
Katharina Dröge Angekommen in der ersten Reihe
Spätestens seit sie Unions-Fraktionschef Merz im Bundestag die Leviten gelesen hat, steht Grünen-Fraktionschefin Dröge im Mittelpunkt einer sich neu sortierenden Partei. Dabei steht sie gar nicht gern im Rampenlicht.
Wer Katharina Dröge nach ihrer größten Schwäche fragt, bekommt eine überraschende Antwort: Sie mag es nicht, im Mittelpunkt zu stehen. So gesehen müsste sie sich derzeit sehr unwohl fühlen. Aber so wirkt sie gar nicht, obwohl sie im Fokus der politischen Berichterstattung steht.
Dröge füllt seit ein paar Wochen ein Machtvakuum bei den Grünen. Sie ist es, die bei den Pressestatements als Erste spricht, wenn sich vier Grüne vor Mikrofone stellen, und sie ist es, die im Bundestag mit einer Rede alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Es ist die erste Lesung zu den Schuldenpaketen, die Union und SPD anstreben, und für die sie die Grünen brauchen, weil sie das Grundgesetz mit einer Zweidrittelmehrheit ändern wollen.
Die Rede ihres Lebens
Dröge hält die Rede ihres Lebens. "Ich hab gedacht, ich sag' jetzt einfach mal, was ist." Und sie sagt es mit Verve, wild und voller Wut. Dröge liest CDU-Chef Friedrich Merz die Leviten, wirft ihm Parteitaktik und Egoismus vor.
Die Rede habe sie frei gehalten, sagt sie. Zettel, die sie vorher geschrieben hat, blättert sie zwar um - aber das, was sie sagt, habe sie nicht aufgeschrieben. "Es kam aus tiefstem Herzen."

Nach ihrer Rede im Bundestag gratulierte Noch-Wirtschaftsminister Robert Habeck Katharina Dröge. Sie und Britta Haßelmann gingen in harte Verhandlungen mit Union und SPD.
Spätestens nach dieser Rede steht Dröge im Mittelpunkt. In den Verhandlungen, die darauf mit der SPD und der Union folgen, geht es zur Sache. Dröge trifft auf Merz, und politische Welten prallen aufeinander. Die 40-Jährige hat andere Vorstellungen als der 69-jährige Merz.
"Eine Frau mit 40 erwartet von einem Mann Augenhöhe und keine Ansagen", erklärt sie und auch, dass sie es besser verstehe als er, Menschen in Verhandlungen mitzunehmen und die Dinge zu Ende zu denken. So viel Selbstbewusstsein muss schon sein.
Und so droht Dröge mit dem Nein ihrer Fraktion und setzt in den weiteren Verhandlungen einiges durch. Klimaschutz vor allem, und dass die neuen Kredite nur für zusätzliche Investitionen genutzt werden und nicht für dieses und jenes.
Im Duo mit Britta Haßelmann
Hätte es dieses Ergebnis ohne Dröge nicht gegeben? "Dieses Ergebnis gäbe es genauso wenig ohne mich wie es das ohne Britta Haßelmann gäbe."
Auch das ist Dröge. Sie führt die Fraktion gemeinsam mit Haßelmann. Die beiden trennen eine Generation und ein Parteiflügel. Haßelmann ist die Erfahrene von beiden, deckt den Realo-Flügel ab. Sie ist Ratgeberin für Dröge. Meistens treten die beiden gemeinsam auf, zuletzt aber stand Dröge mehr im Vordergrund.
In Verhandlungen nutzen beide einen Vorteil: Sie wechseln manchmal ihre Rollen, um die Gegenseite zu überraschen. "Das funktioniert gut", sagt Dröge. "Weil wir uns vertrauen, können wir spielend wechseln."
Künftig in der Opposition
Mit den Grünen wechselt Dröge jetzt in die Opposition. Das Ergebnis bei der Bundestagswahl war ernüchternd. Dröge ist Schalke-Fan und von daher Kummer gewohnt. Würde sie selber Fußball spielen, dann im Mittelfeld - das Spiel leiten, organisieren, anderen die Torvorlagen geben, so sieht sie ihre Rolle.
In der Partei will sie im Team weiterarbeiten, auch wenn es sie schmerzt, nicht mehr zu regieren, sondern nur noch zu opponieren. "Meine Hebel sind jetzt: kritisieren, Öffentlichkeit schaffen, Probleme machen. Aber ich kann nicht am Verhandlungstisch sitzen und etwas in die richtige Richtung bewegen."
Ihre Partei aber kann sie in die richtige Richtung bewegen. Die Grünen brauchen einen neuen Kurs. Robert Habeck will keine Führungsrolle mehr, und Annalena Baerbock ist auf dem Weg in die Vereinten Nationen.
Wer soll folgen? Katharina Dröge setzt auf Teamplay, auf die beiden Parteivorsitzenden, die ganze Grünen-Spitze. Sie steht eben nicht gern im Mittelpunkt.