Übergriffe in der Silvesternacht "Das macht fassungslos und wütend"
Die Bundesregierung hat die gewaltsamen Übergriffe auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht verurteilt. Innenministerin Faeser fordert eine strenge Bestrafung der Täter. Feuerwehr und Polizei verlangen zudem eine Kameraüberwachung ihrer Einsätze und Böllerverbot.
Die Bundesregierung hat empört auf die zahlreichen Angriffe auf Polizei und Rettungskräfte in der Silvesternacht reagiert. "Diese teils massiven Übergriffe auf Einsätze von Polizei und Feuerwehr, ehrenamtliche Helfer sowie auch auf Journalistinnen und Journalisten in der Silvesternacht verurteilt die Bundesregierung, natürlich auch der Bundeskanzler, auf das Schärfste", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann. Die Regierung habe großes Vertrauen in die Ermittlungsbehörden der Länder, dass die Täter konsequent ermittelt würden.
Weiter fügte sie hinzu: "Der Rechtsstaat darf nicht zulassen, dass Menschen, die in unseren Städten friedlich feiern und Einsatzkräfte, die ihren Dienst tun, derartigen Übergriffen ausgesetzt sind."
Faeser: "Fassungslos und wütend"
Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) äußerte sich bestürzt über die Gewalt gegen Polizei- und Rettungskräfte. "Das ist ein Ausmaß an Gewalt, das fassungslos und wütend macht - und es zeigt eine Verrohung, die konsequentes Handeln erfordert", erklärte die Ministerin. Sie verlangte eine strenge Bestrafung der Täter, schloss sich Forderungen nach Strafverschärfungen aber nicht an.
Wer Polizeibeamte und Rettungskräfte angreife, "muss mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werden", erklärte die SPD-Politikerin. Dazu reichten die bestehenden Strafvorschriften zum Schutz von Polizei- und Rettungskräften ihrer Ansicht nach aber aus. Diese seien "in den letzten Jahren - zu Recht - erheblich verschärft worden", erklärte Faeser.
Bundesinnenministerin Faeser: Wer Polizeibeamte und Rettungskräfte angreife, "muss mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werden".
Fünf Jahre Haft möglich
Bereits seit 2017 gibt es ein eigenes Gesetz, das schärfere Straftatbestände für Angriffe auf Rettungs- und Sicherheitskräfte verankert. Bis zu fünf Jahre Haft können seitdem für solche Angriffe verhängt werden. Nun müssten diese Strafvorschriften "gegen Chaoten und Gewalttäter mit aller Konsequenz angewandt und durchgesetzt werden", sagte Faeser. "Empfindliche Freiheitsstrafen können damit verhängt werden."
Die Ministerin sprach von einer "bitteren Bilanz" der Silvesternacht. "Chaoten und Gewalttäter haben mit einer massiven Brutalität Polizei- und Rettungskräfte attackiert, mit Böllern und Raketen beschossen, behindert, bedroht und in große Gefahr gebracht", erklärte sie und dankte allen Einsatzkräften der Polizei, der Feuerwehren und Rettungsdienste. "Die Menschen, die uns alle schützen, müssen voll und ganz darauf vertrauen können, dass der Rechtsstaat auch sie schützt."
Auf die Frage, ob nun ein Verbot von Böllern und Silvesterraketen erwogen werde, verwies eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums auf bereits existierende Verbotsregeln - etwa in der Nähe von Krankenhäusern und Altersheimen - sowie die Möglichkeit für Länder und Kommunen, sogenannte Böllerverbotszonen einzurichten.
Dashcams und Bodycams sollen helfen
Auch Polizei und Feuerwehr fordern Konsequenzen. Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft sprach sich dafür aus, Einsatzfahrzeuge mit sogenannten Dashcams auszustatten. Das sind kleine Kameras, die oftmals hinter der Windschutzscheibe montiert werden. So könnten derartige Angriffe besser dokumentiert werden, teilte der Landesverband Berlin-Brandenburg mit.
Zudem verwies die Gewerkschaft auf Bodycams, die derzeit getestet würden. Nach früheren Angaben des Berliner Innensenats sind Mitarbeitende von Feuerwehr und Polizei in der Hauptstadt mit 300 dieser Kameras ausgestattet worden. Sie tragen die Bodycams an ihrer Uniform und filmen ihre Einsätze. "Es ist unvorstellbar, was unsere Einsatzkräfte in dieser Silvesternacht erleben mussten", sagte der Landesvorsitzende Lars Wieg der Mitteilung zufolge.
Zahlreiche Unfälle und Straftaten
Nach zwei Jahren ohne Feuerwerk war die Silvesternacht in Deutschland von schweren Unfällen und Straftaten mit Feuerwerkskörpern sowie Angriffen auf Einsatzkräfte überschattet worden. Ein 17-Jähriger in Leipzig verletzte sich beim Einsatz von Pyrotechnik so schwer, dass er im Krankenhaus starb, wie die Polizei mitteilte.
Feuerwehr und Polizei in Berlin zählten in der Nacht zum Neujahrstag insgesamt 33 verletzte Einsatzkräfte. Die Feuerwehr zeigte sich überrascht "von der Masse und der Intensität der Angriffe auf unsere Einsatzkräfte". So seien unter anderem Bierkisten und Feuerlöscher auf Fahrzeuge geworfen worden, Retter seien beim Löschen mit Pyrotechnik beschossen und Einsatzfahrzeuge geplündert worden. Mehrere Menschen wurden durch Pyrotechnik schwer verletzt.
Polizeigewerkschaft will Böllerverbot
Die Gewerkschaft der Polizei Berlin forderte ein weitgehendes Böllerverbot: "Diesen Menschen muss man das Handeln in Zukunft deutlich erschweren." Die Feuerwehr-Gewerkschaft erklärte: "Hier wird man sich für den nächsten Jahreswechsel ganz klar Gedanken machen müssen."
Der Deutsche Feuerwehrverband hatte sich bereits vor dem Jahreswechsel für ein hartes Durchgreifen bei Angriffen auf Einsatzkräfte ausgesprochen. "Wir brauchen keine härteren Strafen. Ich möchte nur, dass diese Strafen durchgesetzt werden", sagte Verbandspräsident Karl-Heinz Banse der Nachrichtenagentur dpa. "Es kann nicht sein, dass unsere Leute gefährdet werden, fast überfahren werden, und hinterher wird es als Bagatelldelikt dargestellt."
Union und FDP gegen allgemeines Verbot
Politiker von Union und FDP wandten sich gegen ein allgemeines Böllerverbot. Das Verhalten von Kriminellen dürfe nicht bedeuten, "dass auch die vielen friedlich Feiernden einem generellen Feuerwerksverbot unterliegen sollten", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), der "Rheinischen Post". Die Kommunen könnten schon jetzt an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten Feuerwerksverbote verhängen: "Das ist vernünftig." Ähnlich argumentierte die parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Bundestagsfraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, in derselben Zeitung.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Castellucci, sagte der "Bild"-Zeitung, dass die Gewalt auf das Schärfste zu verurteilen sei: "Ich setze auf die Härte des Rechtsstaats." SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sprach sich für ein Böllerverbot in bestimmten Stadtvierteln aus.