Aktien des Jahres 2023 Das waren die Gewinner und Verlierer im Dax
2023 war ein gutes Aktienjahr. Der Dax hat seit Jahresbeginn fast 20 Prozent an Wert gewonnen und neue Rekordstände erreicht. Welche Aktien im Dax liefen gut, welche schlecht?
Betrachtet man das ganze Börsenjahr 2023 ist der Rüstungskonzern Rheinmetall unter den Spitzenreitern. Wer Anfang des Jahres Aktien von Rheinmetall gekauft hat, kann sich über eine Gewinnsteigerung von mehr als 54 Prozent freuen. So viel haben die Papiere des Panzerherstellers seither zugelegt.
Wenig überraschend für den Chef-Aktienstrategen der DZ-Bank, Sven Streibel. "Rüstungsausgaben stehen für viele Staaten im Vordergrund. Sehr viel Geld fließt in die Branche. Das beflügelt die Kurse."
Überraschungskandidat Heidelberg Materials
Ein Kopf-an-Kopf-Rennen auf den letzten Metern hat sich der Rüstungskonzern mit einem wahren Überraschungskandidaten geliefert: Heidelberg Materials. Aufs Jahr gerechnet haben Papiere von Heidelberg Materials, einem weltweit führenden Hersteller von Baustoffen wie Zement und Beton, fast 52 Prozent zugelegt. Und das, obwohl die Baubranche wegen der gestiegenen Zinsen und Kosten ziemlich brachliegt.
Einmal mehr zeige dieses Beispiel, dass die Börse durch aktuelle Krisen hindurchschaue, sagt Sven Streibel von der DZ-Bank. "Das ist so ein typischer Titel, der sehr konjunktursensibel ist. Und Heidelberg Materials verkauft in die ganze Welt. Wenn Konjunktursorgen groß sind in der Welt, leidet dieser Titel. Wenn aber die Sorgen wieder abklingen, dann kann auch so ein Wert wieder profitieren." Zudem sei der Titel aus Sicht vieler Anleger unterbewertet gewesen.
Ein Sonderfall mit Blick auf die Kursgewinne in diesem Jahr ist auch Covestro. Während die Chemie-Branche insgesamt unter den gestiegenen Energiekosten und unter schwächelnder Nachfrage leidet, konnten die Papiere des Spezialkunststoff-Herstellers aus Leverkusen fast 40 Prozent an Wert zulegen. Übernahmespekulationen durch den arabischen Öl-Konzern Adnoc haben die Kurse getrieben.
Wetten auf die Zukunft treiben Kurse an
Es sind Wetten auf die Zukunft, die Aktienkurse antreiben - das gilt auch für den Sportartikelhersteller Adidas. Die Papiere haben seit Jahresbeginn rund 44 Prozent zugelegt. Das habe eindeutig mit dem Chef-Wechsel in Herzogenaurach zu tun, sagt Investor und Börsen-Podcaster Christian W. Röhl. "Das ist die Comeback-Story von Björn Gulden, der viele Vorschusslorbeeren von der Börse bekommen hat, der jetzt aber auch liefern muss."
Zum 1. Januar 2023 hatte der bisherige Puma Vorstands-Chef den Chefposten bei Adidas übernommen. Noch Ende 2022 war die Aktie des Sportherstellers auf einem Tiefpunkt, wegen Absatzschwierigkeiten auf dem chinesischen Markt und wegen der gestoppten Zusammenarbeit mit einem Skandal-Rapper, der ordentlich Umsatz für den Konzern generiert hatte. Seit Jahresbeginn sind die Adidas-Papiere auf Erholungskurs.
Flopp bei Bayer, Staatsgarantien für Siemens Energy
Ebenfalls einen Chef-Wechsel gab es beim Pharma- und Agrarkonzern Bayer. Im Juni hat der US-Amerikaner Bill Anderson den langjährigen Bayer-Chef Baumann beerbt - mit dem Posten aber auch jede Menge Baustellen. Die Bayer-Aktie gehört zu den Verlierern des Jahres. Mit einem Minus von mehr als 30 Prozent sind die Papiere des Leverkusener Pharmakonzerns unter den Letztplazierten im Dax.
Neben dem nicht enden wollenden Glyphosat-Rechtsstreit in den USA hat der Flopp eines Medikaments, das als Hoffnungsträger galt, den Kurs der Bayer-Aktie Ende November abrauschen lassen. "Die Pipeline im Pharmabereich ist dünn", sagt Aktienmarktbeobachter Röhl. Andere Pharmakonzerne wie Pfizer hätten zudem mehr Rücklagen. "Das ist bei Bayer nicht der Fall, weil sie sich mit der Übernahme von Monsanto schon bis über beide Ohren verschuldet haben."
Papiere von Siemens Energy haben an Wert verloren
Die rote Laterne teilt sich Bayer in diesem Jahr mit dem Energietechnik-Konzern Siemens Energy, seit Jahresbeginn haben die Papiere fast ein Drittel an Wert verloren. Dabei sollten Erneuerbare Energien doch allein schon wegen der politisch gewollten Energiewende Spitzenreiter an der Börse sein.
Investor Röhl bezeichnet das als "Ironie der Geschichte". "Die Geschichte ist, dass Siemens Energy sich furchtbar übernommen hat, mit der Übernahme der Minderheitsanteile an der spanischen Tochter Siemens Gamesa." Das Geschäft mit der Windkraft laufe für Siemens Energy gerade nicht, wegen Qualitätsmängeln. Der Konzern müsse Milliardenbeträge zurückstellen für Schadensersatz und Reparaturarbeiten, was letztendlich zu einer Bundesbürgschaft für den Konzern führte.
Corona-Profiteure gehören zu den Letzten im Dax
Schaut man auf die letzten Plätze im Dax, fällt auf, dass die Unternehmen, die während der Corona-Pandemie zu den Gewinnern zählten, weit abgeschlagen sind. Online-Händler Zalando gehört dazu, aber auch die Pharma-Konzerne wie Merck und Labor-Ausrüster wie Qiagen und Sartorius. Eine typische Gegenbewegung, sagt Kapitalmarktkenner Christian Kahler von der Fondsgesellschaft Kahler und Kurz Capital. "Bei Sartorius oder Qiagen war es tatsächlich so, dass die Marktteilnehmer zu optimistisch waren. Man hat ein Stück weit die gute Entwicklung während Corona fortgeschrieben. Tatsächlich war es aber so, dass die Unternehmen teilweise Gewinnwarnungen herausgeben mussten."
Aus Sicht des Chef-Anlagestrategen Streibel von der DZ-Bank haben es Pharma-Aktien als defensive Sektoren in Zeiten steigender Zinsen schwer, da hier immer auch hohe Ausgaben für Forschung eine Rolle spielten. Den Aktien von Banken und Versicherungen hingegen haben die gestiegenen Zinsen deutliche Kursgewinne beschert, wie man an der Kursentwicklung bei der Commerzbank, der Allianz und MünchnerRück in diesem Jahr beobachten kann.
Zinssenkungsphantasien und KI treiben die Kurse
Für Fondsmanager Christian Kahler sind es zwei große Themen, die die Aktienkurse in diesem Jahr insgesamt angetrieben haben: die Aussicht auf eine Zinssenkung durch die Fed und Künstliche Intelligenz. Letzteres hat einmal mehr die Tech-Werte in den USA beflügelt. Und auch den einzigen Software-Konzern im Dax auf die vordersten Plätze gehoben: SAP ist 2024 viertbester Wert im Dax gewesen. Seit diesem Jahr ist SAP laut Handelsblatt-Ranking sogar wieder unter den 100 wertvollsten Konzernen der Welt vertreten.
Auch der Industriekonzern-Siemens hatte in diesem Jahr dank guter Geschäftszahlen Aufwind und ist in dem Ranking der Top 100 auf Platz 89 eingestiegen. Aufs Jahr gerechnet haben die Siemens-Papiere mehr als 30 Prozent zugelegt.
Aktienmarkt steht in Kontrast zur Wirtschaft
"2023 war ein extrem gutes Börsenjahr und steht damit in starkem Kontrast zur Wirtschaft", sagt Fondsmanager Kahler. Das ist aus seiner Sicht die Lehre, die man sich als Anleger auf die Fahnen schreiben solle, dass die Konjunktur nicht unbedingt etwas mit dem Aktienmarkt zu tun habe.
Streibel ergänzt, relevante Endmärkte für Dax-Konzerne seien die USA und China. Entscheidender als die wirtschaftliche Entwicklung hier sei also, wie die Wirtschaft in diesen Ländern laufe. "Es sind Hauptabsatzmärkte der Dax-Unternehmen. Rund 30 Prozent der Dax-Umsätze werden in den USA generiert, rund 15 Prozent in China."