Auschwitz-Befreiung 1945 Gedenken an den "Zenit alles Bösen"
Vor 75 Jahren befreiten sowjetische Soldaten das NS-Vernichtungslager Auschwitz. Inzwischen können nur noch wenige Menschen aus erster Hand vom dortigen Grauen berichten. Drei von ihnen traf Bundespräsident Steinmeier.
Peter Johann Gardosch, Hermann Höllenreiner und Pavel Taussig haben das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz überlebt. Am 75. Jahrestag der Befreiung wurden sie zunächst von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfangen, bevor alle gemeinsam zur zentralen Gedenkveranstaltung nach Auschwitz reisen.
Gardosch, Höllenreiner und Taussig waren zu unterschiedlichen Zeiten in Auschwitz inhaftiert. Höllenreiner und Taussig kamen in das "Zigeunerlager". Taussig verließ das Lager in Auschwitz Mitte Januar 1945 auf einem der Todesmärsche und erlebte die Befreiung erst Anfang Mai im KZ Gunskirchen. Höllenreiner wurde nach Auschwitz noch in die Konzentrationslager Ravensbrück und Sachsenhausen deportiert.
Die letzten Zeitzeugen
Nach Angaben der Gedenkstätte werden insgesamt etwa 200 Holocaust-Überlebende erwartet. Zudem sind Vertreter aus fast 50 Staaten angekündigt. Auch Israels Präsident Reuven Rivlin will nach Auschwitz reisen. Sprechen werden dort der polnische Präsident Andrzej Duda, der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, und Gedenkstättendirektor Piotr Cywinski.
Im Vernichtungslager Auschwitz wurden mehr als eine Million Menschen getötet.
Kampf gegen Hass im Netz
Lauder forderte im Vorfeld von Deutschland, die Anstrengungen gegen rassistische und antisemitische Hetze im Internet zu verstärken. "Deutschland muss deutlich mehr tun, um Menschen aufzuklären", sagte Lauder der "Bild". Den größten Nachholbedarf gebe es im Kampf gegen Hass und Rassismus im Internet.
Auschwitz sei "das Symbol für den Holocaust. Eine Million Menschen wurden hier ermordet, weil sie Juden waren", machte der Präsident des Jüdischen Weltkongresses deutlich. "Auschwitz war der teuflische Zenit alles Bösen, zu dem Antisemitismus führen kann. Dagegen müssen wir unsere Stimme erheben. Denn Rassismus und Judenhass sind nicht ausgerottet. Im Gegenteil: Sie wachsen weiter, weltweit!"
"Nicht wegschauen"
Ähnlich äußerte sich Kulturstaatsministerin Monika Grütters. "Deutschland darf nie wieder ein Land sein, in dem Hass und Hetze gegen Minderheiten auf eine schweigende Mehrheit stoßen", mahnte die CDU-Politikerin. "Wir dürfen auch heute nicht wegschauen, wenn Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzung um sich greifen."
"Authentische Orte halten die Erinnerung an das Unfassbare wach", unterstrich Grütters. Die steigenden Besucherzahlen in vielen NS-Gedenkstätten und Dokumentationszentren zeigten das große Interesse gerade von Schulen an dem Bildungsangebot. Es ermögliche, sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen und Bezüge zur eigenen Lebenswelt herzustellen.
Auch Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hält Gedenktage wie den 27. Januar für besonders wichtig. "Denn dann kommt das Thema Schoah und Vernichtung der Juden auf die Tagesordnung und wird damit auch noch einmal deutlich vor Augen geführt", sagte er im Bericht aus Berlin.
Symbol für den Holocaust
Am 27. Januar 1945 - heute vor 75 Jahren - erreichten sowjetische Soldaten das Vernichtungslager Auschwitz. Allein dort wurden mehr als eine Million Männer, Frauen und Kinder in Gaskammern getötet, erschossen oder durch Zwangsarbeit und Hunger in den Tod getrieben. Die meisten der Opfer waren Juden. Auch 80.000 nicht-jüdische Polen, 25.000 Sinti und Roma sowie 20.000 sowjetische Soldaten wurden in dem Lager getötet.
Der Bau des Lagerkomplexes begann 1940 im südpolnischen Oswiecim. Der rund 60 Kilometer westlich von Krakau gelegene Ort war während des Zweiten Weltkriegs von den Deutschen besetzt und in Auschwitz umbenannt worden. In den folgenden Jahren wurde das Areal ausgebaut und bestand schließlich aus dem Stammlager Auschwitz I, dem Vernichtungslager Auschwitz II-Birkenau, dem Arbeitslager Auschwitz III-Monowitz sowie rund 40 Nebenlagern.
Der Lagerkomplex, über dessen Eingangstor der zynische Spruch "Arbeit macht frei" angebracht wurde, nahm eine zentrale Rolle in der von den Nazis vorangetriebenen "Endlösung der Judenfrage" ein.