Ein Mann und drei Jungen gehen mit Töpfen zur Essensausgabe einer Hilfsorganisation in Rafah
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Krieg im Nahen Osten ++ UN: Rund 96 Prozent der Menschen in Gaza hungern ++

Stand: 25.06.2024 23:19 Uhr

In Gaza hungern laut einem UN-Bericht rund 96 Prozent der Bevölkerung. Israel hat in dem Küstenstreifen zwei Gebäude angegriffen, in denen sich Terroristen aufgehalten haben sollen. Die Entwicklungen vom Dienstag zum Nachlesen.

25.06.2024 • 23:18 Uhr

Ende des Liveblogs

Damit beenden wir den Liveblog für heute. Wir danken für Ihr Interesse.

Die Hamas hat israelischen Angaben zufolge ein Geschoss in Richtung israelischer Soldaten im Gazastreifen gefeuert, die einen Hilfskonvoi der UN sichern sollten. Die Einsatzkräfte hätten einen Transport des Kinderhilfswerks Unicef koordiniert. Dieser sollte Kinder aus dem Norden des Küstengebiets mit ihren Angehörigen im Süden zusammenzubringen, teilten die Armee sowie die für Palästinenserangelegenheiten zuständige israelische Behörde Cogat mit. Verletzt wurde bei dem Angriff laut Armee zufolge niemand.

Auf einem von der israelischen Armee veröffentlichten Video ist zu sehen, wie ein Geschoss in der Nähe der Soldaten und einem UN-Fahrzeug einschlägt. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Von der UN gab es zunächst keine Stellungnahme.

Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant hat während eines Besuchs in den USA erneut vor der atomaren Aufrüstung des Irans gewarnt "Die größte Bedrohung für die Zukunft der Welt ist der Iran", sagte Gallant nach Angaben seines Büros bei einem Treffen mit seinem Amtskollegen Lloyd Austin in Washington.

"Jetzt ist es an der Zeit, die Verpflichtung der amerikanischen Regierungen während der vergangenen Jahre umzusetzen - das Versprechen, den Iran am Besitz von Atomwaffen zu hindern." Die Zeit laufe aus, sagte Gallant. Israel warnt schon seit langem vor der nuklearen Aufrüstung Teherans.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat Israel davor gewarnt, eine zweite Front gegen die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah zu eröffnen. "Ein weiterer Krieg zwischen Israel und der Hisbollah könnte leicht zu einem regionalen Krieg werden, mit schrecklichen Konsequenzen für den Nahen Osten, deshalb ist Diplomatie der beste Weg, um eine weitere Eskalation zu vermeiden", sagte er bei einem Treffen mit seinem israelischen Amtskollegen Yoav Gallant im Pentagonlaut Nachrichtenagentur AP. Gallant antwortete demnach: "Wir arbeiten eng zusammen, um eine Einigung zu erzielen, aber wir müssen auch die Bereitschaft für jedes mögliche Szenario diskutieren."

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat bei ihrem Besuch im Libanon vor einem "heißen Krieg" zwischen Israel und der Hisbollah gewarnt. Mit jeder Rakete über der Grenzregion zwischen dem Libanon und Israel wachse die Gefahr, "dass eine Fehlkalkulation von einem Moment auf den anderen einen heißen Krieg auslöst", schrieb Baerbock im Onlinedienst X. 

Alle Verantwortlichen müssten "äußerste Zurückhaltung walten lassen", forderte die Ministerin, nachdem sie in Beirut den libanesischen Ministerpräsidenten Nadschib Mikati getroffen hatte. Später traf sie auch den geschäftsführenden Außenminister Abdullah Bou Habib.

Nadschib Mikati (M) spricht mit Annalena Baerbock in Beirut, Libanon.

Nadschib Mikati (M) spricht mit Annalena Baerbock: Angesichts der zahlreichen Geflüchteten im Libanon kündigte die Außenministerin an, dass Deutschland nochmals 18 Millionen Euro für humanitäre Hilfe bereitstellen werde.

Nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen ist ein Mitarbeiter in Gaza ums Leben gekommen. Der 33 Jahre alte Physiotherapeut sei am Dienstag bei einem nicht näher beschriebenen Angriff getötet worden, teilte die Hilfsorganisation am Abend in Berlin mit. Sie verurteile dies. Der Mann sei auf dem Weg zu seiner Arbeitsstätte, einer Klinik von Ärzte ohne Grenzen, gewesen. Er habe seit 2018 für die Organisation gearbeitet.

Es handele sich um den sechsten Mitarbeitenden von Ärzte ohne Grenzen, der seit dem 7. Oktober 2023 in Gaza ums Leben gekommen sei. "Die Mitarbeitenden von Ärzte ohne Grenzen vor Ort versuchen aktuell, die Einzelheiten des schrecklichen Vorfalls zu überprüfen", hieß es.

Die Vereinten Nationen haben mit dem Aussetzen aller Hilfseinsätze im Gazastreifen gedroht. Zwei ranghohe UN-Vertreter, die anonym bleiben wollten, sagten, man habe Israel mitgeteilt, die Einsätze würden gestoppt, sollten Mitarbeiter von Hilfsorganisationen nicht besser geschützt werden. Eine endgültige Entscheidung sei noch nicht gefallen, die Gespräche mit Israel dauerten an. Vertreter des israelischen Militärs reagierten zunächst nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.

Israel hat einige Militärangriffe eingestanden, bei denen im Gaza-Krieg Mitarbeiter von Hilfsorganisationen getroffen wurden, darunter etwa ein Angriff, bei dem am 1. April sieben Mitarbeiter der Hilfsorganisation World Central Kitchen getötet wurden. Bei anderen Vorfällen hat das israelische Militär eine Verantwortung bestritten.

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) hat die Auslieferung von Hilfen über einen von den USA gebauten Pier im Gazastreifen aus Sicherheitsbedenken bereits eingestellt. Die UN und andere beklagen seit Monaten, es gebe keine Möglichkeit, schnell und direkt mit den israelischen Streitkräften vor Ort zu kommunizieren. Dies steht im Kontrast zu sonst üblichen Verfahren in Konfliktgebieten, durch die Mitarbeiter von Hilfsorganisationen vor Attacken geschützt werden sollen.

Im Gazastreifen hungern laut einem internationalen Bericht rund 96 Prozent der Bevölkerung. Fast eine halbe Million Menschen von einer Bevölkerung von insgesamt 2,2 Millionen seien von katastrophalem Hunger betroffen, teilte das Welternährungsprogramm in Rom mit.

Der aktuelle Bericht der UN zum Hunger zeige eine leichte Verbesserung im Vergleich zur letzten Bewertung im März. Das unterstreiche, welchen Unterschied humanitärer Zugang bewirken könne. Die verstärkten Nahrungsmittellieferungen in den Norden und die Behandlung von Mangelernährung hätten dazu beigetragen, den schlimmsten Hunger dort zu lindern. Doch sei die Lage weiterhin verzweifelt.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat bei ihrem Besuch in Nahost die islamistische Hamas gedrängt, den vorliegenden Plan für eine Waffenruhe im Gazastreifen anzunehmen. "Die Hamas hat es in der Hand, das Leid der Menschen in Gaza dadurch sofort zu lindern", sagte Baerbock vor Journalisten in Jerusalem.

Deswegen müsse die Hamas dem von US-Präsident Joe Biden vorgestellten Plan "nun endlich zustimmen" und "alle Geiseln freilassen". Dies sei "der einzig realistische Weg aus der Sackgasse des Krieges, zur Befreiung der Geiseln und hin zu einem humanitären Waffenstillstand". 

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat Israel aufgefordert, blockierte Zoll- und Steuergelder für die Palästinenser freizugeben. "Ohne Ressourcen, ohne finanzielle Mittel wird der Neuanfang der Palästinensischen Behörde unmöglich sein", sagte Baerbock in Jerusalem.

Dass die der Behörde nach dem Osloer Abkommen zustehenden Zoll- und Steuergelder von Israel mittlerweile komplett blockiert würden, "ist unverantwortlich", betonte die Ministerin. Wenn palästinensische Lehrer keine Gehälter mehr bekämen und Krankenhäuser vor dem Kollaps stünden, "dann ist das auch ein Sicherheitsproblem".

Außenministerin Annalena Baerbock hat angekündigt, die humanitäre Unterstützung für den Gazastreifen um weitere 19 Millionen Euro zu erhöhen. Im Anschluss an ihr Gespräch mit dem israelischen Außenminister Israel Katz in Jerusalem sagte Baerbock vor Journalisten, die unter anderem von US-Präsident Joe Biden angestrebte Zwei-Staaten-Lösung sei der einzige realistische Weg, den Krieg zwischen Israel und der Hamas zu beenden. Man werde ein Ende des Krieges "nur gemeinsam" erreichen, so Baerbock weiter.

Beim Treffen zwischen Außenministerin Annalena Baerbock und dem palästinensischen Premierminister Mohammad Mustafa in Ramallah hat dieser an die deutsche Regierung appelliert, Palästina endlich als Staat anzuerkennen. Die palästinensische Regierung stehe vor dem Abgrund, sagte er laut ARD-Korrespondentin Kerstin Palzer aus Jerusalem. Israel versuche, die Palästinenser ökonomisch auszuhungern, indem es bestimmte Zahlungen an die palästinensischen Gebiete nicht mehr tätige, habe Mustafa im Gespräch mit Baerbock gesagt.

Israels rechtsextremer Finanzminister Bezalel Smotrich hatte kürzlich angekündigt, er wolle der Palästinensischen Autonomiebehörde Mittel in Höhe von 32,5 Millionen Dollar (rund 30,3 Millionen Euro) vorenthalten und diese stattdessen an israelische Terroropfer auszahlen.

"Ökonomisch ausgehungert", Kerstin Palzer, ARD Tel Aviv, zzt. Jerusalem, über die palästinensische Autonomiebehörde

tagesschau24, 25.06.2024 10:00 Uhr

Bei israelischen Angriffen auf Gaza-Stadt sind nach palästinensischen Angaben mindestens 24 Menschen getötet worden. Die Attacken hätten zwei Schulen in Gaza-Stadt getroffen und mindestens 14 Todesopfer gefordert, so Sanitäter vor Ort. Bei einem weiterem Angriff auf ein Haus im Flüchtlingslager Al-Schati seien zehn Menschen getötet worden, darunter eine Schwester und weitere Verwandte des in Katar lebenden Hamas-Chefs Ismail Haniyeh, wie das medizinische Personal und Angehörige erklärten.

Die israelische Armee hat eigenen Angaben zufolge in der Nacht gezielt Palästinenser angegriffen, die an den Planungen des Massakers in Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen sein sollen. "Die Terroristen agierten innerhalb von Schulgeländen, die von der Hamas als Schutzschild für ihre terroristischen Aktivitäten verwendet wurden", erklärte das Militär.

Das höchste Gericht in Israel hat einstimmig entschieden, dass auch ultraorthodoxe Männer zum Wehrdienst in der israelischen Armee verpflichtet werden müssen. Das Urteil gilt als Rückschlag für die rechtsreligiöse Regierung von Premierminister Benjamin Netanyahu. Es gebe kein Gesetz, das die Ausnahme der Wehrpflicht für Ultraorthodoxe legitimiere, so das Gericht in seinem Urteil.

Israel will die Bemühungen für eine Lösung des Libanon-Konflikts in den nächsten Wochen verstärken. Das kündigte der Sicherheitsberater von Premier Benjamin Netanyahu in Jerusalem an. Vorzugsweise werde dies mit diplomatischen Mitteln gelingen, so Zachi Hanegbi.

Peacekeeper auf verlorenem Posten im libanesisch-israelischen Grenzgebiet: Baerbock dringt bei Nahost-Reise auf Deeskalation

Simon Riesche, ARD Kairo, tagesschau, 25.06.2024 12:00 Uhr
25.06.2024 • 09:37 Uhr

Israel greift Ziele in Nord-Gaza an

Israel hat nach eigenen Angaben in der Nacht zu Montag zwei Gebäude im Flüchtlingsviertel Al-Schati und in Daradsch Tuffah im nördlichen Gazastreifen beschossen, in denen sich Terroristen aufgehalten hätten. Es seien Luftüberwachungsmaßnahmen, präzise Munition und geheimdienstliche Mittel eingesetzt worden, um die Gefahr für Zivilisten zu minimieren, teilte die Armee mit. Laut palästinensischen Medien kamen allein bei dem Angriff in Al-Schati 13 Menschen ums Leben.

Der Chef des UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA hat die Lage im Gazastreifen als "Hölle" bezeichnet. "In den vergangenen neun Monaten haben wir ein beispielloses Versagen der Menschlichkeit erlebt", sagte Philippe Lazzarini. Mehr als zwei Millionen Menschen befänden sich "in einem Alptraum, aus dem sie nicht erwachen können". Das "katastrophale Ausmaß" des Hungers sei das Ergebnis menschlichen Handelns, sagte Lazzarini. "Kinder sterben an Unterernährung und Dehydrierung, während Lebensmittel und sauberes Wasser in Lastwagen warten." Zudem habe der Zusammenbruch der zivilen Ordnung zu "hemmungslosen Plünderungen" und Schmuggel geführt.

US-Außenminister Antony Blinken hat Israel bei einem Treffen mit dem israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant aufgefordert, eine weitere Eskalation im Libanon zu vermeiden und eine diplomatische Lösung zu erreichen, die israelischen und libanesischen Familien die Rückkehr in ihre Häuser ermöglicht. Das teilte US-Außenamtssprecher Matthew Miller nach dem Treffen mit.

Außenministerin Annalena Baerbock setzt mit einem Gespräch mit dem Ministerpräsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mohammed Mustafa, in Ramallah ihre zweitägigen Krisengespräche im Nahen Osten fort. Bei der Unterredung dürfte es auch um die Reformbemühungen der PA gehen. Die Autonomiebehörde könnte aus Sicht der Grünen-Politikerin in einer Nachkriegsordnung im Gazastreifen eine wichtige Rolle spielen.

Markus Sambale, ARD Berlin, zzt. Jerusalem, tagesschau, 25.06.2024 06:43 Uhr

Israel hat den Tod einer weiteren Geisel der Terrororganisation Hamas gemeldet. Der Soldat Mohammed Alatrasch sei bei dem Angriff am 7. Oktober getötet und anschließend in den Gazastreifen verschleppt worden, teilte das Forum der Geiselfamilien mit, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die Armee bestätigte den Tod des 39-Jährigen. Die Zahl der nach israelischen Angaben am 7. Oktober getöteten Menschen erhöhte sich mit dem Tod von Alatrasch auf 1.195. Mehr als 250 Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Einige von ihnen wurden inzwischen freigelassen, andere befreit. 116 Geiseln befinden sich nach Angaben Israels noch in der Gewalt der Hamas und weiterer Palästinensergruppen. 42 von ihnen sind vermutlich tot.

In Israel ist ein neues Video veröffentlicht worden, das die Geiselnahme dreier Männer beim Terrorangriff der militant-islamistischen Hamas am 7. Oktober zeigt. Es wurde von einer Gruppe in Umlauf gebracht, die die Familien israelischer Geiseln repräsentiert. Zuvor wurde es von der israelischen Armee freigegeben. Die Gruppe erklärte, sie hoffe, dass die Aufnahmen den Druck auf die israelische Regierung verstärkten, ein Waffenruhe-Abkommen mit der Hamas zu schließen, um die Geiseln zu befreien. In dem Video ist zu sehen, wie militante Palästinenser mit drei Männern in einem Pickup-Truck durch den Süden Israels in Richtung Gazastreifen rasen. Einer der Männer ist blutüberströmt, sein Unterarm verstümmelt. Es wird angenommen, dass sich alle drei Männer noch in der Gewalt der Hamas befinden.

Außenministerin Baerbock hat die Hamas aufgefordert, einen Plan zur Waffenruhe zu akzeptieren und vor einem "endlosen" Krieg gewarnt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 25. Juni 2024 um 09:00 Uhr.