Palästinenserpräsident Abbas empfängt den US-Sicherheitsberater Sullivan in Ramallah.
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Krieg in Nahost ++ Abbas fordert sofortigen Waffenstillstand ++

Stand: 15.12.2023 23:35 Uhr

Palästinenserpräsident Abbas hat im Gespräch mit dem US-Sicherheitsberater Sullivan einen sofortigen Waffenstillstand gefordert. Ein Kameramann von Al Jazeera ist im Gazastreifen getötet worden. Die Entwicklungen im Liveblog.

15.12.2023 • 23:35 Uhr

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Wir schließen den Nahost-Liveblog für heute und halten Sie über die aktuellen Entwicklungen auf tagesschau.de auf dem Laufenden.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat laut der Nachrichtenagentur AP angeordnet, dass der Flugzeugträger "USS Gerald R. Ford" und ein weiteres US-Kriegsschiff noch mehrere weitere Wochen im Mittelmeer bleiben. So solle eine Präsenz in der Nähe Israels aufrecht erhalten werden, während dessen Krieg mit der militant-islamistischen Hamas andauere, sagten Vertreter der US-Regierung, die anonym bleiben wollten.

Es wäre bereits das dritte Mal, dass der Einsatz der "Ford" verlängert wird, was die anhaltenden Sorgen über die zerbrechliche Lage in der Region im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg unterstreicht. Die USA verfügen derzeit über zwei Flugzeugträger in der Region, was in den vergangenen Jahren eine Seltenheit war.

Das Pentagon hat seine Militärpräsenz in der Region nach dem terroristischen Großangriff der Hamas auf Israel, der den Gaza-Krieg auslöste, hochgefahren.

Die US-Regierung hat den Tod von drei Geiseln durch israelische Soldaten als "herzzerreißend" und "tragisch bezeichnet. "Natürlich ist dies kein Ergebnis, das sich irgendjemand gewünscht hat", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. Er gehe davon aus, dass die Israelis sich den Vorfall genau ansehen würden, um herauszufinden, wie es dazu kommen konnte. Der Fall eigne sich aber nicht, um ein allgemeines Urteil darüber zu fällen, ob das israelische Militär in der Lage sei, im Gazastreifen präzise vorzugehen, sagte Kirby weiter.

Die US-Regierung hatte zuletzt nach Gesprächen mit der israelischen Führung die Erwartung geäußert, dass Israel von einem militärischen Vorgehen mit "hoher Intensität" im Gazastreifen zu "gezielteren" Militäroperationen übergehen werde. Einen Zeitraum dafür nannte Washington allerdings nicht.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat in einem Gespräch mit dem nationalen Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, einen sofortigen Waffenstillstand im Krieg zwischen Israel und der Hamas gefordert. Bei dem Treffen im Westjordanland habe der 88-Jährige sich zudem für verstärkte Hilfslieferungen in das Küstengebiet stark gemacht und erklärt, dass der Gazastreifen ein integraler Bestandteil eines palästinensischen Staats sei, teilte das Büro von Abbas mit. Auf mögliche Szenarien nach dem Krieg wurde in der Mitteilung nicht eingegangen.

Die von Abbas geführte Palästinensische Autonomiebehörde war im Jahr 2007 von der Hamas aus dem Gazastreifen vertrieben worden, ein Jahr nachdem Abbas' Fattah-Partei und die mit ihr rivalisierende Hamas sich nach Parlamentswahlen nicht auf eine Einheitsregierung hatten verständigen können.

Israelische Soldaten haben bei Kämpfen im Gazastreifen drei Geiseln versehentlich getötet. Die Streitkräfte hätten sie während eines Einsatzes in der Hamas-Hochburg Schedschaija im Norden des abgeriegelten Küstenstreifens fälschlicherweise als Bedrohung identifiziert und auf sie geschossen, teilte der Sprecher des israelischen Militärs, Daniel Hagari, mit.

Hagari sagt, es sei bisher unklar, wie die drei Geiseln in das Gebiet des Kampfgeschehens geraten konnten. Das Militär geht allerdings nach einer ersten Rekonstruktion der Ereignisse davon aus, dass sie entweder ihren Entführern entkommen oder absichtlich zurückgelassen worden seien. Kurz nach dem Zwischenfall sei bereits der Verdacht aufgekommen, es könne sich bei den Toten um Geiseln handeln, sagte Hagari. Die Leichen seien daraufhin zur genaueren Untersuchung auf israelisches Territorium gebracht worden.

"Dies ist für uns alle ein trauriger und schmerzhafter Vorfall, und die Armee trägt die Verantwortung für alles, was passiert ist", sagte Hagari weiter.

15.12.2023 • 20:22 Uhr

Al Jazeera-Kameramann getötet

Ein Kameramann von Al Jazeera ist im südlichen Gazastreifen getötet worden, wie ein Sprecher des arabischen Senders mitteilte. Der Kameramann Samer Abu Daqqa wurde zusammen mit einem Kollegen verletzt, als er über den Bombenanschlag auf eine Schule berichtete, so Al Jazeera in einer früheren Erklärung.

Rettungskräfte konnten Abu Daqqa nicht erreichen, um ihn zur Behandlung zu bringen. "Den Rettungskräften ist es gerade noch gelungen, den Kameramann Samer Abu Daqqa zu bergen", sagte der Sprecher. Nach Angaben von Al Jazeera wurden die Journalisten von einer Rakete getroffen, die von einer Drohne in der Stadt Khan Younis im südlichen Gazastreifen abgefeuert wurde.

Der Gazastreifen ist nach den Worten des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmud Abbas, ein "integraler Bestandteil des Staates Palästina". Eine Trennung oder jeder Versuch, einen Teil davon zu isolieren, sei inakzeptabel, sagte der 88-Jährige bei einem Treffen mit dem Nationalen Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, laut einer von seinem Amtssitz in Ramallah verbreiteten Mitteilung. Abbas forderte, die Zivilbevölkerung im Gazastreifen vor Leid und Verwüstung zu bewahren.

Jake Sullivan (links) und Mahmud Abbas bei einem Treffen in Ramallah, Westjordanland.

Jake Sullivan (links) und Mahmud Abbas bei ihrem Treffen im Westjordanland. Abbas forderte in dem Gespräch einen sofortigen Waffenstillstand.

Der Lufthansa-Konzern nimmt seine wegen des Krieges zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas ausgesetzten Flüge nach Israel nach dreimonatiger Unterbrechung wieder auf. Ab dem 8. Januar sollen in einer ersten Phase ab Frankfurt am Main zunächst vier Lufthansa-Flüge wöchentlich und ab München drei Flüge pro Woche nach Tel Aviv angeboten werden, erklärte die Lufthansa Group in Frankfurt am Main.

Weitere Flüge wird es mit den zum Konzern gehörenden Airlines Swiss und Austrian Airlines ab Zürich und Wien geben. Der Lufthansa-Konzern hatte wegen des Nahost-Krieges am 9. Oktober die planmäßigen Flüge von und nach Tel Aviv eingestellt.

Israelische Flugzeuge haben zum ersten Mal seit Ausbruch des Nahost-Kriegs auch Flugblätter mit Warnhinweisen für Zivilisten im Südlibanon abgeworfen. In den Flugblättern werden Zivilisten unter anderem davor gewarnt, Mitglieder der Hisbollah zu beherbergen. Weiter heißt es: "Die Hisbollah-Mitglieder in den zivilen Gebieten sind die eigentliche Gefahr und werden Ihnen Schaden zufügen." Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, die Blätter seien auf verschiedene Orte im Grenzgebiet zu Israel abgeworfen worden.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Öffnung des Kerem-Shalom-Übergangs zum Gazastreifen begrüßt, erklärte jedoch, es müsse noch einiges getan werden, um sicherzustellen, dass die dringend benötigten Krankenhäuser in der gesamten Enklave mit medizinischen Hilfsgütern versorgt werden.

Dr. Richard Peeperkorn, WHO-Vertreter im Gazastreifen, bezeichnete die Öffnung des Grenzübergangs als "gute Nachricht", sagte jedoch, dass es im Norden der Enklave Krankenhäuser gebe, die nur schwer zu erreichen seien und noch immer dringend medizinische Hilfsgüter benötigten.

"Wie können wir sicherstellen, dass diese (Hilfs-)Lastwagen überall in den Gazastreifen fahren können, nicht nur in den Süden, sondern auch in den Norden", sagte Peeperkorn.

Israel hat eigenen Angaben zufolge den Grenzübergang Kerem Schalom von Israel in den Gazastreifen für Hilfslieferungen geöffnet. Damit komme das Land der im Geisel-Deal vereinbarten Verpflichtung nach, täglich 200 Lastwagen mit Hilfsgütern in den dicht besiedelten Küstenstreifen fahren zu lassen, teilte das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit.

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober war der Grenzübergang geschlossen, Hilfe nur über den Übergang Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten möglich. Israelischen Angaben zufolge konnten diese Grenze nur 100 Lkw pro Tag passieren.

Karte Gazastreifen mit den von der israelischen Armee kontrollierten Gebieten

Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen. Schraffur: Israelische Armee

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich nicht auf eine gemeinsame Erklärung zum Nahostkonflikt einigen können. Wegen der Forderung einiger Ländern, sich kritischer gegenüber Israel zu positionieren, war eine Verständigung beim EU-Gipfel in Brüssel nicht möglich.

EU-Ratspräsident Charles Michel versuchte, die Differenzen zu relativieren: Manche Länder hätten sich für "humanitäre Pausen" im Gazastreifen ausgesprochen, andere für eine "humanitäre Waffenruhe". Grundsätzlich herrsche aber sehr große Einigkeit darin, dass sich Israel gegenüber der Hamas im Einklang mit dem Völkerrecht verteidigen dürfe, sagte Michel weiter.

"Es gibt dazu intensive Diskussionen innerhalb der Union", sagte Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer. "Aber das, was uns eint, ist ein klares Bekenntnis zu humanitärer Hilfe für die Menschen vor Ort."

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat an die arabischen Länder appelliert, die radikalislamische Hamas zum Niederlegen ihrer Waffen aufzufordern. Der Terror gegen Israel "geht von Seiten der Hamas tagtäglich weiter", sagte Baerbock bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem libanesischen Außenminister Abdallah Bou Habib in Berlin.

"Ich fordere daher auch von allen arabischen Ländern, dass sie den Terror der Hamas klar benennen." Zudem müssten die arabischen Länder "ihre Gesprächskanäle benutzen, um die Geiseln freizubekommen", fuhr Baerbock fort. "Und die arabischen Länder müssen Hamas klar auffordern, ihre Waffen niederzulegen, damit Israel nicht gezwungen ist, sich weiterhin so massiv selbst zu verteidigen." 

Die Ministerin wies darauf hin, dass Israel täglich aus drei Richtungen angegriffen werde: durch die Palästinenserorganisation Hamas, durch die Huthi-Rebellen im Jemen und durch die Hisbollah-Miliz im Libanon. "Die Lage an der Grenze zwischen Libanon und Israel ist ein brandgefährliches Pulverfass", sagte Baerbock. Sie verurteile die Gewalt der Hisbollah "aufs Schärfste".

Die Bundesregierung hat die humanitäre Hilfe für die palästinensischen Gebiete erneut aufgestockt. Es seien zusätzliche 24 Millionen Euro bereitgestellt worden, sagte Außenministerin Annalena Baerbock in Berlin. Damit steige die humanitäre Hilfe Deutschlands für die Palästinenser auf rund 203 Millionen Euro im laufenden Jahr. Wichtig sei, dass die Hilfe aber auch bei den Menschen ankomme, dafür müsse es "regelmäßige und verlässliche" humanitäre Feuerpausen geben.

"Das humanitäre Leid in Gaza muss endlich aufhören", sagt Baerbock bei einer Pressekonferenz mit dem libanesischen Außenminister Abdallah Bou Habib und fügt hinzu: "Israel muss die Zivilisten in Gaza besser schützen, seine militärische Strategie anpassen."

Israel wirft der Hamas vor, Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu stehlen. Es sei beschämend, dass die internationalen Hilfsorganisationen dies nicht verurteilten, hieß es aus dem Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.

Auch Augenzeugen berichteten, Mitglieder der Hamas hätten Hilfslieferungen von Lastwagen gestohlen und in ihren Autos mitgenommen, teilweise mit Waffengewalt. Seitdem Israel seit einigen Tagen die Hilfslieferungen auch am Grenzübergang Kerem Schalom überprüfe, habe das Land seine Kapazitäten mehr als verdoppelt.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas hat die USA aufgefordert, ihren Einfluss geltend zu machen und Israels Angriffe zu stoppen. "Die USA müssen eingreifen und Israel dazu zwingen, seine Aggression gegen unser Volk im Westjordanland, einschließlich des besetzten Jerusalems, zu beenden", sagte er zu US-Sicherheitsberater Jake Sullivan bei einem Treffen in Ramallah. Das meldet die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa.

Nach israelischen Schätzungen werden derzeit noch 112 aus Israel verschleppte Menschen im Gazastreifen festgehalten. Weiterhin gebe die Hamas die Leichen von 20 am 7. Oktober Entführten nicht heraus, teilte das Büro des Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu mit. Das Büro machte keine Angaben zur Identität der 20 Getöteten. Auch wurde nicht mitgeteilt, woher genau das Land wisse, welche Verschleppten tot sind.

Die Armee hatte zuvor aber sowohl freigelassene Geiseln als auch festgenommene Terroristen zum Verbleib der Menschen befragt. Israels Militär verteilte zudem Flugblätter im Gazastreifen, um im Austausch für Geld und Sicherheitsgarantien Hinweise zu den Geiseln zu bekommen. Zuletzt hatte das Militär die Zahl der noch im Gazastreifen verbliebenen Geiseln mit 135 angegeben, ohne zu differenzieren, ob die Menschen tot oder lebendig sind.

Außenministerin Annalena Baerbock hat die deutsche Politik mit Blick auf den Nahost-Krieg verteidigt. Verantwortung heiße aus ihrer Sicht nicht, einfach nur die eigene Haltung in die Welt hinauszuposaunen, sagte die Politikerin beim Gemeindetag des Zentralrats der Juden in Berlin. "Ich muss bereit sein, mich einmal in die Situation des anderen hineinzuversetzen, auch wenn ich sie absolut nicht teile, weil ich ansonsten nie verstehen werde, woher die Gedanken kommen."

Deswegen sei es ihr wichtig, dort hinzugehen, wo die heftigen Diskussionen geführt werden, nicht mit Israel, sondern über Israel - beispielsweise am Rande der Klimakonferenz in Dubai. "Ja, die Haltung, die ich dort gehört habe, die ist, um es diplomatisch zu sagen, mehr als herausfordernd gewesen", sagte Baerbock. "Aber diese Debatten und dort zu sein, war wichtig."

Der Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, hat eine langfristige Besetzung des Gazastreifens durch Israel als unangemessen zurückgewiesen. "Wir glauben nicht, dass es sinnvoll oder richtig für Israel ist, Gaza zu besetzen, Gaza langfristig wieder zu besetzen", sagte Sullivan vor Journalisten in Tel Aviv.

Letztendlich müsse die Kontrolle über den Gazastreifen, seine Verwaltung und die Sicherheit in dem Küstengebiet "an die Palästinenser übergehen", sagte Sullivan nach einem Treffen mit hochrangigen israelischen Vertretern. Die USA und Israel seien sich einig, dass der Krieg noch Monate andauern werde, fuhr Sullivan fort. Es gebe jedoch "intensive Diskussionen" über die künftigen Phasen des Konflikts und die Folgen.

Zwölf europäische Staaten sowie Australien, Kanada und die EU haben die israelische Regierung aufgerufen, mehr gegen die Gewalt von Siedlern im Westjordanland vorzugehen. "Die Zunahme der Gewalt von extremistischen Siedlern gegen Palästinenser ist inakzeptabel", teilte die britische Regierung mit. Seit Anfang Oktober hätten Siedler mehr als 340 Angriffe begangen, acht palästinensische Zivilisten getötet, mehr als 80 verletzt und rund 1.000 Palästinenser aus ihrem Zuhause vertrieben.

Israel müsse die palästinensische Zivilbevölkerung im Westjordanland schützen, heißt es in der Erklärung. Verantwortliche müssten vor Gericht gestellt werden. "Wir bekräftigen unsere Position, dass israelische Siedlungen im besetzten Westjordanland dem Völkerrecht nach illegal sind und erinnern Israel an seine völkerrechtlichen Verpflichtungen."

20.11.2023 06:00 Uhr

Die Bundesregierung hält ungeachtet der aktuellen Absage von Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu und Präsident Izchak Herzog an einer Zweistaatenlösung zwischen Israel und den Palästinensern fest. "Wir sind weiterhin der Überzeugung, dass die Zweistaatenlösung der beste, der einzig gangbare Weg ist, um zu einem dauerhaften Frieden und zu einer Lösung dieses Konflikts in der Region zu kommen", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann in Berlin. "Wir werden auch weiterhin daran arbeiten, dieses Projekt zu verfolgen und in diese Richtung das umzusetzen."

Eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union fordert einen Waffenstillstand im Gazastreifen. Trotzdem hielten sowohl der irische Ministerpräsident Leo Varadkar als auch die lettische Regierungschefin Evika Silina es für unwahrscheinlich, dass sich der EU-Gipfel in Brüssel auf die Forderung nach einem Ende der Kämpfe einigen kann.

Grund ist auch der Widerstand der Bundesregierung gegen den Aufruf zu einem sofortigen und generellen Waffenstillstand. Es gebe eine klare Mehrheit der EU-Staaten, die einen Waffenstillstand wollten, sagte der irische Ministerpräsident. "Das ist die Sichtweise der Bürger in Europa." Nur ein oder zwei der 27 EU-Staaten wollten dies nicht. Man könne Terroristen auch verfolgen ohne so massiv vorzugehen wie Israel dies tue, sagte er mit Blick auf das Vorgehen der israelischen Armee gegen die Hamas.

In Karlsruhe haben die Vorführungen der am Donnerstag festgenommenen mutmaßlichen Mitglieder der islamistischen Hamas begonnen. Wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte, werden zunächst die drei in Berlin festgenommenen Verdächtigen vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) angehört. Der im niederländischen Rotterdam festgenommene Mann kommt erst im Rahmen eines Auslieferungsverfahrens nach Deutschland.

Die oberste deutsche Anklagebehörde wirft den vier Männern vor, nach Waffen gesucht zu haben, die für mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa bereitgehalten werden sollten. Den Beschuldigten wird die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Sie sollen "über eine enge Anbindung an Führungskräfte" des militärischen Flügels der Hamas verfügt haben.

Die Aktivitäten der Männer stehen nach Informationen aus Sicherheitskreisen nicht in direktem Zusammenhang mit dem Überfall der Hamas in Israel am 7. Oktober. Vielmehr soll der erste Hinweis auf die vier Männer bereits aus dem vergangenen Sommer stammen.

Israels Militär hat nach eigenen Angaben die Leichen weiterer aus Israel in den Gazastreifen verschleppter Geiseln geborgen. Die toten Körper zweier Soldaten seien nach Israel zurückgebracht und dort identifiziert worden, teilte die Armee mit. Die Männer seien beim Massaker der islamistischen Hamas und anderer Gruppen aus Israel nach Gaza verschleppt worden.

Bei den getöteten Soldaten handelt es sich nach Angaben der Armee um zwei 19-Jährige. Zuvor hatte die Armee bereits die Leiche des 28-jährigen israelisch-französischen Elya Toledano geborgen. Die Familien der drei seien informiert worden, hieß es. Zur Todesursache machte die Armee keine Angaben.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Laut dem Nationalen Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, wird es eine neue Phase des Kriegs im Gazastreifen geben. Diese werde sich unter anderem auf die präzise Bekämpfung der Hamas-Führung konzentrieren. Zudem solle der Fokus auf Aktionen liegen, die auf nachrichtendienstlichen Erkenntnissen basieren, sagte Sullivan bei einer Pressekonferenz in Israel.

Einen Zeitpunkt für eine Änderung der Kriegsstrategie nannte er nicht. "Die Bedingungen und der Zeitpunkt dafür waren natürlich Gegenstand von Gesprächen, die ich mit Ministerpräsident Netanyahu, dem Kriegskabinett, Israels Militärführung und dem Verteidigungsminister geführt habe", sagte Sullivan.

Julio Segador, ARD Tel Aviv, zum Besuch des nationalen Sicherheitsberaters des US-Präsidenten im Westjordanland und zur aktuellen Lage in Nahost

tagesschau24, 15.12.2023 09:00 Uhr

Ein Containerfrachter der deutschen Reederei Hapag-Lloyd ist im Roten Meer beschossen worden. Die "Al Jasrah" sei bei dem Angriff in der Meerenge zwischen dem Jemen und Dschibuti beschädigt worden, Verletzte habe es nicht gegeben, sagte ein Sprecher der Hamburger Reederei.

Der Frachter war den Angaben zufolge aus dem griechischen Piräus durch den Suezkanal gefahren und befand sich auf Kurs Richtung Singapur. "Es gibt Sachschäden an Bord, die Crew ist unversehrt", sagte der Sprecher. Medienberichten zufolge gab es nach dem Beschuss ein Feuer an Bord. Das Schiff kann seine Fahrt aber offenbar fortsetzen.

Angriffe auf die Schifffahrt im Roten Meer hatten sich zuletzt gehäuft. Die Huthi-Rebellen im Jemen hatten angekündigt, aus Solidarität mit der ebenfalls vom Iran unterstützten Hamas Schiffe mit Verbindung zu Israel anzugreifen.

Die israelische Armee hat den Vorwurf eines mangelnden Schutzes von Zivilisten bei ihrer Offensive gegen die Terrororganisation Hamas im Gazastreifen zurückgewiesen. Das Militär gehe "langsam, besonnen und so präzise wie möglich" vor, sagte der israelische Armeesprecher Arye Sharuz Shalicar im ZDF-Morgenmagazin. Viele Hamas-Kämpfer hätten sich in zivilen Objekten oder in Tunneln darunter verschanzt.

Die israelische Armee gehe langsam vor, um Zivilisten und Geiseln nicht zu gefährden: "Wir hätten schneller sein können, doch schneller heißt nicht präzise", sagte der Armeesprecher. Solange Israel unter Beschuss stehe und Geiseln im Gazastreifen gehalten werden, habe Israel die Pflicht und das Recht sich zu verteidigen. Die israelische Armee habe humanitäre Korridore eingerichtet und warne Zivilisten im Gazastreifen vor Angriffen. Israel setze darauf, dass die Hamas durch militärischen Druck "in die Knie gezwungen wird, um dann zu Zugeständnissen zu kommen, um Geiseln wieder freizulassen".

US-Präsident Joe Biden hatte Israel am Donnerstag aufgefordert, mehr zum Schutz von Zivilisten im Gazastreifen zu tun. Seit Beginn der Gegenoffensive Israels im Gazastreifen als Reaktion auf den Terrorangriff der Hamas auf Israel wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums bislang mehr als 18.780 Menschen getötet.

Israels Militär hat nach eigenen Angaben die Leiche einer weiteren aus Israel in den Gazastreifen verschleppten Geisel geborgen. Die sterblichen Überreste des 28-jährigen israelisch-französischen Elya Toledano seien zurück nach Israel gebracht worden, teilte die Armee mit.

Toledano war am 7. Oktober von Hamas-Kämpfern verschleppt worden, als er mit seiner Freundin, der französischen Doppelstaatlerin Mia Shem, ein Musikfestival in der Negev-Wüste besuchte. Shem wurde Ende November während der Feuerpause zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas freigelassen. 

Der Sprecher des Weißen Hauses, John Kirby, erklärte gegenüber Reportern, warum sich der nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, nicht konkret über einen Zeitplan zur Reduzierung der Intensität von Kampfhandlungen im Gazastreifen geäußert hat. "Das Letzte, was wir tun wollen, ist, der Hamas zu zeigen, was ihr in den kommenden Wochen und Monaten bevorsteht", so Kirby.

Sullivan sagte dem israelischen Fernsehsender "Channel 12", er habe konstruktive Gespräche mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu über den Übergang Israels zu einer präziseren Phase der Kampfhandlungen geführt, wollte jedoch keine Einzelheiten nennen. Die "New York Times" berichtete am Donnerstag, dass die USA auf einen "Strategiewechsel" bis Ende des Jahres drängten.

Israels Armee tötet nach Angaben eines Sprechers Hamas-Terroristen in den Tunneln unter dem Gazastreifen nun gezielt mit Sprengstoff. "Wir haben neue Kampfmethoden, die wir einsetzen werden, um Terroristen zu töten", erklärte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari. Hamas-Terroristen und insbesondere ihre Anführer versteckten sich in ihren Tunneln im Untergrund. "Wir werden eindringen, Sprengstoff an Orten anbringen, von denen wir wissen, dass die Terroristen sie häufig aufsuchen, und auf den richtigen Moment warten, um sie unterirdisch zu töten", sagte Hagari.

Unterhalb des Gazastreifens erstreckt sich über viele Kilometer ein ganzes Netzwerk aus Tunneln, in denen sich laut Israel etliche Terroristen der islamistischen Hamas verstecken und dort auch Geiseln aus Israel festhalten. Um israelischen Bomben aus der Luft widerstehen zu können, reichen manche Tunnel Dutzende Meter unter die Erde. Viele Tunnel sind mit Sprengfallen versehen, um israelische Soldaten, die dort eindringen, zu töten.

Karte Gazastreifen mit den von der israelischen Armee kontrollierten Gebieten

Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen. Schraffur: Israelische Armee

Mit Einbruch der Dunkelheit hat der Beschuss durch israelische Panzer und Flugzeuge in den nördlichen Vierteln des Gazastreifens Bewohnern zufolge wieder zugenommen. Betroffen sind etwa Shejaia, Zeitoun und Daraj sowie Chan Yunis im Süden. Bei einem israelischen Luftangriff auf ein Haus in Chan Yunis sollen am frühen Freitagmorgen vier Menschen, darunter zwei Kinder, getötet und mehrere verwundet worden sein, teilte die palästinensische Gesundheitsbehörde mit.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der israelische Präsident Izchak Herzog hat sich gegen eine Zweistaatenlösung nach einem Ende des Krieges gegen die militant-islamistische Hamas ausgesprochen. Nun sei nicht die Zeit, über die Schaffung eines unabhängigen palästinensischen Staates zu sprechen, wenn der Schmerz durch den Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober in seinem Land noch frisch im Bewusstsein sei, erklärte Herzog in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. Es gebe ein "emotionales Kapitel", mit dem man sich auseinandersetzen müsse. "Meine Nation wurde beraubt. Meine Nation ist traumatisiert", sagte Herzog.

Der nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, wird sich in Ramallah mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas treffen. Nach Angaben von mehreren mit der Angelegenheit vertrauten Personen, will Sullivan mit Abbas über die "laufenden Bemühungen zur Erneuerung und Wiederbelebung" der Palästinensischen Autonomiebehörde und über die Eindämmung der "extremistischen Siedlergewalt" gegen Palästinenser im besetzten Westjordanland sprechen.

Im Gazastreifen ist die Telekommunikation erneut komplett ausgefallen. Israelische Siedler, die Gewalt gegen Palästinenser ausüben, sollen nicht mehr nach Großbritannien einreisen dürfen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 15. Dezember 2023 um 09:00 Uhr.