Schüler und Schülerinnen schauen auf die Tafel.

Vorschlag der Bildungsministerin Lehrerverband begrüßt Zivilschutz als Thema an Schulen

Stand: 17.03.2024 05:19 Uhr

Bildungsministerin Stark-Watzinger möchte Schülerinnen und Schüler besser auf Katastrophenfälle vorbereiten. Während sie von vielen Bildungspolitikern für ihren Vorschlag Kritik erntet, signalisiert der Deutsche Lehrerverband Zustimmung.

Die Forderung von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, an den Schulen auch sicherheitspolitische Gefahren zu vermitteln, stößt auf Zustimmung beim Deutschen Lehrerverband. "Der Ukraine-Krieg schafft ein neues Bewusstsein für militärische Bedrohung, das auch an Schulen vermittelt werden muss", sagte Verbandspräsident Stefan Düll der "Bild am Sonntag". "Ich erwarte von der Bundesministerin, dass sie jetzt das Gespräch mit den Bildungsministern in den Bundesländern sucht."

Eine Absichtserklärung reiche nicht, es müsse im Politik-Unterricht "zum Ukraine-Krieg und zur gesamteuropäischen und globalen Bedrohungslage gelehrt werden", sagte Düll. Jugendoffiziere seien dabei eine "sinnvolle Unterstützung". Der Unterricht zur "Demokratie- und Friedenserziehung" könne fächerübergreifend stattfinden, in Wahlunterricht und Projekten, erklärte der Verbandspräsident.

Die Bildungsministerin Stark-Watzinger hatte gestern erklärt, die Gesellschaft müsse sich insgesamt gut auf Krisen vorbereiten - von einer Pandemie über Naturkatastrophen bis zum Krieg. "Zivilschutz ist immens wichtig, er gehört auch in die Schulen. Ziel muss sein, unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken", sagte die FDP-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Sie sprach sich für Zivilschutzübungen an Schulen aus und rief diese auf, ein "unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr" zu entwickeln.

Von Übungen - zumindest für den militärischen Ernstfall - hält der Lehrerverband allerdings nichts. "Schulen in Deutschland sind keine Appellplätze und keine Orte für vormilitärische Übungen. Dafür sind die Kasernen und Truppenübungsplätze der Bundeswehr da", sagte Düll.

"Schultüchtig, nicht kriegstüchtig"

Mehrere Bildungspolitiker kritisierten den Vorstoß der Ministerin. "Wir müssen unsere Kinder schultüchtig machen und nicht kriegstüchtig", sagte der bildungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Jarzombek (CDU), der "Bild am Sonntag". "Jedes vierte Kind lernt in der Grundschule nicht richtig lesen und schreiben - da müssen wir ran."

Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sprach von Angstmacherei. Sie sagte: "Es hilft nicht, der Bevölkerung und insbesondere Kindern und Jugendlichen Angst zu machen."

Der Grünen-Politiker Kai Gehring, Vorsitzender des Bildungsausschusses im Bundestag, sieht in Zivilschutzübungen nicht die dringlichste Aufgabe von Schulen. Er sagte der "Bild": "Die Zeitenwende wirft viele neue friedens- und sicherheitspolitische Fragen auf, dennoch irritieren einzelne weitreichende Aussagen der Bildungsministerin. Angesichts der Pisa-Misere sollte sie sich in erster Linie zur Aufgabe machen, beherzt die zentralen Herausforderungen für unser Bildungssystem anzupacken."

Vorsitzende der Kultusministerkonferenz für Krisen-Vorbereitung

Die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Christine Streichert-Clivot (SPD), plädierte für eine umfassende Vorbereitung von Schülerinnen und Schülern auf mögliche Krisen. "Pandemien, Kriege, Naturkatastrophen, Klimawandel, tiefgreifende Veränderungen in Gesellschaft und Wirtschaft: Kinder und Jugendliche müssen insgesamt breiter auf die Zukunft vorbereitet werden", sagte die saarländische Bildungsministerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Sie müssen gesünder, resilienter, mutiger und selbstbewusster werden und so flexibel, dass sie Veränderungen aktiv mitgestalten können. Dazu kann Schule einen wichtigen Beitrag leisten, besonders im Bereich Ganztag."

Hier könnten auch Kontakte geknüpft werden mit den Organisationen, die für den Zivilschutz eine wichtige Rolle spielen, wie dem Technischen Hilfswerk, den Feuerwehren und den Rettungskräften.

Stark-Watzinger kritisiert Hochschul-Klauseln gegen Militärforschung

Stark-Watzinger forderte unterdessen die Hochschulen auf, mehr militärische Forschung zuzulassen und angesichts der weltpolitischen Lage auf Zivilklauseln zu verzichten. "Manche Hochschulen haben sich eine Zivilklausel gegeben, die militärische Forschung verhindern soll", sagte die FDP-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Das wird unseren nationalen Sicherheitsinteressen und dem Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten nicht mehr gerecht."

Die Politik könne Hochschulen und Forschungseinrichtungen den Rücken stärken, "die auch einen Beitrag zur militärischen Forschung leisten wollen", sagte die Ministerin.

In einer früheren Version des Textes konnte der Eindruck entstehen, der deutsche Lehrerverband begrüße ausdrücklich die Idee von Zivilschutzübungen an Schulen. Aus dem Interview des Verbandspräsidenten mit der "Bild am Sonntag" ging jedoch nur hervor, dass der Zivilschutz an Schulen thematisiert werden sollte. Militärische Übungen lehnte Düll sogar ausdrücklich ab. Das haben wir angepasst.

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Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 17. März 2024 um 07:00 Uhr.