Absicherung vor Einflussnahme Union sieht Verfassungsgericht genug geschützt
Die Union sieht vorerst keinen Bedarf, das Bundesverfassungsgericht durch eine Grundgesetzänderung stärker vor Einflussnahme zu schützen. Gespräche mit der Ampel brach sie ab. Kritik folgte prompt.
Die Union hat Plänen aus der Ampelkoalition eine Absage erteilt, das Bundesverfassungsgericht durch eine Grundgesetzänderung besser vor Einflussnahme zu schützen. Nach Abwägung von Vor- und Nachteilen sehe die Unionsfraktion derzeit keine zwingende Notwendigkeit für eine Verfassungsänderung, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Andrea Lindholz (CSU) dem ARD-Hauptstadtstudio.
Änderung bedarf einer Zweidrittelmehrheit
Angesichts des Erstarkens der AfD und extremistischer Ränder gibt es in der Ampelkoalition Überlegungen, die jetzige Struktur des Verfassungsgerichts im Grundgesetz abzusichern. Bundesjustizminister Marco Buschmann von der FDP hatte Anfang Februar für einen "lagerübergreifenden Vorschlag" geworben.
Nötig für eine Grundgesetzänderung wäre jeweils eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat. Dies geht nur mit der Union. Bisher kann das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht, das Zuständigkeiten und Verfahrensweisen regelt, mit einfacher Bundestagsmehrheit geändert werden.
"Demokratie ist widerstandsfähig genug"
Änderungen des Grundgesetzes müssten sehr gut überlegt sein, sagte Lindholz der "Rheinischen Post". "Viele der in den vergangenen Wochen diskutierten Vorschläge zur Umgestaltung der rechtlichen Grundlagen des Bundesverfassungsgerichts bringen nicht nur Vorteile mit sich. Das ist auch in einem Austausch mit Vertretern der Ampelfraktionen deutlich geworden."
Zugleich wies die Innenexpertin darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht ein starkes, unabhängiges Organ sei. "Unsere Demokratie ist widerstandsfähig genug, dass das so bleibt", sagte Lindholz. Für die Stabilität sei "im Übrigen gute Sachpolitik, die die Menschen überzeugt, weitaus wichtiger als eine öffentliche Debatte über Grundgesetzänderungen."
Ende Januar hatte sich Lindholz noch aufgeschlossener zu dem Thema geäußert. "Wir teilen die Sorge der parteipolitischen Einflussnahme auf die Justiz und insbesondere das Bundesverfassungsgericht", sagte sie damals den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das Thema sei wichtig und sollte auf breiter Basis diskutiert werden.
Ampelparteien kritisieren Unionshaltung
Bundesjustizminister Buschmann sagte der Nachrichtenagentur dpa, er bedauere, dass die Union nicht mehr für Gespräche in der Sache bereitstehe. "Gerade im Jahr des 75. Geburtstages des Grundgesetzes wäre es ein wichtiges Zeichen gewesen, die Abwehrkräfte unserer Demokratie und des Rechtsstaats zu stärken", sagte der FDP-Politiker. Weitere Gespräche blieben auch zu einem späteren Zeitpunkt möglich.
Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz nannte die Entscheidung der Union fahrlässig und kritisierte CDU-Chef Friedrich Merz. "Während Millionen Menschen in unserem Land für unseren Rechtsstaat und seine Wehrhaftigkeit auf die Straße gehen und eine klare Erwartungshaltung in Richtung Politik adressieren, kriegt es Friedrich Merz noch immer nicht hin, über seinen Schatten zu springen, so dass wir als Demokratinnen und Demokraten gemeinsam und überfraktionell an einem besseren Schutz unserer höchsten Verfassungsorgane arbeiten können", sagte er.
Die jüngste Positionierung dürfe nicht das Ende der überfraktionellen Gespräche sein. "In einer sicherheitspolitisch extrem angespannten Situation das Schutzniveau für das Bundesverfassungsgericht nicht zu erhöhen, ist politisch entweder naiv oder in höchstem Maße fahrlässig."
Auch SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese griff die Union für die Entscheidung an. "In einer der schwierigsten Zeiten für unsere Demokratie seit Jahrzehnten wird die Union ihrer Rolle als verantwortungsvolle Opposition in keinster Weise gerecht", sagte Wiese der Rheinischen Post. Er hoffe, dass die Union ihrer staatspolitischen Verantwortung noch gerecht werde.