SPD-Fraktionschef Klingbeil und Unionskanzlerkandidat Merz im Bundestag
Player: videoBundestag beschließt Grundgesetzänderung für milliardenschweres Schuldenpaket

Regierungsbildung Wie es mit dem Schuldenpaket weitergeht

Stand: 18.03.2025 21:35 Uhr

Die Milliardenpläne von Union und SPD haben wichtige Hürden genommen, ganz durch ist das Ganze aber noch nicht. Und parallel muss ja auch noch eine Regierung gebildet werden. Wie es nun weitergeht.

Die Ausgangslage

Deutschland befindet sich in einer politischen Zwischenphase. Die neue Regierung hat sich noch nicht gefunden, die alte ist noch geschäftsführend im Amt. Der neue Bundestag ist gewählt, aber noch nicht konstituiert. Der bisherige Bundestag mit seinen 733 Abgeordneten ist weiterhin voll beschlussfähig. In einer Sondersitzung haben die Parlamentarier heute weitreichende und folgenschwere Grundgesetzänderungen auf den Weg gebracht. Basis dafür war eine Parteien-Koalition, die vor der Bundestagswahl unmöglich schien. Nun ist das Milliarden-Schuldenpaket vom Parlament beschlossen - ganz durch ist es aber noch nicht. Und dann muss ja auch noch eine Regierung gebildet werden.

Nach dem Bundestag ist vor dem Bundesrat

Die Länderkammer kommt am Freitag zusammen. Auch dort ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Dies wären 46 von 69 Stimmen. Die Addition der Stimmen von Landesregierungen mit Beteiligung von Union, SPD beziehungsweise Grünen ergibt 41 Stimmen - dies wären fünf zu wenig. 
Am Montag hat aber auch Bayern grünes Licht gegeben. Dort hatten die Freien Wähler als Koalitionspartner der CSU zunächst Vorbehalte geäußert. Bei Uneinigkeit hätte sich Bayern laut Koalitionsvertrag im Bundesrat enthalten müssen. Nun kommen mit Bayern nochmals sechs Stimmen hinzu, was für die Zweidrittelmehrheit reichen würde.

Alternativ kämen je zwei kleinere Länder infrage, in denen entweder FDP, BSW oder Linkspartei mitregieren. Diese Parteien lehnen das schuldenfinanzierte Finanzpaket aber ab: die FDP aus grundsätzlichen Gründen, BSW und Linkspartei wegen der damit verbundenen Aufrüstung.

Die Länder profitieren von dem Paket auch deutlich: Nicht nur bekommen sie 100 der 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaschutz. Sie dürfen dann künftig zusammen auch Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen - bisher gilt für die Länder eine Schuldengrenze von Null.

Zusammensetzung des Bundesrats

Könnte das Finanzpaket doch noch scheitern?

Die FDP versucht es zumindest bis zur letzten Minute. Deren Landtagsfraktionen in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg und Bremen kündigten Klagen vor den jeweiligen Landesverfassungsgerichtshöfen an. Sie wollen so im letzten Moment die Zustimmung ihrer Landesregierungen zur geplanten Änderung des Grundgesetzes im Bundesrat am Freitag verhindern. Die FDP-Landespolitiker argumentieren, dass Union und SPD im Bund über die Grundgesetzänderung die Schuldenbremse aufweichen wollten, ohne die Landesparlamente zu beteiligen. Aus Sicht der FDP sei das ein klarer Verstoß gegen die Verfassungsautonomie der Länder und gegen die föderale Ordnung.

FDP-Politiker hatten zuvor bereits mit Eilanträgen in Karlsruhe versucht, die Schuldenpläne zu stoppen - erfolglos.

Wenn der Bundesrat zugestimmt hat, was dann?

Dann können die Verhandler einer schwarz-roten Koalition aufatmen und auf Basis ihres Sondierungspapiers weiterverhandeln. Im Schatten der politischen Debatten rund um das Finanzpaket wird ja schon gesprochen und ausgelotet, was miteinander möglich ist. Nun haben die Verhandler zumindest keine großen Geldsorgen, sondern können aus den Vollen schöpfen. Massive Investitionen in Bundeswehr, Zivilschutz, aber auch in Brücken, Schulen, Krankenhäuser, Kitas sind möglich - und gewollt. "Das Land auf Vordermann bringen", ist ein Satz, der in diesen Tagen immer wieder zu hören ist. Wäre das kreditfinanzierte Milliardenpaket an den parlamentarischen Mehrheiten gescheitert, hätte den Verhandlern die finanzielle Grundlage gefehlt für viele ihrer Vorhaben.

Kommt jetzt die Verschuldungsorgie?

Kommt darauf an, wen man fragt. Auf jeden Fall hätte Deutschland mit der gelockerten Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und dem Sondervermögen für Investitionen in die Infrastruktur zumindest die Möglichkeit, massiv neue Schulden zu machen. Die Grünen dürften sehr genau darauf achten, dass die Milliarden nicht für Wahlgeschenke von Union und SPD ausgegeben werden. Auch bei der Union hat so mancher Bauchschmerzen angesichts neuer Schuldenberge und dürfte wohl etwas wehmütig an Wolfgang Schäuble und seine Schwarze Null zurückdenken. Aber damals waren die Zeiten auch noch andere. Gleichwohl hat CDU-Chef und vermutlich Bald-Kanzler Friedrich Merz schon klargemacht, dass gespart werden muss. Dies wohl auch in Richtung seines vermutlich Bald-Juniorpartners SPD.

Was steht nächste Woche an?

In der nächsten Woche - am 25. März - konstituiert sich der Bundestag. Damit nähert sich die politische Zwischenphase Deutschlands zumindest teilweise dem Ende. Im neuen Parlament gibt es ganz neue Mehrheiten verteilt auf 630 Mandate. Die FDP ist gar nicht mehr dabei, die AfD stellt nach der Union die zweitgrößte Fraktion. Deutlich kleiner ist die SPD-Fraktion, die Linke wächst von einer Gruppe wieder auf Fraktionsstärke.

Und wann hat Deutschland eine neue Regierung?

Das hängt davon ab, wie schnell die potenziellen Koalitionspartner einen fertigen Vertrag ausverhandelt haben. Alle Beteiligten wollen, dass es schnell geht - schon wegen der geopolitischen Lage. Eine lange Hängepartie will niemand. CDU-Chef Merz will sich bis Ostern zum Kanzler wählen lassen, das wäre etwas mehr als 50 Tage nach der Wahl. Zum Vergleich: Bei der Koalitionsbildung 2021 vergingen 73 Tage zwischen Wahl und Vereidigung, 2017 waren es sogar 171 Tage.

Wer hat beim Koalitionsvertrag das letzte Wort?

Bei CDU und CSU dürfte es schnell gehen: Bei der CDU entscheidet ein kleiner Parteitag über den Vertrag, bei der CSU reicht ein Vorstandsbeschluss.

Die SPD will sich für den Koalitionsvertrag die Zustimmung der Basis geben lassen, per Mitgliederbefragung. Teilnehmen können alle SPD-Mitglieder, die bis Sonntag, 23. März, um 8 Uhr in die Partei eingetreten sind. Die Abstimmung soll rein digital erfolgen, die Mitglieder würden aber vorher per Post angeschrieben. Gültig ist das Votum nur, wenn sich 20 Prozent der Mitglieder beteiligen. Das ganze Verfahren soll etwa zehn Tage von der Einigung auf einen Vertrag bis zur Verkündung des Ergebnisses dauern. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 18. März 2025 um 22:20 Uhr.