Ukraine-Konferenz in Berlin "Massive Investitionen für Wiederaufbau nötig"
Bei der Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Berlin hat Kanzler Scholz für mehr Luftverteidigung geworben. Laut Präsident Selenskyj braucht das Land mindestens sieben Patriot-Abwehrsysteme. Ministerin Schulze sagte umfassende Unterstützung zu.
In seiner Eröffnungsrede bei der Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine hat Bundeskanzler Olaf Scholz vor allem für die Unterstützung der ukrainischen Luftverteidigung geworben. "Der beste Wiederaufbau ist der, der gar nicht stattfinden muss", sagte Scholz in Berlin. Angesichts der anhaltenden russischen Luftangriffe bitte er darum, die von Deutschland gestartete Initiative zur Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung zu unterstützen.
Die Ukraine braucht nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj mindestens sieben "Patriot"-Luftabwehrsysteme, um das Land gegen russische Angriffe zu verteidigen. "Luftverteidigung ist die Antwort auf alles", sagte er in Berlin auf der Konferenz. Er dankte vor allem Deutschland dafür, dass es drei "Patriot"-Systeme zur Verfügung stellt. Russland ziele vor allem auf die Energieversorgung der Ukraine.
Von der Leyen kündigt Milliardenhilfen an
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte der Ukraine kurzfristig Milliardenhilfen der Europäischen Union zu. In Kürze würden 1,9 Milliarden Euro für die Ukraine freigegeben, kündigte sie an. Außerdem will die EU im Juli etwa 1,5 Milliarden Euro aus den Zinserträgen für die Ukraine nutzen, die aus eingefrorenen russischen Guthaben im Westen anfallen.
Die Kommissionspräsidentin ging auch auf die Bitte Selenskyjs um Hilfe bei der Energieversorgung ein: Die EU habe fast 500 Millionen Euro für dringende Reparaturen mobilisiert. Zudem stelle die EU 1.000 zusätzliche Generatoren für die Stromgewinnung zur Verfügung und liefere der Ukraine in Kürze Tausende Solarzellen. "Das Ziel ist dabei, die Energieversorgung zu dezentralisieren und damit die Resilienz des ukrainischen Energienetzes zu erhöhen", sagte sie.
Scholz: Zukunft der Ukraine liegt in EU
Mitten im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geht es bei der Konferenz in Berlin vor allem um den Wiederaufbau des Landes: Um die Frage, wie kurzfristig Kriegsschäden beseitigt werden können und auch darum, wie es langfristig mit der Ukraine weitergeht. Scholz sagte, die Zukunft der Ukraine liege in der EU. "Wenn wir über den Wiederaufbau der Ukraine sprechen, dann sprechen wir über den Wiederaufbau eines zukünftigen Mitgliedsstaates der EU".
Die wirtschaftliche und soziale Stärkung der Ukraine werde einen langen Atem erfordern, sagte Scholz. "Der Wiederaufbau und die Modernisierung des Landes werden massive Investitionen nötig machen." Die von Russland in der Ukraine bereits angerichteten Schäden werden von der Weltbank auf mindestens 486 Milliarden Dollar (rund 446 Milliarden Euro) geschätzt.
Mehr Handel mit der Ukraine als vor dem Krieg
Die Ukraine benötigt nach den Worten von Ministerpräsident Denys Schmyhal jährliche Investitionen in Höhe von zehn bis 30 Milliarden Dollar in den kommenden zehn Jahren, um die Wirtschaft wieder aufzubauen. Eine verbesserte Logistik und der Zugang zu ausländischen Märkten seien entscheidend, um das Wirtschaftswachstum zu fördern.
Angesichts dieser Dimensionen müsse auch "privates Kapital hinzukommen", sagte Scholz. Unternehmen müsse vermittelt werden, dass sich Investitionen in der Ukraine lohnen. Potenzial sehe er etwa bei erneuerbaren Energien und Wasserstoff, aber auch bei Digitalisierung und IT, Rüstung, Gesundheitstechnologie und Pharma. Trotz des Kriegs habe es "keinen Abfluss deutscher Investitionen" gegeben, hob Scholz hervor. "Unser Handelsvolumen ist im Vergleich zur Vorkriegszeit deutlich gestiegen."
Hunderttausende ohne Strom
Bei der Konferenz kommen nicht nur Politiker zusammen, sondern auch Unternehmen und Organisationen, die das Leben in der Ukraine unterstützen. Dies sei wichtig, "damit eines Tages die Ukraine nicht nur frei ist, nachdem sie diesen Krieg gewonnen hat, sondern wieder auf wirtschaftlich eigenen Füßen stehe kann", sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock.
Sie verwies auf die Härte der russischen Kriegsführung. "Putin möchte mit seinem brutalen Krieg die Lebensadern der Ukraine zerstören", sagte Baerbock. Russland bombardiert seit Wochen nahezu ohne Unterlass das ukrainische Netz zur Energieversorgung. Hunderttausende Menschen sind ohne Strom. Auch andere Bereiche wie Trinkwasserversorgung, Krankenhäuser und Schulen werden immer wieder Ziel von Zerstörungen.
Schulze sagt umfassende Unterstützung zu
Entwicklungsministerin Svenja Schulze sagte der Ukraine schon vor Beginn der Wiederaufbaukonferenz umfassende Unterstützung auch im nicht-militärischen Bereich zu. "Auch im Krieg geht es um Wiederaufbau", sagte sie. "Die Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf, sie brauchen Strom, eine Gesundheitsversorgung, die Kinder müssen zur Schule gehen."
Um konkrete Finanzzusagen geht es bei der Konferenz aber nicht. Bei dem Treffen mit rund 2.000 Teilnehmern aus über 60 Ländern geht es darum, dass sich internationale Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vernetzen. Ziel ist es, Initiativen zur Unternehmensförderung oder Fachkräfteausbildung auf den Weg zu bringen.