Angehörige von in den Gazastreifen verschleppten Geiseln fordern ein Abkommen (Archiv).
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Krieg in Nahost ++ Israel will weiter verhandeln ++

Stand: 11.07.2024 23:26 Uhr

Israel will die seit Monaten laufenden Verhandlungen über ein Geisel-Abkommen fortsetzen. Israels Armee hat eigenen Angaben zufolge zwei wichtige Mitglieder der Hamas getötet. Alle Entwicklungen im Liveblog.

11.07.2024 • 23:26 Uhr

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Die israelische Armee hat ihr Versagen während des Terrorangriffs auf den Kibbuz Beeri am 7. Oktober eingeräumt. In einem Bericht des Militärs schreibt eine Untersuchungskommission unter Leitung eines Ex-Generals, die Armee habe "in ihrer Aufgabe, die Bewohner des Kibbuzes Beeri zu schützen, versagt". 

Zuvor war der Report den dortigen Bewohnern vorgelegt worden, die sich damit aber nicht zufrieden gaben und zusätzlich die Einsetzung einer Untersuchungskommission der Regierung forderten.

Der Kibbuz liegt etwa vier Kilometer von der israelischen Grenzbarriere entfernt, die das Land vom Gazastreifen trennt. Am Morgen des 7. Oktobers wurde das Dorf zum Schauplatz eines Massakers an Zivilisten: Dem Bericht zufolge wurden 101 Menschen getötet und 32 weitere als Geiseln genommen. Elf der Geiseln befinden sich noch im Gazastreifen, wohin sie von der militant-islamistischen Hamas verschleppt worden waren.

Die vom US-Militär errichtete provisorische Anlegestelle für humanitäre Hilfsgüter an der Küste des Gazastreifens wird ihren Betrieb bald vollständig einstellen. Der Pier sei stets als vorübergehende Lösung gedacht gewesen, um die Lieferung zusätzlicher Hilfe in das Küstengebiet zu ermöglichen, teilte Pentagon-Sprecher Pat Ryder mit. In Kürze werde daher der Betrieb eingestellt.

Ende Juni war die Anlage ohnehin wegen rauen Seegangs abgebaut und nach Aschdod an die israelische Küste geschleppt worden. Man habe gestern versucht, die provisorische Anlegestelle wieder am Strand des Gazastreifens zu verankern. Aufgrund technischer und wetterbedingter Probleme sei das nicht gelungen. Die Ausrüstung werde wieder nach Aschdod zurückgebracht. "Ein Termin für die Wiederverankerung wurde noch nicht festgelegt."

Offen blieb mit dieser Information, ob der temporäre Hafen vor dem endgültigen Ende des Betriebs noch mal zum Einsatz kommt. 

Die USA haben weitere Sanktionen gegen extremistische israelische Siedler im Westjordanland verhängt. Die Regierung in Washington beschloss unter anderem finanzielle Strafmaßnahmen gegen vier Außenposten jüdischer Siedlungen in dem Palästinensergebiet, wie Außenamtssprecher Matthew Miller in Washington mitteilte.

Außerdem setzte die US-Regierung Lehava, die als "größte gewalttätige extremistische Organisation in Israel" beschrieben wird, auf ihre schwarze Liste. Die Organisation hat demnach mehr als 10.000 Mitglieder. Insgesamt drei Einzelpersonen sowie fünf Organisationen wurden der Sanktionsliste hinzugefügt.

"Wir ermutigen Israels Regierung deutlich, sofortige Schritte zu ergreifen, um diese Einzelpersonen und juristischen Einheiten zur Verantwortung zu ziehen", erklärte Miller. Solange dies ausbleibe, werde die US-Regierung diesbezüglich weiterhin ihre "eigenen Maßnahmen" ergreifen.

Mehr als 60 international bedeutende Medien und Journalistenorganisationen haben Zugang der ausländischen Presse zum Gazastreifen gefordert. Die israelischen Behörden müssten die Einschränkungen sofort aufheben, schrieben sie in einem offenen Brief. "Neun Monate nach Beginn des Krieges dürfen internationale Journalisten noch immer nicht nach Gaza, außer für seltene und vom israelischen Militär organisierte Fahrten."

Zu den Unterzeichnern des Briefes aus 26 Ländern gehören neben Verbänden wie CPJ (Komitee zum Schutz von Journalisten) und dem deutschen Zweig des Weltverbands der Zeitungen und Nachrichtenmedien (WAN-IFRA) auch Nachrichtenagenturen wie AFP und AP sowie große Medienhäuser wie BBC, CNN, die New York Times und die Washington Post.

Die Außenminister der G7-Staaten haben die Legalisierung der Außenposten von fünf Siedlungen im Westjordanland durch Israel verurteilt. "Wir, die Außenminister der G7, schließen uns den Vereinten Nationen und der Europäischen Union an und verurteilen die Ankündigung des israelischen Finanzministers (Bezalel) Smotrich, fünf Außenposten im Westjordanland zu legalisieren", hieß es in einer veröffentlichten Erklärung der Chefdiplomaten.

Zudem wandten sich die Außenminister gegen die Entscheidung der israelischen Regierung, eine Fläche von mehr als 1.270 Hektar im Westjordanland zu "Staatsland" Israels zu erklären. Dies sei die "weitreichendste" Maßnahme dieser Art im Westjordanland seit den Oslo-Abkommen von 1993, hieß es weiter.  Kritik übten die Chefdiplomaten auch an der Entscheidung Israels, "bestehende Siedlungen um 5.295 Wohneinheiten zu erweitern und drei neue Siedlungen einzurichten". Die Siedlungspolitik Israels sei "unvereinbar mit dem Völkerrecht und im Widerspruch zur Suche nach Frieden".

Israel hatte das Westjordanland 1967 im Sechs-Tage-Krieg unter seine Kontrolle gebracht und besetzt. Die Oslo-Abkommen hatten den Palästinensern eine autonome Verwaltung im Westjordanland und im Gazastreifen übertragen. 

Die israelische Regierung hat die Fortführung der seit Monaten laufenden indirekten Verhandlungen über ein Geisel-Abkommen angekündigt. Eine Delegation des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet und der israelischen Armee werde in Kürze nach Kairo reisen, teilte das Ministerpräsidentenamt in Jerusalem mit. 

Zugleich bestätigte das Amt, dass in der Nacht zuvor ein Verhandlerteam aus der katarischen Hauptstadt Doha zurückkehrte. Dort hatten sich gestern israelische Delegierte mit Spitzenvertretern der Vermittlerstaaten Katar, Ägypten und USA getroffen.

Vor allem Katar steht im direkten Kontakt mit der islamistischen Hamas, die im Gazastreifen nach israelischer Schätzung 120 Geiseln aus Israel in ihrer Gewalt hält. Viele von ihnen dürften allerdings nicht mehr am Leben sein. 

11.07.2024 • 15:36 Uhr

Zentralrat der Juden kritisiert X-Post des Auswärtigen Amts

Der Zentralrat der Juden hat einen X-Beitrag des Auswärtigen Amts zum mutmaßlich israelischen Angriff auf eine Schule in Gaza mit scharfen Worten kritisiert. Der Post "irritiert und lässt jegliche Räson vermissen", erklärte ein Sprecher des Zentralrats. Die militant-islamistische Hamas trage "diesen Krieg, der so viel Leid verursacht, in Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser", erklärte er. 

Das Auswärtige Amt hatte gestern auf X geschrieben: "Dass Menschen getötet werden, die in Schulen Schutz suchen, ist nicht hinnehmbar."

Die israelische Armee hatte nach dem Angriff vom Sonntag erklärt, die Schule sei von Hamas-Kämpfern als Versteck und als Werkstatt zum Waffenbau genutzt worden. 

11.07.2024 • 14:40 Uhr

Hamas: Israel spielt auf Zeit

Die Hamas wirft Israel vor, die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen zu hintertreiben. Israel verzögere weiterhin, um Zeit zu gewinnen und die aktuelle Runde der Verhandlungen zu durchkreuzen, erklärt die militant-islamistische Palästinenser-Organisation in einer Stellungnahme. Die Vermittler hätten bislang keine Neuigkeiten bezüglich der Verhandlungen mitgeteilt.

Israel hat eigenen Angaben zufolge eine Liste mit Namen von Mitarbeitern des Palästinenserhilfswerks UNRWA zusammengestellt, die auch in der Terrororganisation Hamas aktiv sein sollen. Das Land habe 108 Beschäftigte der Organisation identifiziert, auf die das zutreffe und eine entsprechende Liste UNRWA-Chef Philippe Lazzarini vorgelegt, teilte die israelische Botschaft in Berlin mit.

Es handelt sich demnach nur um einen kleinen Teil von insgesamt Hunderten UNRWA-Mitarbeitern, die bei der Hamas oder dem Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ) beschäftigt sein sollen. Die Angaben lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen. Nach Angaben eines Sprechers des israelischen Außenministeriums wurde die Liste auch UN-Generalsekretär António Guterres vorgelegt. Veröffentlicht habe Israel sie bislang nicht. Das UN-Palästinenserhilfswerk äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht.

UNRWA war im Januar in die Schlagzeilen geraten, weil Israel mehrere Mitarbeiter des Hilfswerks beschuldigte, in das Massaker vom 7. Oktober verwickelt gewesen zu sein.

Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant hat nach Angaben seines Büros mit dem US-Gesandten Brett McGurk über Fortschritte bei einer Einigung zur Freilassung der Geiseln beraten. Thema sei auch die Lieferung wichtiger Munition gewesen, teilte Gallants Büro mit. Ein Teil der Munition solle in den kommenden Tagen nach Israel geschickt werden. McGurk hielt sich demnach in Israel auf.

ARD-Korrespondentin Bettina Meier über einen Marsch von Angehörigen der Hamas-Geiseln von Tel-Aviv nach Jerusalem und die Hoffnungen auf ein baldiges Abkommen zwischen Israel und der Terrororganisation.

Bettina Meier, ARD Tel Aviv, tagesschau, 11.07.2024 12:49 Uhr

Mehrere Drohnen aus dem Libanon sind nach Angaben des israelischen Militärs auf israelisches Territorium gestürzt. Darüber hinaus sei eine Reihe verdächtiger Flugobjekte identifiziert und abgefangen worden, die sich vom Libanon aus in Richtung Israel bewegt hätten. Der Bürgermeister von Jerusalem sagte zudem im Fernsehsender Channel 12, eine Person sei schwer verletzt worden. Die mit der Hamas verbündete Hisbollah-Miliz im Libanon und Israel liefern sich seit fast neun Monaten Scharmützel über die Grenzen beider Staaten hinweg.

Israels Armee hat eigenen Angaben zufolge zwei hochrangige Mitglieder der Hamas getötet. Darunter sei ein Mann namens Hassan Abu Kuik, der zahlreiche Anschläge gegen Israel verübt habe, teilte das Militär mit.

Demnach war er Leiter der operativen Sicherheit des inneren Sicherheitsapparats der Hamas. Er soll für die Region des zentralen Gazastreifens verantwortlich gewesen sein. Er sei diese Woche getötet worden. Laut Armee töteten Einsatzkräfte zudem einen Teamleiter des militärischen Geheimdienstes der Islamistenorganisation.

Der neu gewählte iranische Präsident Massud Peseschkian versichert der islamistischen Palästinensergruppe Hamas die Unterstützung seines Landes. "Der Iran wird das unterdrückte palästinensische Volk weiterhin uneingeschränkt bis zur Verwirklichung ihrer legitimen Forderungen und Befreiung der heiligen Al-Kuds (Jerusalem) unterstützen", schrieb Peseschkian laut Nachrichtenagentur Fars an Hamas-Auslandschef Ismail Hanija.

Al-Kuds ist der arabische Name für Jerusalem. Peseschkian warf Israel in dem Schreiben eine "Apartheidpolitik" vor. Es sei eine "menschliche und islamische Aufgabe", mit dem palästinensischen Volk dafür zu sorgen, diese endgültig zu beenden. Am Montag hatte Peseschkian bereits in einem Schreiben an den libanesischen Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah bekräftigt, dass er am Anti-Israel-Kurs des Irans festhalten werde.

In der Meerenge Bab al-Mandab ist ein Schiff zum Ziel eines Raketenangriffs geworden. Das gemeinsame maritime Informationszentrum, das der Leitung der US-Marine untersteht, identifizierte das Schiff als die unter liberianischer Flagge fahrende "Mount Fuji".

Die Attacke habe sich südlich der jemenitischen Stadt Mokka ereignet, teilte die Seehandelsaufsicht der britischen Marine (UKMTO) mit. Es wurde vermutet, dass die jemenitische Huthi-Miliz für den Angriff verantwortlich ist. Das "Schiff und die gesamte Besatzung sind in Sicherheit", erklärte die UKMTO. "Das Schiff ist auf dem Weg zu seinem nächsten Anlaufhafen."

Die Huthi haben seit November wiederholt Handelsschiffe im Roten Meer und im Golf von Aden angegriffen und dies mit dem israelischen Vorgehen im Gazastreifen begründet. Bislang haben die Huthi den jüngsten Angriff nicht für sich reklamiert. Es dauert jedoch oft Stunden oder gar Tage, ehe sie sich zu einer Attacke bekennen.

Die israelische Armee hat eigenen Angaben zufolge ihre Einsätze in einem Viertel im Osten der Stadt Gaza abgeschlossen. Bei den Einsätzen in Schudschaija seien acht Tunnel zerstört und "Dutzende von Terroristen eliminiert" worden, erklärte die Armee. Auch Kampfanlagen und mit Sprengfallen versehene Gebäude seien zerstört worden.

Ein Sprecher des örtlichen Zivilschutzes sagte, Schudschaija sei zu einer "Geisterstadt" geworden. Es gebe umfangreiche Schäden an der Infrastruktur und in Wohngebieten. Die israelische Armee hatte am Mittwoch alle Einwohner zum Verlassen der Stadt Gaza aufgerufen. Auf Flugblättern wurden Fluchtwege in den Süden aufgezeigt.

Angesichts des Evakuierungsaufrufs der israelischen Armee für die umkämpfte Stadt Gaza fordern die Vereinten Nationen den unbedingten Schutz der Zivilbevölkerung. "Die Zivilpersonen müssen geschützt werden, und auf ihre wesentlichen Bedürfnisse muss eingegangen werde - egal, ob sie fliehen oder bleiben", teilte das UN-Nothilfebüro OCHA mit Sitz in Genf mit.

Alle Parteien, die am Gaza-Konflikt beteiligt seien, müssten jederzeit das humanitäre Völkerrecht respektieren, sagte UN-Sprecher Stéphane Dujarric in New York. Das Ausmaß der Kämpfe und der Zerstörung in den vergangenen Tagen während der andauernden Verhandlungen über eine Waffenruhe seien "wirklich schockierend".

Die USA zeigen sich vorsichtig optimistisch hinsichtlich der Gespräche über einen Waffenstillstand im Gazastreifen. "Wir sind verhalten zuversichtlich, dass sich die Dinge in die richtige Richtung entwickeln", sagt der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, John Kirby, in einem CNN-Interview zu den laufenden Verhandlungen. Die Bemühungen um eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas dauern weiter an.

Ägypten und Jordanien warnen Israel vor einer Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen. Israel hat nach Angaben des israelischen Verteidigungsministers 60 Prozent der Hamas-Terroristen getroffen. Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 11. Juli 2024 um 20:40 Uhr.