Deutsche "Air Force One" Regierungsflieger ohne Raketenschutz
Die drei neuen Regierungsflieger vom Typ Airbus A350 sind Aushängeschild der Regierung - aber nicht gegen Raketenangriffe geschützt. Sie nachzurüsten wäre teuer. Als Notlösung bleiben Transporter der Luftwaffe.
Sie sind die Flaggschiffe unter den Regierungsfliegern: Die drei brandneuen Maschinen vom Typ A350, mit denen vornehmlich der Bundeskanzler und der Bundespräsident rund um die Welt fliegen.
Doch wie nun herausgekommen ist, sind sie nur bedingt gegen mögliche Angriffe geschützt: Ihnen fehlt ein Raketenabwehrsystem. Und das Verteidigungsministerium möchte die Jets auch nicht nachrüsten. Das sorgt für Kopfschütteln bei so manchem Politiker - gerade jetzt, wo ein Krieg in Europa tobt.
Vollausgestattet über den Wolken
Oberst Daniel Draken spricht gerne von der deutschen "Air Force One", wenn er den Airbus A350 der Flugbereitschaft erwähnt. Wie die Maschine des US-Präsidenten hat auch dieser spezielle A350 eine VIP-Ausstattung, abhörsichere Telefone, er ist ständig in der Luft erreichbar.
Draken kann die Maschinen von seinem Bürofenster aus sehen, wenn sie auf dem Rollfeld des militärischen Teils des Flughafens Köln/Bonn geparkt sind; er ist der Kommandeur der Flugbereitschaft. "Das ist ein State-Of-The-Art-Luftfahrzeug, das Modernste, was der Markt gerade hergibt", erklärt Draken.
Über die Sicherheitsausstattung der Maschinen redet er allerdings nicht so gerne. Auf die Frage, welche Systeme den A350 in der Luft vor möglichen Angriffen schützen könnten, antwortet er nur: "Sagen wir mal so: Er ist sicher."
"Sicher" ist nicht gleich "sicher"
Denn mit der wahrhaftigen "Air Force One" kann das Flugzeug offenbar nicht mithalten: Über die Sicherheitssysteme der Boeing des US-Präsidenten sind zwar kaum Details bekannt - aber eine Raketenabwehr hat sie, anders als die drei deutschen Regierungsflieger vom Typ A350. Und das, obwohl der Haushaltsausschuss des Bundestages 2019 die Kosten für die Schutzsysteme genehmigt hatte.
"Ich habe so ein bisschen die Befürchtung, dass Beschlüsse, die im Haushaltsausschuss gefasst werden, nicht unbedingt vom Ministerium gelebt werden", sagt der CDU-Abgeordnete Ingo Gädechens, Mitglied des Haushaltsausschusses. Sein Verdacht: Das Verteidigungsministerium will Geld sparen.
"Was ich total irre finde. Weil es ist die 'Air Force One', es sind die modernsten Maschinen, es fliegen der Bundespräsident, der Kanzler und hochrangige Minister mit dieser Maschine", meint Gädechens. Es sei für ihn jetzt, wo auch wieder Krieg auf europäischem Boden herrscht, völlig unverständlich, dass man diese Maschinen nicht noch mit einem Schutzsystem ausrüstet.
Bestandsmaschinen für den Notfall
Vom Bundesverteidigungsministerium heißt es: Ein Schutzsystem für den Airbus A350 sei im Moment nicht "marktverfügbar". Es müsste speziell entwickelt werden. Die Kosten inklusive Einbau lägen laut Ministerium bei einem dreistelligen Millionenbetrag. Außerdem würden die Flugzeuge für mehrere Monate ausfallen, wenn sie umgebaut würden.
"Derzeit laufen Prüfungen, ob wir nicht mit der bestehenden, bereits geschützten Flotte den Schutzbedarf der Regierung aufnehmen können und Reisen so planen können, dass wir auch ohne eine Einrüstung in den A350 allen Schutzbedarfen nachkommen können", erklärt Arne Collatz, Sprecher des Verteidigungsministeriums.
Militärflugzeuge vom Typ Airbus A400M gehören zur bereits geschützten Flotte.
Mit der bereits geschützten Flotte sind Militärflugzeuge vom Typ Airbus A400M gemeint. Diese Propellermaschinen haben ein Raketenabwehrsystem. Für CDU-Mann Gädechens ist der A400M allerdings weit entfernt von einer Regierungsmaschine.
"Es ist ein Arbeitspferd der Luftwaffe, um Material, sicherlich aber auch Personal zu transportieren. Und hat nichts mit einem Regierungsflieger zu tun, der ja oft auch repräsentativ in Ländern landet, wo dieser Schutz einfach zwingend geboten ist", so Gädechen.
Umfrage unter Politikern
Das Verteidigungsministerium befragt gerade die Hauptnutzer der Regierungsflieger: Also den Bundespräsidenten, den Kanzler und die Außenministerin, wie sie zu einer Aufrüstung der Jets stehen. Und ob sie sich also vorstellen können, auch in eine unbequemere Propellermaschine zu steigen, wenn sie in ein Gebiet reisen, das als gefährlich gilt. Eine Entscheidung steht noch aus.
Doch die Empfehlung des Ministeriums ist schon formuliert: Man rät dazu, die neuen Jets nicht umzurüsten. Den Finanzminister dürfte das freuen: Denn Wünsche nach mehr Geld bekommt Christian Lindner bekanntlich gerade aus vielen Ressorts gleichzeitig.