Brexit-Verhandlungen Im Galopp über Stolpersteine
Seit Juni verhandeln London und Brüssel über den Brexit, doch die Gespräche laufen zäh. EU-Verhandlungsführer Barnier will das Tempo nun anziehen - und als erstes die schwierigen Punkte klären: die "irische Frage" und die britischen Zahlungen an die EU.
Die Europäische Union ist zu beschleunigten Brexit-Verhandlungen bereit - und auch zu häufigeren Treffen mit den Verhandlungsführern aus London. EU-Verhandlungsführer Michel Barnier begründete dies in Brüssel mit dem schleppendem Verlauf der Gespräche mit Großbritannien. Diese gehen planmäßig noch bis Ende dieses Monats weiter. Die letzte Gesprächsrunde war Ende August ohne greifbare Fortschritte zu Ende gegangen.
Zum Stolperstein wird der Streit um die künftige Gestaltung der Grenzen zu Irland. Denn nach dem Brexit wird die irische Insel, die derzeit wie ein gemeinsamer Wirtschaftsraum ohne Grenzen funktioniert, von einer EU-Außengrenze durchzogen.
Sorge um neue Gewalt in Irland
Politisch heikel: Das Zusammenwachsen beider Teile der Insel war Grundlage des Friedensprozesses, der jahrzehntelange Gewalt zwischen nationalistischen Katholiken und pro-britischen Protestanten in Nordirland beendete. Die Prinzipien des Karfreitagabkommens von 1998 sollen nach Barniers Worten unbedingt erhalten bleiben und eine harte Grenze vermieden werden.
Die Londoner Regierung wolle Irland zu einem Testfall für die künftigen Zollbeziehungen zwischen der Union und dem Königreich machen, so Barnier. "Das wird nicht passieren." Auch müssten irische Bürger in Nordirland auch nach dem Brexit die Rechte von EU-Bürgern behalten. Die irische Regierung warnte bereits vor einem Rückfall in "sektiererische Gewalt".
EU will 60 Milliarden Euro von Großbritannien
Ein weiterer Streitpunkt zwischen der EU und der von Theresa May geführten britischen Regierung ist die Höhe der Summe, die London der EU nach dem Ausstieg schuldet. In Brüssel werden Zahlen von 60 Milliarden Euro genannt, die von der britischen Seite als viel zu hoch zurückgewiesen wurden. Neben den Zahlungen für den EU-Haushalt könnten an dem Königreich auch Pensionen britischer EU-Beamte und die Förderung gemeinsamer Strukturprojekte hängenbleiben.
Barnier will die Bedingungen des Austritts im Herbst 2018 festgezurrt haben, damit alle EU-Staaten den Vertrag bis zum Brexit-Tag am 29. März 2019 ratifizieren können. Eine Verlängerung der Frist ist laut EU-Verträgen nur durch einen einstimmigen Beschluss aller 28 Länder möglich.
Votum über Aufhebungsgesetz als Testfall für May
Im britischen Parlament begann derweil die zweite Lesung zum sogenannten Aufhebungsgesetz. Damit soll EU-Recht in britisches Recht übertragen werden, das in der Zeit nach dem Brexit nach britischem Ermessen verändert werden könnte. Die Opposition sieht das Gesetz kritisch, weil sich die Regierung dabei weitreichende Kompetenzen übertragen lassen will.
Für May wird die erwartete Abstimmung über das Gesetz am kommenden Montag zum ersten großen Test seit der schiefgelaufenen Neuwahl im Juni, bei der ihre Konservativen die Mehrheit im Parlament einbüßten.