Regierungserklärung vor EU-Gipfel "Wir stehen fest an der Seite der Ukraine"
In seiner Regierungserklärung vor dem EU-Gipfel kommende Woche hat Kanzler Scholz der Ukraine erneut Solidarität und umfassende Hilfe zugesagt. Deutschland werde das Land unterstützen - "so lange wie nötig".
Bundeskanzler Olaf Scholz hat der von Russland angegriffenen Ukraine erneut zeitlich uneingeschränkte Hilfen zugesagt. Deutschland werde die Ukraine unterstützen, "so lange wie nötig", sagte Scholz in einer Regierungserklärung im Bundestag vor dem anstehendem EU-Gipfel. "Wir stehen fest an der Seite der Ukraine."
Scholz verwies darauf, dass sich die zivile und militärische Hilfe Deutschlands inzwischen auf 16,8 Milliarden Euro summiere. Deutschland werde sich bei den Waffenlieferungen weiterhin auf gepanzerte Gefechtsfahrzeuge, Flugabwehrsysteme, Artillerie und die nötige Munition konzentrieren. Damit liefere Deutschland genau das, was die Ukraine bei der laufenden Offensive zur Befreiung ihrer Gebiete am dringendsten benötige.
Zugleich sei die Bundesregierung entschlossen, Deutschland und Europa zu verteidigen. "Wir tun alles, was notwendig ist, um die Sicherheit unseres Landes gegen jede Bedrohung zu schützen", betonte der SPD-Politiker.
NATO-Beitritt nicht vor Ende des Krieges
Mit Blick auf den NATO-Gipfel im Juli in Litauen bekräftigte der Kanzler, dass ein Beitritt der Ukraine zu dem Bündnis vor einem Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht in Frage kommt. Das habe auch die ukrainische Regierung selbst festgestellt, sagte Scholz. "Deshalb werbe ich dafür, dass wir uns in Vilnius auf das konzentrieren, was jetzt absolute Priorität hat: Nämlich die tatsächliche Kampfkraft der Ukraine zu stärken."
Die NATO arbeite dafür parallel mit der EU und der G7-Gruppe an "wirkungsvollen und langfristigen Sicherheitszusagen". Die Verbündeten verfolgten dabei zwei Ziele, sagte Scholz. "Die Ukraine nachhaltig militärisch zu unterstützen - auch mit modernen westlichen Waffen. Und zugleich die wirtschaftliche Widerstandskraft der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Aggression zu stärken."
Scholz pochte in seiner Erklärung auf einen raschen NATO-Beitritt Schwedens, der weiterhin von der Türkei blockiert wird. Er sei "der festen Überzeugung, dass neben Finnland auch Schweden als neuer Verbündeter mit am Gipfeltisch sitzen sollte". Er appelliere an den wiedergewählten türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, den Weg dafür nun freizumachen - wie es beim NATO-Gipfel in Madrid im vergangenen Jahr gemeinsam beschlossen worden sei.
Massive Stärkung der Bundeswehr
Vor dem Hintergrund der "völlig veränderten Sicherheitslage in Europa" bekannte sich Scholz zu einer massiven und nachhaltigen Stärkung der Bundeswehr. Diese müsse "ein Garant der konventionellen Verteidigung in Europa" werden. Scholz bekräftigte, dass ab 2024 gemäß den Vorgaben der NATO zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung ausgegeben werden solle. Die Bundesregierung sorge dafür, "dass die Bundeswehr endlich die Ausstattung erhält, die sie benötigt", versicherte Scholz. Dazu trage auch das nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine eingerichtete 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen bei.
Scholz verteidigt EU-Asylreform
Auch die europäische Asylpolitik wird Thema des EU-Gipfels kommende Woche sein. Scholz stellte sich in seiner Regierungserklärung hinter die umstrittenen EU-Entscheidungen für einen härteren Kurs in der Asylpolitik. Er werde die Beschlüsse der EU-Innenministerinnen und -minister "beim Europäischen Rat kommende Woche aus Überzeugung verteidigen", kündigte Scholz an. "Wir werden dafür sorgen, dass die Einigung noch besser wird, bis sie endgültig beschlossen ist", fügte er hinzu.
Das Ziel müsse sein, hier noch vor den Europawahlen im kommenden Jahr zu einer Einigung zu kommen. Er wisse, dass es an den Beschlüssen in Deutschland auch Kritik gebe, räumte Scholz ein. Gleichwohl seien diese richtig gewesen, "im Interesse der Einheit und Handlungsfähigkeit Europas", da das bisherige europäische Asylsystem nicht funktioniere. Es müsse daher eine neue Vereinbarung geben, "die Verantwortung an der Außengrenze mit der Solidarität aller verbindet", hob Scholz hervor.
Es gehe darum, sichere EU-Außengrenzen mit offenen Grenzen innerhalb der Union zu verbinden. "Das eine ist ohne das andere auf Dauer nicht zu haben", warnte der Kanzler. Für Deutschland gehe es darum, "irreguläre Migration zu begrenzen", aber zugleich "legale Migration in den Arbeitsmarkt zu stärken".
Merz: Ampel-Streit schadet der EU
Im Anschluss an die Regierungserklärung hielt Unions-Fraktionschef Friedrich Merz der Bundesregierung vor, mit anhaltendem Streit die Weiterentwicklung einer gemeinsamen EU-Außenpolitik auszubremsen. "Wir könnten in Europa wesentlich weiter sein, wenn es eine geschlossenere Haltung der Bundesrepublik Deutschland, ihrer Bundesregierung, in Europa gäbe", kritisierte Merz.
Wenn sich die Bundesregierung permanent über innen-, außen- und europapolitische Fragen streite, "überträgt sich dieser Streit auch auf die Europäische Union", sagte der CDU-Chef. Deutschland sei schließlich "das geostrategisch wichtigste Land in der Mitte Europas".