Wolken ziehen über dem Dom in Köln hinweg.
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Parteispenden Korruptionsverdacht bei Kölner CDU

Stand: 10.10.2023 18:04 Uhr

Eine Parteispende an die CDU Köln im Jahr 2017 könnte nach Recherchen des ARD-Politikmagazins Kontraste und "Zeit online" illegal gewesen sein. Die CDU hat deshalb Selbstanzeige bei der Bundestagsverwaltung erstattet.

Von Andrea Becker, Daniel Laufer und Lisa Wandt, rbb

Die CDU-Bundesgeschäftsstelle hat nach Recherchen des ARD-Politikmagazins Kontraste und von "Zeit online " am 28. September eine Selbstanzeige bei der Bundestagsverwaltung wegen einer mutmaßlich unzulässigen Parteispende über 50.000 Euro aus dem Jahr 2017 erstattet.

Bei der Spende handelt es sich nach Kontraste- und "Zeit"-Informationen um eine Zuwendung des inzwischen insolventen Düsseldorfer Immobilienentwicklers Gerchgroup AG. Vor der Selbstanzeige hatten sich Kölner CDU-Funktionäre nach Kontraste- und "Zeit"- Informationen mit hochrangigen CDU-Politikern aus Bund und Land beraten; am Ende habe man sich dann zur Selbstanzeige entschlossen.

Immobilienentwickler spendete 50.000 Euro an Kölner CDU

Die Spende der Gerchgroup AG an den Kreisverband der CDU Köln soll nach Kontraste- und "Zeit"- Informationen im August 2017 erfolgt sein. Zu dieser Zeit war öffentlich bekannt geworden, dass das Unternehmen das "Laurenz Carré", ein Areal in der Kölner Innenstadt, von einem privaten Investor übernimmt. Die Firma wollte nach Presseberichten auf dem Gelände für rund 250 Millionen Euro Büros, Hotels und Gewerbeflächen bauen.

Strittig zwischen der Gerchgroup AG und der Stadt Köln war die Frage, ob auf den unmittelbar neben dem Kölner Dom gelegenen Grundstücken auch öffentlich geförderter Wohnraum entstehen muss - dieser ist für Immobilienentwickler vergleichsweise weniger lukrativ.

Im September 2017, also offenbar kurz nach der Firmen-Spende an die CDU, beschloss der Stadtentwicklungsausschuss der Stadt Köln auf Antrag der SPD-Fraktion, auf dem Laurenz-Carré 30 Prozent geförderten Wohnraum auszuweisen. Die CDU und die FDP stimmten in dem Ausschuss dagegen.

Ob es jedoch überhaupt einen Zusammenhang zwischen dem Projekt Laurenz-Carré der Gerchgroup AG und ihrer Parteispende aus dem Jahr 2017 an die Kölner CDU gibt, ist momentan unklar. Klar ist aber, dass die Spende innerhalb der CDU als so problematisch angesehen wird, dass es zur Selbstanzeige kam.

Bundestagsverwaltung muss nun 50.000-Euro-Spende prüfen

Besonders brisant: Der Kreisverband Köln hat die Spende als möglichen Verstoß gegen Paragraph 25 Absatz 2 Nummer 7 des Parteiengesetzes dem CDU-Landesverband gemeldet, wie dieser auf "Zeit"- und Kontraste-Anfrage heute mitteilte. Nach dieser Regelung sind sogenannte "Erwartungsspenden", die einer Partei "erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden", verboten.

Derzeit ist aber unklar, ob der etwaige Verstoß gegen die gesetzliche Regelung den Verantwortlichen damals hätte auffallen müssen; dies muss nun die Bundestagsverwaltung prüfen.

Gerchgroup und ehemalige CDU-Funktionäre beteuern Rechtmäßigkeit

Auf Kontraste- und "Zeit"-Anfrage, ob es eine politische Gegenleistung für die Spende gegeben hat oder eine solche erwartet wurde, teilte ein Anwalt des ehemaligen CDU-Kreisvorsitzenden Bernd Petelkau und des ehemaligen Kölner CDU-Schatzmeisters Ralph Elster mit, dass die Spende von allen zuständigen Gremien ordnungsgemäß durchgeführt worden sei; seinen Mandaten sei kein Fehlverhalten vorzuwerfen. Selbstverständlich habe es keine Gegenleistungen aus der Sicht seiner Mandanten gegeben.

Auch die Gerchgroup AG teilte auf Anfrage mit, es seien mit der Spende keine Gegenleistungen verbunden gewesen oder erwartet worden. Das Unternehmen unterstütze regelmäßig Parteien auf der regionalen und kommunalen Ebene. Von der Selbstanzeige der CDU habe man bislang keine Kenntnis gehabt.

Bis zu 100.000 Euro Strafzahlung möglich

Sollte die Parteispende tatsächlich illegal gewesen sein, so droht der Kölner CDU nicht nur die Rückzahlung des Betrags an die Bundestagsverwaltung, sondern auch noch eine Strafzahlung in Höhe des doppelten Betrags der Spende, so dass die Partei im für sie schlimmsten Fall bis zu 150.000 Euro an die Bundestagsverwaltung zahlen müsste.

Aus der Parteizentrale, dem Konrad-Adenauer-Haus in Berlin, ist der Kölner CDU nach Kontraste- und "Zeit"-Informationen dringend geraten worden, schon einmal 50.000 Euro beim Deutschen Bundestag zu hinterlegen.

Kölner CDU in Finanznot

Der mögliche Spendenskandal trifft die Kölner CDU, die einen der größten Kreisverbände in Nordrhein-Westfalen stellt, in einer finanziell höchst angespannten Lage. Der Kreisverband hat Verbindlichkeiten in sechsstelliger Höhe. Bereits im November 2021 erhielt die Kölner CDU ein Darlehen über 100.000 Euro aus dem Kreisverband Borken unter dem Vorsitz von Jens Spahn. Das Darlehen ist am 30. November zur Rückzahlung fällig, wie der Kreisverband Borken Kontraste mitteilte.

Wäre die CDU Köln dazu nicht in der Lage, würde der Landesverband Nordrhein-Westfalen die Rückzahlung sicherstellen, heißt es aus Borken. Laut einem Sprecher des Landesverbandes würden dann "die übergeordneten Verbände durch geeignete Maßnahmen eingreifen".

Die Gerchgroup AG ging in diesem Sommer in die Insolvenz. Die Insolvenz ist offenbar direkt mit dem Laurenz-Carré verbunden: Im Dezember 2021 wollte ein Immobilienfinanzierer das Projekt erwerben - eine erste Rate in Höhe von 130 Millionen Euro sei jedoch nicht bezahlt worden. Der Verkauf platzte dann im März dieses Jahres, so berichtete es das "Handelsblatt".

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete der WDR in der Sendung "Lokalzeit in Köln" am 11. Oktober 2023 um 19:30 Uhr.