Wissing für mehr Seilbahnen Vom Touristenmagneten zum urbanen Verkehrsmittel?
Erst Bus, dann Bahn und danach eine Seilbahn-Fahrt - das ist die Vision von Verkehrsminister Wissing für den Nahverkehr in Städten. Auf dem Cable-Car-World-Kongress wird diskutiert, ob damit Lücken im Angebot geschlossen werden können.
Seilbahnen werden bislang vor allem touristisch genutzt. Das soll sich ändern, findet Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Er ist Schirmherr der Cable Car World - einem Seilbahn-Kongress in Essen. Die Förderung der Seilbahn als urbanes Verkehrsmittel scheint ihm wichtig zu sein. Seit 2022 ist sie anderen Verkehrsmitteln bei der Förderung gleichgesetzt. Außerdem gibt es seitdem einen Leitfaden für solche Projekte.
Beispiele in dicht besiedelten Regionen der Welt zeigten, dass Seilbahnen zuverlässig, klimafreundlich und platzsparend seien, so Wissing. Deswegen setze er sich für mehr Sichtbarkeit dieser Mobilitätslösung auch in Deutschland ein.
Seilbahn nur als Ergänzung im ÖPNV
Auf dem Kongress in Essen treffen sich ab heute Fachleute aus der Politik, der Wissenschaft und von Seilbahn-Baufirmen. Auch Menschen aus anderen Ländern, wo es schon Seilbahn-Linien im ÖPNV-Bereich gibt, sind mit dabei. In Mexiko, Kolumbien oder Bolivien werden solche Systeme bereits erfolgreich genutzt.
Seilbahnen seien dort zum Teil alternativlos - unter anderem wegen der Topografie, sagt Jürgen Follmann, Dekan im Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwesen der Hochschule Darmstadt. Außerdem seien sie schnell und einfach zu bauen. Allerdings eignen sie sich nur für kürzere und geradlinige Strecken und sind auch nicht ganz so schnell, sagt der Wissenschaftler. Deswegen sind sich Verkehrsfachleute einig, dass sie in Deutschland nur als ergänzende Systeme funktionieren.
Kein Masterplan für vernetzten Nahverkehr
Aus Sicht des Verkehrswissenschaftlers Heiner Monheim fehlt es in Deutschland an einem Masterplan, der Seilbahnen und andere Verkehrsmittel wie Bus und Bahn sinnvoll zusammen denkt. Dafür müsse zuerst geschaut werden, wo sich Lücken in einem bestehenden Netz zeigen und inwiefern man diese Lücken mit Seilbahnen schließen könne.
Außerdem seien die Fragen vieler Anwohnerinnen und Anwohner rund um Seilbahnstrecken unbeantwortet: Was passiert, wenn so eine Seilbahn plötzlich über mein Haus fliegt? Und was macht das mit der Landschaft? Monheim führt das auf "miserable Öffentlichkeitsarbeit" in der Verkehrsinfrastrukturplanung zurück. Hier müsse man die Leute mitnehmen und sie beispielsweise auch entschädigen, sollte das nötig werden.
Für Öffentlichkeitsarbeit wäre ja dann jetzt die Zeit. Heute und morgen - auf der Cable Car World in Essen.