Karl Lauterbach

Pflegereform beschlossen "Kein perfektes Gesetz"

Stand: 26.05.2023 13:33 Uhr

Nach langem Ringen hat der Bundestag die Pflegereform beschlossen. Als "dürftiges Auf-Sicht-Fahren" kritisiert die Union die Änderungen - und nicht nur der Opposition gehen sie nicht weit genug.

Von Dietrich Karl Mäurer, ARD Berlin

Mit einem Blick auf das Pflegesystem in Japan begann Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die abschließende Debatte über die Reform. Das Land mit der ältesten Bevölkerung weltweit setze bei der Pflege auf Roboter, aber, so der SPD-Politiker: "Es gibt keinen Roboter, der die Zuwendung, die Nächstenliebe, die Fürsorge eines Menschen ersetzen kann. Das müssen wir uns immer vor Augen führen."

Lauterbach nannte das deutsche Pflegesystem "die Perle des Sozialstaats" und betonte die Bedeutung von Pflegekräften und pflegenden Angehörigen. Er dankte ihnen ausdrücklich und warb noch einmal für die Reform, auch wenn er weiteren Reformbedarf sieht: 

Ich weiß, dass dieses Gesetz kein perfektes Gesetz ist, und wir werden weitergehen. In einem Jahr werden wir die Basis der Finanzierung der Pflegeversicherung verbreitern. Darauf haben wir uns in der Ampel-Regierung geeinigt.

Pflegereform zur Entlastung von häuslicher Pflege und pflegenden Angehörigen beschlossen

Oliver Sallet, ARD Berlin, tagesthemen, 26.05.2023 21:45 Uhr

Weitere Schritte vorgesehen

Die Koalition hatte sich in zähem Ringen auf Verbesserungen und Vereinfachungen für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige sowie deren Finanzierung verständigt. Auf die wichtigsten Punkte verwies Kordula Schulz-Asche, die Berichterstatterin für Pflegepolitik der Grünen-Bundestagsfraktion:

Das Pflegegeld wird zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent erhöht und ebenso der Beitrag für ambulante Sachleistungen. Das Pflegeunterstützungsgeld ist eine Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige, um Pflege überhaupt organisieren zu können. Die kann künftig zehn Tage jährlich und nicht nur einmalig in Anspruch genommen werden. Auch werden wir Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner durch Zuschüsse bei den Eigenanteilen zumindest teilweise entlasten.

Für die folgenden Jahre sind weitere Verbesserungen vorgesehen. Ein sogenanntes Entlastungsbudget soll zudem die häusliche Verhinderungs- und Kurzzeitpflege erleichtern, wenn die Pflegenden eine Auszeit und damit Vertretungen brauchen.

"Ein dürftiges Auf-Sicht-Fahren"

Finanziert wird das durch höhere Beiträge zur Pflegeversicherung bereits ab Juli. "Das alles kostet Geld und deshalb müssen wir die Beiträge um 0,35 Prozent erhöhen", erklärte die FDP-Pflegeexpertin Nicole Westig. Für Menschen ohne Kinder steigen die Beiträge noch etwas stärker. Gegen noch höhere Beiträge hatte sich die FDP gesperrt, dadurch bleiben die Leistungsverbesserungen unter dem, was ursprünglich von der Koalition geplant war.

Vor allem hier setzt die Kritik der Opposition an. So sei bei den Verbesserungen ein Ausgleich der Inflation nicht im Ansatz enthalten, bemängelte etwa die CDU-Abgeordnete Diana Stöcker. Die Ampel-Parteien hätten die Chance gehabt, ein gutes Gesetz vorzulegen, jedoch: "Das, was sie uns nun vorlegen, ist keine Reform, sondern ein dürftiges Auf-Sicht-Fahren."

"Real kürzen Sie bei den Menschen, die betroffen sind"

Zu geringe Verbesserungen kritisierte auch Ates Gürpinar von der Linkspartei. Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz werde seinem Namen nicht gerecht: "Seit der letzten Erhöhung der Gelder für Pflegeleistungen 2017 haben wir eine Verteuerung, eine Inflation von 17 Prozent. Sie erhöhen erst ab dem nächsten Jahr, und dann erstmal nur um fünf Prozent. Real kürzen Sie bei den Menschen, die von der Pflege betroffen sind."

Und für die AfD bemängelte Thomas Dietz etwa viel Bürokratie: "Gut gemeint, aber unausgereift und in Teilen an der Praxis vorbeigeschrieben."

Die abschließende Debatte vor der Zustimmung zeigte: Die Pflegereform bringt bessere Leistungen und höhere Beiträge - und die Einsicht: Das Gesetz ist nur ein erster Schritt.

Dietrich Karl Mäurer, ARD Berlin, tagesschau, 26.05.2023 12:19 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 26. Mai 2023 um 12:00 Uhr.