Kommentar zu Zöllen Trump zermürbt die EU
Die EU ist uneins, wie sie auf den Handels- und Nervenkrieg des US-Präsidenten reagieren soll. Vor allem Merkel und Macron haben keine gemeinsame Linie. Der lachende Dritte heißt deshalb: Trump.
Donald Trump gebührt der Aachener Karlspreis - denn Trump ist der einzige, der es schaffe die EU zu einen. Dieser matte Scherz geisterte vor einem Jahr durch die Chefetage der EU-Kommission. Trump macht alles schlecht, was der EU wichtig ist, vom Klimaabkommen bis zum Iran-Deal. Und schweißt damit als Anti-Europäer von außen die ansonsten heillos zerstrittene EU zusammen.
Trump lähmt die EU
Doch die Hoffnung der Kommission, der Antiheld im Weißen Haus werde der EU zu heldenhafter Stärke verhelfen, ist längst dahin. Und auch der Handels- und Nervenkrieg, den der US-Präsident seit Wochen gegen Brüssel führt, stärkt keineswegs den europäischen Zusammenhalt. Im Gegenteil: Trumps Amerika-First-Haltung lähmt die EU, weil sich die wenigen Europa-freundlichen Regierungschefs des Bündnisses in wichtigen Kernfragen uneins sind.
Allen voran Angela Merkel und der zukünftige Karlspreisträger Emanuel Macron, die zwar nach außen Harmonie simulieren, de facto aber noch nicht einmal den Hauch einer Ahnung haben, wie sie ihre Differenzen in Sachen Eurozone und Bankenunion beilegen sollen. Und das trotz unzähliger deutsch-französischer Arbeitsgruppen in Brüssel, Paris und Berlin. Ebenfalls unklar ist, wie sie auf Trump reagieren sollen, für den die EU ein ähnlich überflüssiger Albtraum ist wie die Welthandelsorganisation WTO.
Merkel bremst Macron
Macron versucht die EU nach außen zu repräsentieren, doch er steht damit allein auf weiter Bühne. Der französische Präsident kann nicht die Rolle des Trump-Dompteurs geben, weil Merkel seinen Zirkus nicht mitmacht. Zum Beispiel die französische Drohung, überhaupt nicht mit Washington zu verhandeln, solange Trump mit Zöllen droht.
Merkel und Wirtschaftsminister Peter Altmaier würden sofort die überflüssigen Industriezölle diesseits und jenseits des Atlantiks abschaffen. Aber das können sie nicht, weil das Verhandlungsmonopol in Handelsfragen die EU-Kommission hat. Die kann jedoch erst dann verhandeln, wenn Merkel und Macron, Altmaier und Bruno Le Maire sich einig sind. Doch Frankreich teilt nicht den pragmatischen deutschen Ansatz, überflüssige Zölle aus der transatlantischen Welt zu schaffen. Macron will auch über Klima- und Agrarpolitik verhandeln, was mit Trump nicht überaus erfolgversprechend ist.
Kleinkarierte Rache als Reaktion
Angesichts der deutsch-französischen Uneinigkeit in allen EU-Zukunftsfragen hat Trump gute Chancen, dass der EU auch bis zum 1. Juni nichts anderes einfällt als kleinkarierte Rache für die US-Zölle. Denkbar wären EU-Abgaben zum Beispiel auf die in Europa besonders beliebte Erdnussbutter.
Angesichts dieser EU-Unfähigkeit läuft es wie geschmiert derzeit für Trump. Er ist auf bestem Weg, sein selbstzerstörerisches America-First-Werk fortzusetzen, die Welthandelsordnung auszuhebeln und den 500 Millionen-Einwohnerkoloss EU als hilfloses Würstchen vorzuführen.
Dafür gebührt ihm eigentlich der Anti-Karlspreis - verliehen von Merkel und Macron.
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