Neuausrichtung der CDU Was soll das für eine Partei werden?
Die CDU ringt um Positionierung und Neuaufstellung. Dabei wirft nicht nur die heftig kritisierte Rede von Eisschnellläuferin Pechstein in Polizeiuniform die Frage auf: Welche Partei will die CDU sein?
"Brillant" - ein Wort das bleiben wird. Brillant hat Friedrich Merz die Rede von Claudia Pechstein auf dem kleinen CDU-Parteitag genannt. Eine Rede voller Vorurteile und Populismus. Rassistisch, homophob, urteilt die politische Konkurrenz. Und die CDU ist aufgewühlt. In der Partei geht es um Fragen der Rhetorik, der Tonalität, des Sprachgebrauchs. Wie viel Populismus darf es sein?
Gern ein bisschen mehr, wenn es nach Merz geht. Dass Claudia Pechstein gegen Flüchtlinge wettert, gegen Regenbogenfamilien. Merz gefällt das sichtbar. Und das passt. Es passt deshalb, weil Merz die CDU mit populistischem Getöse führen will, am liebsten direkt ins Kanzleramt.
Dass er mit dieser ausgrenzenden Art einen Großteil der politischen Mitte nicht erreicht, sondern am rechten Rand gräbt, scheint ihm egal zu sein, obwohl die Umfragen zeigen, dass kein Segen darauf liegt. Die AfD lacht sich ins Fäustchen. Aber das ist noch nicht alles. Statt die CDU zu einen und auf Kurs zu bringen, bringt Merz Konservative und Liberale gegeneinander auf.
Merz ist sich selbst der Nächste
Dass die Partei darüber diskutiert, wie sie sich aufstellen will, daran ist nichts auszusetzen. Im Gegenteil. Die Partei lebt wieder. Unter Angela Merkel war die CDU die christlich disziplinierte Union - Zank, Streit und Kontroverse gab es schlicht nicht. Dass jetzt um den besten Weg gerungen wird, ist so richtig wie wichtig. Aber wie? Dass Karin Prien für Maß und Mitte, für Respekt und Gelassenheit plädiert und Jens Spahn öffentlich dagegenhält und Kulturkämpfe auf Biegen und Brechen führen will, geschenkt.
Aber dass der Parteichef den eigenen Ministerpräsidenten attackiert, der einen gemäßigteren Weg gehen will als er und einen anderen Ton anschlägt, das ist dann schon bemerkenswert. Merz setzt Hendrik Wüst öffentlich herab. Unglaublich, aber es lässt auch tief blicken. Merz ist sich eben selbst der Nächste. Und ganz offenbar sieht er sein großes Ziel in Gefahr: die Kanzlerkandidatur.
Söder lauert
Merz hat schließlich die CDU übernommen, um Kanzler zu werden. Als Oppositionsführer in Rente? Nein, das wäre nicht Friedrich Merz. Es ist seine einzige und letzte Chance: jetzt oder nie. Und dann kommt der NRW-Ministerpräsident und hat ähnliche Ambitionen, die er auch noch öffentlich kundtut. Da teilt der CDU-Chef eben aus - gegen den eigenen Mann.
So läuft also diesmal der Kampf um die Kanzlerkandidatur in der CDU. Noch ist es ein Zweikampf, aber CSU-Chef Markus Söder lauert schon im bayerischen Hinterhalt. Das Jahr 2021 lässt schön grüßen und Armin Laschet lacht vermutlich leise. Nichts gelernt in der Union?
Bringen Kulturkämpfe Wahlerfolge?
Und dann der innerparteiliche Kulturkampf. Die CDU schreibt an einem neuen Programm, sucht eine spannende Erzählung, aber dann kommt Pechstein. Sie macht ungewollt sichtbar, wie es um die CDU steht. Merz und seine Getreuen applaudieren, wenn Pechstein behauptet, dass angeblich niemand mehr ohne Angst Bus fahren kann wegen der Flüchtlinge und Merz' Stellvertreterin, Karin Prien, möchte ganz offensichtlich vor Scham im Boden versinken.
Was für eine Partei soll das werden, diese CDU? Wenn sie meint, Kulturkämpfe ausfechten zu müssen, werden die Ergebnisse alles werden, aber nicht brillant.
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