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Nahost-Krieg ++ Biden bekräftigt Position gegenüber Netanyahu ++

Stand: 28.04.2024 22:58 Uhr

US-Präsident Biden hat im Gespräch mit Israels Premier Netanyahu "seine klare Position" zu einer möglichen Rafah-Offensive bekräftigt. Sollte die nicht kommen, droht Israels Finanzminister mit einem Regierungsende. Die Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen.

28.04.2024 • 22:58 Uhr

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Damit beenden wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse.

US-Präsident Joe Biden habe in einem Gespräch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu "seine klare Position" zu einer möglichen Offensive in der Stadt Rafah im Gazastreifen bekräftigt. Das teilte das Weiße Haus mit. Weitere Einzelheiten dazu enthält eine Erklärung des Weißen Hauses nicht. Washington hatte erklärt, dass es eine Rafah-Operation ohne einen angemessenen und glaubwürdigen humanitären Plan nicht unterstützen könne.

"Der Präsident bekräftigte sein eisernes Engagement für die Sicherheit Israels", lautet es außerdem in der Erklärung. Die beiden Staats- und Regierungschefs diskutierten auch über eine Beschleunigung der Hilfslieferungen, einschließlich der Vorbereitungen für die Eröffnung neuer Grenzübergänge nach Gaza. "Der Präsident betonte die Notwendigkeit, diesen Fortschritt in voller Abstimmung mit humanitären Organisationen aufrechtzuerhalten und zu verbessern", heißt es in der Erklärung.

Zuletzt hatten Biden und Netanyahu am 13. April miteinander gesprochen, nachdem der Iran Raketen- und Drohnenangriffe gegen Israel gestartet hatte.

Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari hat eine Ausweitung der Hilfslieferungen nach Gaza angekündigt. Hierzu sollten unter anderem die Öffnung des israelischen Hafens Aschdod und ein neuer Übergang für humanitäre Transporte im Norden des Gazastreifens beitragen, sagte er. Zusammen mit dem US-Militär werde auch an einem vorübergehenden Pier gearbeitet, um Hilfslieferungen von Schiffen an Land bringen zu können. "Es ist eine Top-Priorität, Hilfe zu den Menschen in Gaza zu bringen, denn unser Krieg ist gegen die Hamas, nicht gegen die Menschen in Gaza", sagte Hagari.

US-Präsident Joe Biden plant nach Angaben eines Insiders ein Gespräch mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. Die Unterredung solle noch heute stattfinden, sagte ein Vertreter der US-Regierung.

Die Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) hat eine Wiederaufnahme ihrer Arbeit im Gazastreifen für Montag angekündigt. 276 Lastwagen mit Lebensmitteln für fast acht Millionen Mahlzeiten stünden bereit zu Fahrt in den Gazastreifen über den Grenzübergang Rafah, teilte die US-Organisation mit.

WCK hatte die Arbeit ausgesetzt, nachdem sieben ihrer Beschäftigten Anfang April bei einem israelischen Luftangriff ums Leben gekommen waren. Die Todesfälle hatten weltweit Empörung ausgelöst. WCK hatte nach eigenen Angaben von Oktober bis März mehr als 43 Millionen Mahlzeiten im Gazastreifen ausgegeben und damit 62 Prozent aller Hilfen von Nichtregierungsorganisationen geleistet.

Israel hat nach US-Angaben zugesichert, sich die Bedenken der US-Regierung zum Vorgehen im Gazastreifen zumindest anzuhören. Dies solle vor einer großangelegten Offensive in der Grenzstadt Rafah im Süden des Küstenstreifens geschehen, sagte der Sprecher für nationale Sicherheit im Weißen Haus, John Kirby.

Seit Wochen steht die Offensive in Rafah im Raum, mit der die israelische Armee der radikal-islamistischen Terrororganisation Hamas einen weiteren Schlag versetzen will. International werden aber zahlreiche zivile Opfer befürchtet, ebenso wie eine weitere Verschlechterung der humanitären Lage.

Die US-Regierung, die an der Seite Israels steht, dringt vor der Offensive auf einen glaubwürdigen Plan, Zivilisten zu schonen. "Sie haben uns zugesichert, dass sie nicht in Rafah eindringen werden, bis wir eine Chance gehabt haben, unsere Perspektiven und Bedenken wirklich mit ihnen zu teilen", sagte Kirby dem Sender ABC. US-Außenminister Antony Blinken wird nächste Woche in der Region erwartet.

Der israelische Generalstabschef Herzi Halevi hat nach Militärangaben Pläne zur Fortsetzung des Gaza-Kriegs gebilligt. Nach Angaben eines Armeesprechers erörterte er die Pläne mit den führenden Offizieren des Südkommandos. Weitere Einzelheiten wurden nicht genannt.

Halevi hatte bereits am vergangenen Sonntag weitere Schritte zur Fortsetzung des Gaza-Krieges genehmigt. Israelische Medien werteten die jüngste Entscheidung auch als Billigung der geplanten Offensive in der Stadt Rafah im Gazastreifen.

Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat die Zerstörung im Gazastreifen als beispiellos bezeichnet. "Was in Gaza geschieht, hat es noch nie gegeben, nicht einmal im Zweiten Weltkrieg in Deutschland", sagte Abbas in Saudi-Arabien bei der Eröffnung eines zweitägigen Wirtschaftsforums. Er verwies dabei auf den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, der sich vor einigen Tagen im EU-Parlament ähnlich geäußert hatte. Drei Viertel des Gazastreifens seien zerstört, so Abbas. 

Israels rechtsextremer Finanzminister Bezalel Smotrich hat mit einem Ende der Regierung gedroht, sollte ein vorgeschlagener Geisel-Deal umgesetzt und der geplante Militäreinsatz in Rafah gestoppt werden. In einer Video-Ansprache an den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu sagte Smotrich: "Eine Zustimmung zu dem ägyptischen Deal ist eine demütigende Kapitulation und verleiht den Nazis (Hamas) einen Sieg auf dem Rücken hunderter heldenhafter Soldaten, die im Kampf gefallen sind."

Er beschrieb eine Zustimmung gleichzeitig als "Todesurteil für die Geiseln und unmittelbare existenzielle Gefahr für den Staat Israel". Sollte Netanyahu "die weiße Flagge hissen und die Anweisung zur sofortigen Eroberung von Rafah aufheben", habe eine Regierung mit ihm an der Spitze "kein Existenzrecht mehr", sagte Smotrich.

Er beschrieb den Einsatz in Rafah als notwendig für die Zerstörung der Hamas, die Wiederherstellung der Sicherheit für die Einwohner der israelischen Gaza-Grenzgebiete "und die Rückführung aller unserer entführten Brüder und Schwestern". Smotrich gehört zur Partei Religiöser Zionismus, einer extremistischen Siedler-Partei.

Eine Delegation der Hamas wird nach Informationen aus Kreisen der militant-islamistischen Organisation am Montag zu Verhandlungen über eine Gaza-Waffenruhe nach Kairo reisen. Gesprochen werden soll demnach über einen von den Vermittlern unterbreiteten Vorschlag und die Antwort Israels darauf.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu befürchtet Medienberichten zufolge, der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag könnte Haftbefehle gegen ihn und andere Israelis erlassen. Die israelische Regierung gehe davon aus, dass Chefankläger Karim Khan bereits in den nächsten Tagen internationale Haftbefehle für Netanyahu, Verteidigungsminister Yoav Gallant sowie den Generalstabschef Herzi Halevi ausstellen könnte, berichteten israelische Medien. 

Der Strafgerichtshof ermittelt bereits seit 2021 gegen die Hamas und Israel wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gazastreifen. Auch zu Gewalt israelischer Siedler im Westjordanland laufen Untersuchungen. Netanyahu sei wegen möglicher Festnahmen, die eine dramatische Verschlechterung des internationalen Ansehens Israels bedeuten würden, äußerst besorgt, hieß es in den Berichten. 

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat die US-Regierung aufgerufen, eine israelische Bodenoffensive in Rafah im Gazastreifen zu verhindern. "Wir appellieren an die Vereinigten Staaten, Israel aufzufordern, den Einsatz in Rafah zu unterlassen, denn Amerika ist das einzige Land, das Israel daran hindern kann, dieses Verbrechen zu begehen", sagte Abbas bei einem Sondertreffen des Weltwirtschaftsforums in Saudi-Arabien.  

Ein militärisches Vorgehen Israels in der Stadt Rafah wäre Abbas zufolge "das größte Desaster der Geschichte des palästinensischen Volks".

Zum Auftakt des zweitägigen Sondertreffens des Weltwirtschaftsforums in Riad hat der Gastgeber Saudi-Arabien vor negativen Folgen des Gaza-Krieges für die Weltwirtschaft gewarnt und Stabilität in der Region gefordert. Der Krieg zwischen der Hamas und Israel, aber auch die Konflikte in der Ukraine und andernorts, drückten "stark auf die wirtschaftliche Stimmung", sagte der saudiarabische Finanzminister Mohammed Al-Dschadan bei einer der ersten Podiumsdiskussionen.  "Ich denke, dass sich Länder, Staatenlenker und Menschen mit kühlem Kopf durchsetzen müssen", sagte Al-Dschadan und fügte an, dass deeskaliert werden müsse. "Die Region braucht Stabilität." 

Katar hat Israel und die militant-islamistische Palästinenserorganisation Hamas zu mehr Ernsthaftigkeit bei den Gesprächen über eine Waffenruhe gedrängt. Die Verhandlungen stünden praktisch still, sagte der katarische Außenministeriumssprecher Madsched al-Ansari in Interviews mit der israelischen Zeitung Haaretz und dem Sender Kan, die am Samstagabend veröffentlicht wurden. Beide Seiten hätten sich auf ihren Positionen eingegraben, sagte er. "Ich bin sicher, dass wir ein Abkommen erreichen können, wenn es auf beiden Seiten ein neues Gefühl des Engagements gibt."

Katar beherbergt die Zentrale der Hamas und hat zusammen mit den USA und Ägypten die Feuerpause vom November vermittelt, während der die Hamas israelische Geiseln und Israel palästinensische Häftlinge freiließ. Doch seither hat es keine vergleichbaren Abkommen gegeben. Katar zeigte sich zuletzt enttäuscht und erklärte, es überdenke seine Rolle als Vermittler.

In Saudi-Arabien beginnt heute ein zweitägiges Sondertreffen des Weltwirtschaftsforums (WEF), bei dem die Lage im Gazastreifen nach Angaben der Organisatoren im Mittelpunkt steht. Unter den rund tausend Teilnehmern sind zwölf Staats- und Regierungschefs, außerdem zahlreiche Außenminister aus dem Nahen Osten und Europa. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock reist am Montag nach Riad, auch die Außenminister der USA, Frankreichs und Großbritanniens nehmen an den Gesprächen teil.

Der Präsident des Weltwirtschaftsforums, Börge Brende, sagte am Samstag, es gebe "eine Art neuen Schwung in den Gesprächen über die Geiseln und (...) auch einen möglichen Weg aus der Sackgasse, in der wir uns im Gazastreifen befinden". Auch die humanitäre Lage im Gazastreifen nach mehr als sechs Monaten Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas sowie regionale Aspekte wie etwa der Iran sollen auf der Agenda stehen. 

Am Rande des traditionellen Treffens der Korrespondenten im Weißen Haus in Washington gab es Proteste gegen US-Präsident Biden und die Unterstützung Israels im Krieg gegen die Hamas. Vor dem Hilton-Hotel riefen Demonstranten die Pressevertreter dazu auf, die Veranstaltung zu boykottieren. Sie kritisierten unter anderem die Berichterstattung einiger Medien in den Vereinigten Staaten und beklagten auch den Tod von Journalisten in dem Konflikt. Protestler, die US-Präsident Joe Biden am Hintereingang des Hotels erwarteten, forderten eine Waffenruhe für den Gazastreifen.

Bei der Räumung eines pro-palästinensischen Protestcamps auf dem Campus der Northeastern University in Boston an der US-Ostküste hat die Polizei am Samstag etwa 102 Menschen festgenommen. Die Universität teilte mit, dass die Demonstration, die vor zwei Tagen begann, "von professionellen Organisatoren unterwandert" worden sei, die nichts mit der Uni zu tun hätten, und dass antisemitische Beleidigungen, darunter "Tötet die Juden", verwendet worden seien. "Wir können diese Art von Hass auf unserem Campus nicht dulden", hieß es in der auf der Onlineplattform X veröffentlichten Erklärung. Die Campus-Polizei sei mit Unterstützung örtlicher Sicherheitskräfte eingeschritten, um ein "ungenehmigtes Camp" auf dem Gelände zu räumen.

Charlotte Voß, ARD New York, tagesschau, 27.04.2024 23:03 Uhr

Unter Mitarbeitern von US-Außenminister Antony Blinken herrschen laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters erhebliche Zweifel an einer rechtmäßigen Verwendung von US-Waffenlieferungen durch Israel. Demnach erklärten leitende Mitarbeiter mehrerer Abteilungen in einem internen Dokument des Ministeriums, sie sähen Israels Zusicherungen, diese Waffen in Übereinstimmung mit internationalem humanitärem Recht zu verwenden, nicht als "glaubwürdig oder zuverlässig" an. "Einige Teile des Ministeriums sind dafür, Israels Zusicherungen zu akzeptieren, andere sind dafür, sie zurückzuweisen, und einige haben keine Stellung bezogen", sagte ein Regierungsvertreter.

Ein Ministeriumssprecher lehnte eine Stellungnahme zu diesen Informationen ab. Blinken muss dem Kongress bis zum 8. Mai berichten, ob er Israels Zusicherungen als glaubwürdig ansieht, dass es die von den USA gelieferten Waffen in Übereinstimmung mit US- und internationalem Recht einsetzt.

Israels Außenminister hat israelischen Medien zufolge für den Fall eines Geisel-Abkommens mit der islamistischen Hamas eine Verschiebung der geplanten Offensive in der Stadt Rafah in Aussicht gestellt. "Die Freilassung der Geiseln hat die höchste Priorität für uns", sagte Israel Katz dem Sender Channel 12 am Samstag. Auch der israelische Kan-Sender berichtete unter Berufung auf den Minister, Israel sei bereit, den Militäreinsatz zu verschieben, sollte ein Geisel-Deal zustande kommen.

Die Hamas prüft eigenen Angaben nach derzeit einen israelischen Vorschlag für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und die Freilassung weiterer Geiseln. Israel erwartet laut einem Bericht des Senders Channel 12 vom Samstag eine Antwort innerhalb von 48 Stunden. Man hoffe, dass der Vorschlag ausreichen werde, um ernsthafte Verhandlungen mit der Hamas zu führen, zitierte das Nachrichtenportal "Axios" am Samstag zwei hochrangige israelische Beamte. "Wir hoffen, dass die Hamas sieht, das wir es mit dem Abkommen ernst meinen - und wir meinen es ernst", sagte einer der Beamten demnach. Die Hamas dürfte seiner Ansicht nach eine mögliche Offensive in Rafah als ausreichende Bedrohung ansehen, um auf den israelischen Vorschlag einzugehen.

Tausende Menschen haben in Tel Aviv erneut die Freilassung der verbliebenen Geiseln gefordert und die Regierung kritisiert. Laut BBC gibt es in Großbritannien Überlegungen, Soldaten als Helfer einzusetzen. Die Entwicklungen vom Samstag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 28. April 2024 um 09:40 Uhr.