AOK-Erhebung für 2022 Deutlich weniger Klinikbehandlungen
Laut der AOK hat es im vergangenen Jahr 15 Prozent weniger Behandlungen in Krankenhäusern gegeben. Grund dafür seien vor allem pandemiebedingte Personalausfälle. Auch der Abbau von Überversorgung spiele eine Rolle, vermutet die Krankenkasse.
Die Zahl der Behandlungen in Krankenhäusern ist im Jahr 2022 um 15 Prozent gegenüber dem Jahr 2019 gesunken. Das zeigt eine Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
In den Jahren 2021 und 2020 wurden 14 und 13 Prozent weniger Fälle gezählt. In der Psychiatrie lag der Rückgang 2022 bei fast 11 Prozent. Die Auswertung des WIdO zu den Krankenhaus-Fallzahlen basiert auf den Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten, die etwa ein Drittel der deutschen Bevölkerung abbilden.
"Corona hatte die deutschen Kliniken auch im dritten Jahr der Pandemie fest im Griff - aber aus anderen Gründen als in den ersten Infektionswellen der Jahre 2020 und 2021", sagte WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber.
"Die Fallzahl-Rückgänge im vergangenen Jahr waren nicht mehr dadurch bedingt, dass Kapazitäten für schwer erkrankte Corona-Patientinnen und -Patienten freigehalten wurden, sondern wesentlich durch die enormen Personalausfälle infolge der durch die Omikron-Variante verursachten Infektionswellen des Jahres 2022."
Weniger Klinik-Besuche bei Herzinfarkten und Schlaganfällen
Auffällig sei der anhaltende Rückgang der Fallzahlen bei Herzinfarkten und Schlaganfällen: Die Herzinfarkt-Behandlungen gingen gegenüber 2019 um 13 Prozent zurück, die Schlaganfall-Behandlungen um 11 Prozent. Damit gab es bei diesen Notfällen sogar noch stärkere Rückgänge als im ersten und zweiten Pandemie-Jahr.
"Wir können uns das nicht hundertprozentig erklären", sagte Klauber. Offenbar seien insbesondere Menschen mit milderen Symptomen weniger im Krankenhaus behandelt worden.
Besonderen Anlass zur Sorge gebe es beim Einbruch der Darmkrebs-Operationen, so Jürgen Klauber. Diese gingen gegenüber der Zeit vor der Pandemie um 16 Prozent zurück - und damit noch stärker als im ersten (10 Prozent) und zweiten Pandemiejahr (12 Prozent). Das könnte laut Klauber mit dem Rückgang von Darmspiegelungen zu tun haben. Bei Brustkrebs-Operationen gab es einen Rückgang um fünf Prozent gegenüber 2019.
Überversorgung bei bestimmten Krankheiten
Die stärksten Einbrüche gab es im Vergleich zum Jahr 2019 bei den Fällen, die auch in ärztlichen Praxen behandelt werden können. Die Behandlung von Rückenschmerzen und Bluthochdruck sank um jeweils 35 Prozent, gefolgt von der chronischen Lungenerkrankung COPD (28 Prozent), Diabetes (21 Prozent) und Herzinsuffizienz (14 Prozent).
"Corona wirkt sich hier offensichtlich beschleunigend im Sinne der in Deutschland dringend gebotenen stärkeren Ambulantisierung aus", sagte Klauber. "Bei einzelnen Diagnosen dürfte angesichts der großen und anhaltenden Einbrüche auch der Abbau von Überversorgung eine Rolle spielen."
Mehr Hygiene - weniger Mandelentzündungen?
Starke Einbrüche in Höhe von 35 Prozent gab es auch bei Mandeloperationen. "Eine Ursache könnte sein, dass die Hygieneregeln während der Pandemie das Auftreten von Mandelentzündungen verringert haben", sagt Geschäftsführer Jürgen Klauber.