Islamisten wollen erneut demonstrieren "Absurd und abwegig", aber nicht strafbar
Groß war die Empörung, als Ende April Islamisten in Hamburg demonstrierten und ein Kalifat forderten. Heute gehen sie erneut auf die Straße. Innenministerin Faeser versichert: Die Sicherheitsbehörden haben die Szene fest im Blick.
Die Teilnehmer von Islamistendemos in Hamburg stehen nach Angaben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Fokus der Sicherheitsbehörden. "Wir setzen alle Instrumente ein: von der nachrichtendienstlichen Beobachtung bis hin zu intensiven Ermittlungen", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wir können in unserem Rechtsstaat solche Gruppierungen aber nur verbieten, wenn die hohen rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind."
Die als extremistisch eingestufte Gruppe Muslim Interaktiv will am Nachmittag erneut in Hamburg auf die Straße gehen. Die Kundgebung ist an strenge Auflagen geknüpft. Dazu zählen das Verbot, zu Hass oder Gewalt aufzurufen und das Existenzrecht Israels zu leugnen.
Faeser: "Scharfe Auflagen sind richtig"
Bei einer ebenfalls von Muslim Interaktiv organisierten Kundgebung Ende April war unter anderem ein Kalifat als Lösung gesellschaftlicher Probleme gefordert worden. Der Aufmarsch hatte bundesweit Empörung ausgelöst. Das Kalifat als Herrschaftsform stammt aus der Zeit nach dem Tod des Propheten des Islam, Mohammed, im Jahr 632 n. Chr. und basiert auf dem islamischen Recht, der Scharia.
"In Deutschland gelten gleiche Rechte für Frauen, Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit", sagte Faeser den Funke-Zeitungen. "Wer lieber in einem Kalifat und damit in der Steinzeit leben will, steht gegen alles, wofür Deutschland steht. Wir verteidigen unsere Verfassung - mit den Mitteln unserer Verfassung."
Faeser bezeichnete die scharfen Auflagen der Hamburger Behörden als richtig. "Das ermöglicht ein sofortiges hartes Einschreiten, wenn aus der Demonstration heraus aggressiv nach einem Kalifat in Deutschland gerufen wird und wenn das Existenzrecht Israels geleugnet oder gegen Juden gehetzt wird", so die Ministerin.
Die Sicherheitsbehörden beobachteten zudem sehr genau, ob gegen das Verbot der Terrororganisation Hamas und der Gruppierung Samidoun verstoßen werde. "Das ist eine Straftat, die auch bei Demonstrationen ein sofortiges Durchgreifen ermöglicht."
"Teil des geistigen Meinungskampfes"
Aus Sicht von Bundesjustizminister Marco Buschmann ist es zwar absurd, wenn Islamisten in Deutschland ein Kalifat fordern, das sei aber nicht zwangsläufig ein Fall für die Justiz. "Reine Sympathiebekundung für ein Kalifat ist etwas, was ich für politisch absurd und abwegig halte", sagte er.
Das Bundesverfassungsgericht habe allerdings sinngemäß festgestellt: Solange eine absurde Meinung, auch eine, die dem Grundgesetz widerspricht, einfach nur geäußert werde, ohne dass Anstalten unternommen würden, die Ordnung des Grundgesetzes dann auch zu beseitigen oder andere Rechtsgüter zu verletzen, müsse dies als Teil des geistigen Meinungskampfes ertragen werden.
Verbot der Organisation derzeit nicht möglich
Anders wäre es, wenn eine Terrorgruppe oder eine extremistische Vereinigung einen Satz wie "Das Kalifat ist die Lösung" zu ihrer Losung machen würde, so Buschmann.
"Wir würden eine solche Organisation dann bei Vorliegen der entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen verbieten beziehungsweise gegen sie vorgehen", sagte der FDP-Politiker. Dies würde dann auch ihre Symbole betreffen - "das ist aber heute nicht oder noch nicht der Fall".