Schröder in der "New York Times" Zu Putin kein kritisches Wort
Rückt Altkanzler Schröder nach seiner gescheiterten Vermittlung in Moskau und nicht endender Kritik an seiner Lobbytätigkeit von seiner Moskau-freundlichen Haltung ab? Eher nicht - wie jetzt in einem Interview mit der "New York Times" deutlich wurde.
Altkanzler Gerhard Schröder hat der "New York Times" ein bemerkenswertes Interview gegeben - bemerkenswert, weil es der frühere Kanzler und heutige Lobbyist für russische Unternehmen einmal mehr ablehnt, mit seinem Duzfreund Wladimir Putin zu brechen. Eher im Gegenteil: "Sie können ein Land wie Russland langfristig nicht isolieren, weder politisch noch wirtschaftlich", so Schröder.
Auch glaubt der Altkanzler nicht, dass Putin die Verantwortung trägt für die immer offenbarer werdenden russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine. Zwar müssten die Verbrechen, etwa der mutmaßliche Mord an Zivilisten in Butscha, untersucht werden. Aber er glaube nicht, dass der Befehl dazu von Putin gekommen sei, zitierte die Zeitung Schröder. Vielmehr seien "niedrigere Stellen" verantwortlich.
"Habe immer deutsche Interessen vertreten"
Schröder, der im März erfolglos versucht hatte, in Moskau zu vermitteln, wollte einen weiteren Anlauf nicht ausschließen. Sollte es nötig sein, werde er noch einmal seinen guten Draht zu Putin nutzen, so der Altkanzer: "Ich habe immer deutsche Interessen vertreten. Ich tue, was ich kann. Wenigstens eine Seite vertraut mir."
Putin sei definitiv "daran interessiert, den Krieg zu beenden", sagte Schröder mit Blick auf seinen fehlgeschlagenen Vermittlungsversuch. "Aber das ist nicht so leicht. Da gibt es ein paar Punkte, die geklärt werden müssen", sagte Schröder - ohne allerdings auszuführen, um welche Punkte es sich dabei handelt.
Schröder bekräftigte einmal mehr, er werde seine - auch in seiner eigenen SPD - scharf kritisierte Tätigkeit für russische Energiekonzerne nicht aufgeben. Ein Rücktritt von seinen Ämtern komme für ihn nur dann in Frage, sollte Putin tatsächlich Deutschland und der Europäischen Union den Gashahn abdrehen. Er glaube aber nicht, dass es dazu kommen werde, so Schröder.
Der Altkanzler ist Aufsichtsratschef beim russischen Ölkonzern Rosneft und war zuletzt auch für die Pipeline-Gesellschaften Nord Stream und Nord Stream 2 tätig. In der SPD läuft deswegen inzwischen ein Parteiausschlussverfahren gegen Schröder.
Interview kommt für SPD zur Unzeit
Der ohnehin unter Druck stehenden SPD dürften die Einlassungen ihres Altkanzlers nicht gefallen. Denn die Partei ist seit Wochen wegen ihrer russlandfreundlichen Politik der vergangenen Jahrzehnte in der Defensive. Hinzu kommt, dass Schröders Nachfolger Olaf Scholz nach wie vor zumindest direkt keine schweren Waffen an die Ukraine liefern will - zum Unmut der Koalitionspartner FDP und Grünen.
Damit nicht genug: Im Juni findet die Hauptversammlung des russischen Energieriesen Gazprom statt - dann soll Schröder auch dort in den Aufsichtsrat gewählt werden. Wenn er denn die Nominierung annimmt. Im Gespräch mit der "New York Times" ließ der Altkanzler offen, ob er für den Posten antritt oder nicht - und machte zugleich klar, dass er keinerlei Probleme in seinen engen Beziehungen zum Kreml sieht: "Ich mache jetzt nicht einen auf mea culpa. Das ist nicht mein Ding."