Eine Palästinenserin schiebt einen Rollstuhl an den Überresten zerstörter Gebäude in Chan Yunis vorbei. (Archivbild: 18.07.2024)
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Krieg in Nahost ++ Israel ordnet Evakuierungen rund um Chan Yunis an ++

Stand: 08.08.2024 23:40 Uhr

Das israelische Militär hat erneut Evakuierungen in der Gegend um Chan Yunis angeordnet. Premier Netanyahu bedauert, dass sein Land nicht genügend gegen den Angriff vom 7. Oktober geschützt war. Die Entwicklungen vom Donnerstag zum Nachlesen.

08.08.2024 • 23:40 Uhr

Ende des Liveblogs

Damit beenden wir den Liveblog für heute und danken für Ihr Interesse.

Ein israelisches Militärgericht hat die Untersuchungshaft für fünf Soldaten verlängert, denen sexueller Missbrauch eines palästinensischen Häftlings vorgeworfen wird. Es bestehe ein begründeter Verdacht, dass die Soldaten die ihnen vorgeworfenen Taten begangen haben, entschied das Gericht und verlängerte ihre Zeit im Untersuchungsgefängnis bis mindestens Sonntag.

Vor Kurzem sind neue Informationen über den Fall in den israelischen Medien aufgetaucht, darunter ein Video, das angeblich den Angriff zeigt, sowie Zeugenaussagen eines Arztes der den Häftling danach gesehen und den Fall den israelischen Behörden gemeldet hat. Der Mediziner bestätigte in einem Interview, er habe bei dem Häftling Rippenbrüche, Anzeichen von Schlägen und Hinweise auf eine Vergewaltigung festgestellt, die zu einem Riss Enddarm geführt habe.

Der Fall hat zu Spannungen zwischen Hardlinern in der Regierungskoalition von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und dem Militär geführt. Ultrarechte Regierungsmitglieder zeigten sich empört über die Ermittlungen, die Militärspitze verteidigt sie.

Die Staats- und Regierungschefs Katars, Ägyptens und der USA haben Israel und die Hamas aufgefordert, die Gespräche am 15. August entweder in Doha oder Kairo wieder aufzunehmen, um alle verbleibenden Streitpunkte im vorgeschlagenen Waffenstillstandsabkommen für Gaza beizulegen und unverzüglich mit der Umsetzung zu beginnen.

"Es ist an der Zeit, ein Waffenstillstandsabkommen abzuschließen und Geiseln und Gefangene freizulassen", heißt es in der gemeinsamen Erklärung der drei Länder.

Bei einem israelischen Luftangriff auf die Zentralregion Syriens verletzt sind laut syrischen Staatsmedien vier Militärangehörige verletzt worden. Die Attacke aus Richtung Nordlibanon habe auch "erheblichen Sachschaden" verursacht, hieß es weiter. Vom israelischen Militär gab es keinen Kommentar zu den Behauptungen.

Israel führt seit Jahren Angriffe gegen mit dem Iran verbundene Ziele in Syrien durch, hat diese Angriffe jedoch seit dem Angriff der bewaffneten Gruppe Hamas auf israelisches Territorium am 7. Oktober verstärkt.

Die USA und die EU haben die Entscheidung Israels, Norwegens Gesandten bei der palästinensischen Autonomiebehörde im israelisch besetzten Westjordanland den diplomatischen Status abzuerkennen, kritisiert.

Norwegen spiele seit Langem eine wichtige Rolle für den Dialog mit der palästinensischen Autonomiebehörde und Israel, sagte US-Außenamtssprecher Matthew Miller. Schritte, die dazu führten, Norwegen in dieser Rolle zu behindern, "sind nicht hilfreich", fügte er hinzu.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte die "ungerechtfertigte" Entscheidung Israels. Das israelische Handeln "widerspricht dem Geist des Osloer Abkommens und stört die normalen Beziehungen und die Zusammenarbeit mit der Palästinensischen Autonomiebehörde in unverhältnismäßiger Art und Weise", fügte Borrell hinzu.

Israel wird nach den Worten von Verteidigungsminister Yoav Gallant die Hisbollah "mit aller Macht" bekämpfen, wenn die islamistische Miliz im Libanon ihre Aggression an der Grenze zu Israel fortsetzt. "Wir werden nicht zulassen, dass die Hisbollah-Miliz die Grenze und die Region destabilisiert", erklärte Gallant nach Angaben seines Büros in einer Botschaft an die libanesische Bevölkerung.

Gallant verwies auf den Krieg zwischen Israel und der Hisbollah im Jahr 2006 und mahnte den Libanon an, "Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen, um im August 2024 nicht in ein gefährliches Szenario zu verfallen". In dem verheerenden, 34 Tage andauernden Krieg im Juli und August 2006 waren im Libanon mehr als 1200 Menschen, zumeist Zivilisten, und etwa 160 Israelis, zumeist Soldaten, getötet worden.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat scharfe Kritik an Israels Vorgehen gegen acht entsandte Vertreter Norwegens geübt. Dass die israelische Regierung den Personen den Diplomatenstatus entzogen habe, widerspreche in Oslo vereinbarten Abkommen zur Lösung des Nahost-Konflikts und störe die Beziehungen und die Zusammenarbeit mit der Palästinensischen Autonomiebehörde, ließ er mitteilen.

Das israelische Außenministerium hatte zuvor mitgeteilt, Außenminister Israel Katz habe Norwegen informiert, dass er den diplomatischen Status norwegischer Vertreter in Israel aufhebe, die für die palästinensischen Gebiete zuständig seien.

Das israelische Militär hat nach einem Raketenangriff aus dem Gazastreifen Massenevakuierungen in der Gegend um Chan Yunis angeordnet. In der Gegend werde es demnächst Armeeeinsätze geben, um auf den Angriff zu reagieren, teilten die Streitkräfte am Donnerstag mit.

Ein Video der Nachrichtenagentur AP zeigte Rauch über der Stadt. Auch waren laute Explosionsgeräusche zu hören. Tausende Palästinenserinnen und Palästinenser verließen daraufhin die Evakuierungsgebiete. AP-Aufnahmen zeigten Menschenmengen auf einer staubigen Straße.

Erst Anfang Juli hatte das Militär die Räumung eines Großteils von Chan Yunis angeordnet. Die Mehrheit der 2,3 Millionen Einwohner des Gazastreifens wurde im Krieg vertrieben, oft mehrfach.

Bei israelischen Angriffen auf zwei Schulen in der Stadt Gaza sind nach palästinensischen Angaben mindestens 15 Menschen getötet worden. Dutzende weitere erlitten Verletzungen, wie die Gesundheitsdienste in Gaza mitteilten.

Die Angaben ließen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen. Die israelische Armee bestätigte die Angriffe auf die Schulen. Sie galten Terroristen der islamistischen Hamas, die im Bereich der beiden Schulen Kommandozentralen betrieben hätten. 

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat den iranischen Präsidenten Masoud Pezeshkian in einem Telefonat gebeten, eine Eskalation im Nahen Osten zu vermeiden. Während des Gesprächs habe Meloni„die Notwendigkeit, eine Ausweitung des anhaltenden Konflikts im Gazastreifen zu verhindern, auch in Bezug auf den Libanon betont, teilte ihr Büro mit. Sie habe Pezeshkian aufgefordert, eine weitere Eskalation zu vermeiden und den Weg zum Dialog wieder zu öffnen:

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat sein Bedauern darüber ausgedrückt, dass Israel nicht ausreichend gegen den Großangriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas vom 7. Oktober geschützt war.

Er bedauere dies "zutiefst", sagte Netanyahu in einem Interview des US-Magazins "Time". Erneut vermied er es jedoch, eine persönliche Verantwortung für die unzureichenden Schutzvorkehrungen zu übernehmen. In dem Interview wurde Netanyahu gefragt, ob er sich für den Hamas-Angriff entschuldigen wolle.

Er antwortete: "Entschuldigen? Natürlich, natürlich. Ich bedauere zutiefst, dass so etwas geschehen ist." Der Regierungschef fügte hinzu: "Und man schaut immer zurück und sagt: 'Hätten wir Dinge tun können, dies dies verhindert hätten?'". 

Bei israelischen Luftangriffen auf den Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben mindestens 40 Menschen ums Leben gekommen. Unter anderem seien in zwei Schulen östlich von Gaza-Stadt 15 und im Flüchtlingslager Al-Bureidsch ebenfalls 15 Palästinenser getötet worden, erklärten örtliche Rettungskräfte.

Das israelische Militär teilt mit, es habe erneut militärische Kommandozentren bombardiert, die die Hamas bewusst in ziviler Umgebung eingerichtet habe. Die Hamas hat derartige Angaben wiederholt zurückgewiesen.

Die französische Fluglinie Air France setzt die Flüge von Paris nach Beirut länger aus. Bis einschließlich Sonntag soll es keine Flüge von Frankreich in den Libanon geben. Das teilte die Airline mit. Zuvor waren die Flüge nur bis zum heutigen Donnerstag ausgesetzt.

Israel entzieht acht entsandten Vertretern Norwegens den Diplomatenstatus. Die Diplomaten seien in der norwegischen Botschaft in Israel stationiert, aber zuständig für die Kontakte mit der palästinensischen Autonomiebehörde, hieß es in einer Mitteilung des israelischen Außenministeriums. Im Mai hatten Norwegen, Spanien und Irland beschlossen, einen palästinensischen Staat anzuerkennen. Das Außenministerium in Jerusalem teilte mit, Außenminister Israel Katz habe Norwegen informiert, dass er den diplomatischen Status norwegischer Vertreter in Israel aufhebe, die für die palästinensischen Gebiete zuständig seien. "Wer uns angreift und eine einseitige Politik gegen uns verfolgt, wird den Preis zahlen", sagte Katz den Angaben zufolge. Das norwegische Außenministerium äußerte sich zunächst nicht zu dem Vorgang. 

Die Republik Zypern ist bereit, im Falle einer Eskalation im Nahen Osten bei Evakuierungen von Bürgern der EU und anderer Staaten zu unterstützen. "Wir sind bereit zu helfen, falls es notwendig wird", sagte der Sprecher der Regierung in Nikosia, Giannis Antoniou. Zahlreiche Botschaften von EU-Ländern hätten bereits Kontakt mit der Regierung Zyperns aufgenommen, um Details der möglichen Evakuierungen zu besprechen. Darunter sei auch Deutschland, hieß es.

Zypern hat wiederholt bei verschiedenen Krisen im Nahen Osten als Drehscheibe für Hilfs- und Evakuierungsaktionen gedient. Es ist das EU-Land, das geografisch am nächsten zum Nahen Osten liegt. Der Flug aus dem Libanon nach Zypern dauert etwa 35 Minuten. Zudem könnten auch Fähren eingesetzt werden, die Ausreisewillige in die Hafenstädte Limassol oder Larnaka bringen.

Israel droht seinen Feinden für den Fall eines Angriffes verheerende Konsequenzen an. "Wir werden unseren Feinden eine sehr klare Botschaft senden", warnte der israelische Generalstabschef Herzi Halevi beim Besuch eines Luftwaffenstützpunkts. Die israelische Regierung habe dem Verbündeten USA mitgeteilt, dass das israelische Militär "überproportional" reagieren würde, sollte die Hisbollah aus Rache für die kürzliche Tötung ihres obersten militärischen Befehlshabers israelische Zivilisten angreifen, berichtete der israelische Journalist Barak Ravid beim US-Nachrichtenportal "Axios" unter Berufung auf zwei namentlich nicht genannte israelische Beamte. Dies sei der Versuch, eine Linie zu definieren, welches Vorgehen Israel dazu zwingen würde, den seit Monaten andauernden Konflikt mit der Hisbollah zu eskalieren und einen Krieg zu riskieren.

Die islamistische Terrorgruppe Hamas will nach der Tötung ihres Auslandschefs Ismail Hanija keinen neuen Verhandlungsleiter für die Gespräche über eine Waffenruhe im Gazastreifen benennen. Khalil al-Haya werde weiter die Hamas bei den indirekten Verhandlungen vertreten und dabei den Weisungen des neuen Anführers Jahia Sinwar unterstehen, berichtete der saudi-arabische Fernsehsender Al Hadath unter Berufung auf drei palästinensische Quellen, darunter einen Hamas-Beamten.

Die Zahl der antisemitischen Vorfälle und Straftaten hat seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 auch in Deutschland stark zugenommen. Das Bundeskriminalamt hat im zweiten Quartal dieses Jahres in Deutschland 715 antisemitische Straftaten erfasst, darunter 19 Gewalttaten mit sieben Verletzten. Die Zahl liegt mehr als ein Drittel höher als ein Jahr zuvor.  Im Vergleich zum Jahresbeginn weist der Trend nur leicht abwärts: Für die Zeit von Januar bis Ende März wies dieselbe Statistik 793 Straftaten aus, darunter 14 Gewalttaten und sieben Verletzte. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau hervor.

Wegen der drohenden Eskalation des Nahost-Konflikts sind die deutschen Sicherheitsbehörden nach den Worten von Bundesinnenministerin Nancy Faeser derzeit besonders wachsam. "Wir beobachten sehr genau, wie sich mögliche weitere Eskalationen auch auf die Sicherheitslage in Deutschland auswirken", sagte Faeser der "Rheinischen Post". Sie verwies auf einen drastischen Anstieg antisemitischer Straftaten seit Beginn des Gaza-Krieges im Oktober 2023.

Die Ministerin unterstrich die Bemühungen der Sicherheitsbehörden, "die Spirale zu durchbrechen, die von der Gewalt im Nahen Osten zu noch mehr widerwärtigem Judenhass bei uns führt". Als Beispiele für das harte Vorgehen gegen die islamistische Szene nannte sie das jüngste Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg sowie die früheren Verbote der Hamas und des Samidoun-Netzwerks in Deutschland.

Nach Angaben der in der USA ansässigen Nichtregierungsorganisation World Central Kitchen (WCK) ist einer ihrer palästinensischen Mitarbeiter im Gazastreifen getötet worden. "Seit den ersten Tagen unseres Einsatzes in Rafah war er ein fester Bestandteil unseres Lagerhausteams und durch und durch ein Menschenfreund", erklärte WCK auf der Plattform X.

Die Organisation erklärte, dass sie die Einzelheiten des Vorfalls noch in Erfahrung bringen müsse, aber davon ausgehe, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht im Dienst war. Demnach wurde er in der Nähe von Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens getötet.

Im April waren sieben WCK-Mitarbeiter bei israelischen Luftangriffen auf einen Konvoi von Hilfsfahrzeugen ums Leben gekommen, darunter Staatsangehörige der Vereinigten Staaten, Australiens, Großbritanniens und Polens. Israel wies die Vorwürfe zurück, dass es die Mitarbeiter der Hilfsorganisation absichtlich ins Visier genommen habe.

08.08.2024 • 01:47 Uhr

Der Liveblog vom Mittwoch

Ägyptens Luftfahrtbehörde hat Airlines angewiesen, den iranischen Luftraum wegen dort geplanter "Militärübungen" nicht zu überfliegen. Die Türkei will sich der von Südafrika angestrengten Völkermord-Klage gegen Israel anschließen. Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen.

In einer früheren Version des Liveblogs wurde Khalil al-Haya als neuer Verhandlungsführer der Hamas benannt. Richtig ist, dass er schon Verhandlungsführer war und trotz des veränderten Machtgefüges weiterhin Verhandlungsführer bleibt. Das haben wir berichtigt.

Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 08. August 2024 um 00:10 Uhr.