Jahres wurde sie schließlich gesprengt. Seit der Sperrung rollt der Umleitungsverkehr durch Lüdenscheid und verursacht Lärm, die wirtschaftlichen Folgen für die Region sind erheblich.
Längere Fahrzeiten für LKW und Pendler
Mit dem heutigen Spatenstich beginnt nun der Neubau. Im Sommer 2026 soll der erste Teil der neuen Brücke fertig sein, ab dann wäre wieder Verkehr in beide Richtungen möglich.
Gerade für Logistikunternehmen hat das Brücken-Chaos enorme Auswirkungen. Im Durchschnitt dauert eine einzelne Lkw-Fahrt mehr als eine Stunde länger als vor der Brückensperrung, geht aus einer Umfrage des Verbandes Verkehrswirtschaft und Logistik NRW hervor.
Ebenso sind die Pendelwege von Mitarbeitern verschiedener Branchen länger geworden. Die Gewinnung von Fachkräften, die für Unternehmen in ganz Deutschland ohnehin schon schwer zu finden sind, wird dadurch zusätzlich erschwert.
Wirtschaftlicher Schaden in Milliardenhöhe
Bundesweit spricht Verkehrsminister Wissing von 4.000 Autobahnbrücken, die modernisiert werden müssen. Allein auf der Sauerlandlinie - der wichtigen Verkehrsachse auf der A45 zwischen Dortmund und Frankfurt, auf der auch die Rahmedetalbrücke liegt - sind alle 60 Brücken marode. Wie groß die wirtschaftlichen Auswirkungen insgesamt sind, lässt sich nur erahnen.
Für die Rahmedetalbrücke hat die Beratungsfirma IW Consult, eine Tochtergesellschaft des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, die Folgen durchgerechnet. Im Auftrag eines Verkehrsverbandes erstellte sie eine "ökonomische Schadensbetrachtung". Die Experten kommen dabei auf einen wirtschaftlichen Schaden "von mindestens 1,8 Milliarden Euro" in einem Zeitraum von fünf Jahren. Wegen einer einzigen Brücke wohlgemerkt.
In Lüdenscheid versucht Bürgermeister Sebastian Wagemeyer (SPD) nun dennoch, Hoffnung zu verbreiten: "Die Perspektive ist jetzt da", sagt er und hofft, dass die neue Brücke tatsächlich bis Sommer 2026 fertig wird: "Nur mit Verlässlichkeit gewinnt man Vertrauen von Menschen zurück, das in den letzten Monaten und Jahren doch erheblich gelitten hat in dieser Region."