Vor Bilanzpressekonferenz Wie Thyssenkrupp die Krise überwinden will
Der erst wenige Wochen amtierende Thyssenkrupp-Chef Kerkhoff legt erstmals die Bilanz des Konzerns vor. Das Essener Unternehmen steckt in der Krise. Carsten Schabosky erklärt, wie es diese überwinden will.
Als Heinrich Hiesinger im Sommer 2018 bekannt gab, dass er als Vorsitzender des Vorstandes der Thyssenkrupp AG zurücktreten möchte, war schon klar, dass dem Industriekonzern neue Zeiten bevorstehen. "Ich gehe diesen Schritt bewusst, um eine grundsätzliche Diskussion im Aufsichtsrat über die Zukunft von Thyssenkrupp zu ermöglichen", sagte er damals.
Sein Nachfolger Guido Kerkhoff wurde dann sehr schnell grundsätzlich. Er will den Konzern in zwei selbstständige Gesellschaften aufspalten. Auf der einen Seite soll die Thyssenkrupp Materials AG unter anderem den 50-Prozent-Anteil aus dem fusionierten Stahlgeschäft mit dem indischen Partner Tata enthalten. Dazu kommen der Handel mit Werkstoffen sowie der Marineschiffbau. Dieses Unternehmen soll rund 40.000 Mitarbeiter haben.
Im zweiten Unternehmen Thyssenkrupp Industrials AG soll das Geschäft mit Aufzügen oder Zulieferungen für die Autoindustrie gebündelt werden. Hier sollen 90.000 Menschen beschäftigt werden.
Ausverkauf scheint abgewendet
Auch wenn diese Aufspaltung des Konzerns vom Neffen des letzten Krupp, Friedrich von Bohlen, in einem Interview mit dem "Handelsblatt" kritisch gesehen wird. Von Gewerkschaftsseite und von der Politik wird sie grundsätzlich akzeptiert. Ein Grund ist, dass es weitreichende Jobgarantien gibt. Ziel sei es, "zwei deutlich fokussiertere und leistungsfähigere Unternehmen" zu schaffen. Eine Zerschlagung von Thyssenkrupp werde so ebenfalls verhindert. "Einen Ausverkauf von Geschäften wird es nicht geben", hieß es von der IG-Metall.
Finanzinvestoren haben vor allem ihre Rendite im Visier. Ihnen könnte eine Aufspaltung von Thyssenkrupp in noch mehr Teilbereiche gefallen. Stahl, Aufzüge, Großanlagen, U-Boote und Autoteile tragen in unterschiedlicher Ausprägung zum Geschäftserfolg bei. Stahl ist zwar die Keimzelle von allem, aber mittlerweile nur eine Beteiligung von vielen. Das Geschäft mit Aufzügen ist die Ertragsperle des Konzerns.
Der Vorstandsvorsitzende der Thyssenkrupp AG, Guido Kerkhoff, will den Konzern in zwei selbstständige Gesellschaften aufspalten<strong>.</strong>
Thyssenkrupp im Gegenwind
Das geplante Joint Venture mit dem Konkurrenten Tata ist noch nicht in trockenen Tüchern. Aber auch sonst gibt es Probleme. Da sind zum einen die Folgen von milliardenteuren Fehlinvestitionen. Aber auch die Geschäfte rund um Autoteile und Aufzüge laufen nicht mehr so gut wie früher. Die Aufzugssparte hat in diesem Jahr zweimal den Gesamtjahresausblick senken müssen.
Eine weitere Herausforderung ist eine drohende Strafe für ein angebliches Kartell für Grobbleche und Flachstahl. Preise sollen möglicherweise abgesprochen worden sein. Thyssenkrupp muss viele finanzielle Hürden meistern.
Auch die Politik mischt sich ein
Bundes- und Landepolitiker rufen seit Monaten alle Beteiligten dazu auf, daran zu arbeiten, Thyssenkrupp als wichtigen Konzern des Standorts Deutschland zu stärken und damit die Arbeitsplätze zu sichern. Das von der CDU geführte Bundeswirtschaftsministerium warnte vor einer Zerschlagung.
Das ist kein Wunder: Fast 160.000 Mitarbeiter arbeiten in 79 Ländern für den Konzern - davon fast die Hälfte in Deutschland. Der Traditionskonzern hat eine über 200 Jahre lange Geschichte und ist eines der Symbole für den Industriestandort Deutschland.
Für den Vorstand der Thyssenkrupp AG wird es nicht einfach werden, diese Erfolgsgeschichte weiterzuschreiben.