Ein französischer Radpanzer des Typs AMX-10 RC wird bei einer Rüstungsmesse gezeigt (Sommer 2022).
Kommentar

Panzer für die Ukraine So wird es nichts mit "Putins Albtraum"

Stand: 05.01.2023 14:43 Uhr

Deutschland und Frankreich schaffen es nicht, sich bei Waffenlieferungen an die Ukraine abzustimmen. Dabei sei eine geeinte EU "Putins schlimmster Albtraum", schrieb Kanzler Scholz kürzlich. So wird das aber nichts.

Ein Kommentar von Kai Clement, ARD Berlin

Europa stehe geeint gegen die Aggression Russlands - mehr noch: Die Europäische Union sei stärker als je zuvor angesichts des russischen Angriffskrieges. Das schrieb der Bundeskanzler vor genau einem Monat in einem Artikel für das US-Magazin "Foreign Affairs". Das aber ist leider Makulatur. Dafür liefert die Ankündigung aus Frankreich, der Ukraine leichte Kampfpanzer geben zu wollen, das jüngste und schlagende Beispiel.

Es gelingt Europa und speziell Deutschland und Frankreich nicht, inmitten dieser gewaltigen Krise in der Schlüsselfrage von Waffenlieferungen gemeinsam vorzugehen.

Europa im Definitionsdickicht

Stattdessen wird mit AMX-10 RC ein neues militärisches Expertenkürzel wichtig, diesmal ein französisches. Ist das nun der "moderne Kampfpanzer westlicher Bauart", den Scholz auf keinen Fall allein und unabgestimmt mit den europäischen Partnern liefern will?

Der Élyséepalast spricht von einem "leichten Kampfpanzer". Es ist ein Radpanzer, kein Fahrzeug auf Ketten wie der Leopard 2. Er wird vor allem zur Aufklärung eingesetzt, aber mit schwerer Bewaffnung. Europa im Definitionsdickicht statt im Schulterschluss.

Eine weitere Chance verpasst

Wie viel Handlungsstärke Frankreich damit wirklich zeigt, wird zudem erst klar sein, wenn das Angebot mit einem Datum und Lieferumfang versehen ist. Deutschland hat inzwischen militärische Hilfe in Höhe von 2,3 Milliarden Euro zugesagt, Frankreich dagegen bislang erst in Höhe von 0,6 Milliarden. So hat es das Kieler Institut für Weltwirtschaft berechnet.

Jenseits von Zahlen und Definitionen aber ist klar: Deutschland und Frankreich haben eine weitere Chance verpasst, sich als europäischer Motor zu erweisen. Selbst die für Ende vergangenen Jahres geplanten deutsch-französischen Regierungskonsultationen ließ man platzen.

"Putins Albtraum" Wirklichkeit werden lassen

Es gäbe immer noch eine starke europäische Antwort auf Putins Wahnsinn. Der SPD-Außenexperte Michael Roth hat bereits vor Monaten darauf hingewiesen: eine gemeinsame Kampfpanzer-Lieferung mehrerer europäischer Staaten. Laut Roth verfügen 13 von ihnen über zusammen 2000 Leopard-2-Panzer. Das wäre dann kein deutscher Alleingang, bräuchte aber die Zustimmung aus Berlin, weil es sich um einen Panzer aus deutscher Produktion handelt.

"Putins schlimmster Albtraum" - so schrieb Olaf Scholz in demselben Magazin-Artikel - sei eine starke EU, die sich nicht spalten lässt. Eine EU, in der Deutschland und Frankreich noch enger zusammenarbeiten. Es wäre an der Zeit, diesen Albtraum Putins Wirklichkeit werden zu lassen.

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Kai Clement, Kai Clement, ARD Berlin, 05.01.2023 13:40 Uhr