Pistorius im Nahen Osten Solidaritätsbesuch in Kriegszeiten
Der Bundesverteidigungsminister hat neben Israel auch den Hafen von Beirut besucht, wo ein deutsches Marineschiff liegt. Nach Tel Aviv ging es über Umwege - dort versicherte Pistorius seinem Amtskollegen Solidarität.
Wer sehen will, wie angespannt die Lage im Nahen Osten ist, sollte auch auf die kleinen Dinge achten. Auf die verstärkten Wachen rund um und auf der "Korvette Oldenburg". Oder den deutschen Verteidigungsminister, der am Flughafen in Beirut kurz vor dem Abflug nach Tel Aviv kurzzeitig gestoppt wird.
Normalerweise ist es diplomatischer Usus, die bewaffnete Sicherheitsentourage von Staatsgästen durchzuwinken oder gleich aufs Rollfeld vorfahren zu lassen. Doch im Moment erscheint vieles angespannter. Und so dauert es in Beirut ein paar Minuten, bis Boris Pistorius an der Sicherheitsschleuse vorbei das Flugzeug besteigen kann.
Flugroute mit Umwegen
Dann geht es weiter. Nach dem Start vom gebirgigen, wuseligen Beirut hinaus aufs östliche Mittelmeer und erst mal in Richtung Zypern. Statt den direkten Weg in Richtung Tel Aviv einzuschlagen, fliegt der Regierungsflieger einen weiten Bogen. Denn ein Direktflug von Libanon nach Israel ist - zumal in Krisenzeiten - für die lokalen Behörden nicht opportun. Hinzu kommt die angespannte Sicherheitslage über dem Gazastreifen, die einen Direktflug entlang der Küste ebenfalls nicht möglich machen. Und so geht es mit einigen Kurven nach Tel Aviv.
Dort trifft Verteidigungsminister Pistorius auf seinen israelischen Amtskollegen Joav Galant. Der Ex-Militär ist einer, den Pistorius sichtbar schätzt. Denn obwohl er in der Likud-Partei von Premierminister Benjamin Netanyahu ist, hat er sich seine eigene Meinung bewahrt. Auch bei der in Israel so umstrittenen Justizreform. Doch die scheint angesichts des Krieges mittlerweile weit weg, wie so vieles.
Pistorius: "Kann Galants Verantwortung nur erahnen"
Erst vor wenigen Wochen, noch in Friedenszeiten, haben Pistorius und Galant in Berlin eines der bislang größten deutsch-israelischen Rüstungsgeschäfte abgewickelt, den geplanten Kauf des Raketenabwehrschirms "Arrow" durch die Bundesrepublik. Jetzt befindet sich Israel im Krieg gegen die Terrororganisation Hamas. Das zeigt schon die Kleidung beim gemeinsamen Presseauftritt: Galant will im schwarzen Hemd und schwarzer Hose Entschlossenheit symbolisieren.
Neben ihm steht Pistorius im Anzug, erklärt die deutsche Solidarität in persönlichen Worten und spricht von der Last, die Galant nach über 40 Jahren in der israelischen Armee auf seinen Schultern tragen muss. Er könne die Verantwortung nur erahnen, sagt der deutsche Verteidigungsminister.
Treffen mit Angehörigen von Hamas-Geiseln
Zu dem Zeitpunkt hatte Pistorius schon das Treffen mit dem 32-jährigen Liri Roman hinter sich. Seine Schwester, die 36-jährige Yarden Roman, besuchte mit ihrem Mann Alon und der dreijährigen Geffen im Kibbuz Beeri Verwandte, als die Hamas angriff. Alon und die kleine Tochter konnten sich retten, die Mutter wurde in den Gazastreifen verschleppt. Sie hat einen deutschen Pass. Der Fall sei von einer maximalen Brutalität, treibe einem die Tränen in die Augen und mache ihm zu schaffen, sagt Verteidigungsminister Pistorius.
Der Fall zeigt exemplarisch, wie schwierig die Lage für Israel ist. Es soll sich verteidigen und die Hamas bekämpfen, mit möglichst wenigen zivilen Opfern im Gazastreifen. Außerdem muss es verhindern, dass die Hisbollah an der libanesisch-israelischen Grenze eine zweite Front aufmacht. Und innenpolitisch steigt von Tag zu Tag der Druck, die mehr als 200 Geiseln irgendwie zu befreien. Es sind Mammutaufgaben für die Verteidigungsminister Pistorius Solidarität angeboten hat. Seine eindeutige Botschaft: Deutschland steht an der Seite Israels.