Scholz bei maischberger Meist diplomatisch, selten kontrovers
Krieg, Inflation, Heizungsgesetz - Kanzler Scholz steht unter Druck. Bei maischberger gab er sich dennoch meist diplomatisch. Angesprochen auf seinen Berufswunsch als Kind bekannte er sich zu einer Erinnerungslücke.
Eine Stunde lang ging es um die ganz großen Themen. Und um es gleich vorwegzusagen: Der Kanzler stellte sich und seiner Regierung ein gutes Zeugnis aus. Preissteigerungen? Kriegen wir in den Griff. Klimaziele? Werden wir einhalten. Heizungsgesetz? Kommt nächste Woche.
Sandra Maischberger fragte Olaf Scholz, warum er nicht mehr gegen die Inflation tun wolle, warum er die Pipeline Nord Stream 2 seinerzeit befürwortet habe, und ob wir alle naiv gewesen seien mit Blick auf China. Scholz antwortete fast immer diplomatisch.
Nur bei Details wie Steuern auf Lebensmittel bekamen sich die Interviewerin und der Kanzler fast in die Wolle: "Nein, ich bin nicht Ihrer Meinung, dass Mehrwertsteuersenkungen die Inflation dauerhaft bekämpfen." Maischberger: "Auf Grundnahrungsmittel! Für eine begrenzte Zeit!" Scholz: " ... denn man muss das ja hinterher wieder anheben, und dann geht das wieder nach oben. Und deshalb sage ich Ihnen ausdrücklich: Das ist nicht der Weg, wie das funktioniert."
Nachrichtendienste haben versucht zu beobachten
In Sachen Außenpolitik war der russische Angriffskrieg auf die Ukraine das beherrschende Thema, auch wegen der Ereignisse vom vergangenen Wochenende in Russland. Den letztlich gestoppten Marsch der Wagner-Gruppe gen Moskau bezeichnete Scholz als Putschversuch und räumte ein, dass die deutschen Nachrichtendienste im Gegensatz zu den US-amerikanischen nicht so gut informiert gewesen seien: "Unsere Dienste haben versucht, die Situation natürlich immer zu beobachten", so der Kanzler. Vorher hätten diese das aber "natürlich nicht" gewusst.
Ansonsten blieb Scholz bei seiner Linie: Wenn der russische Präsident von Frieden spreche, stelle Putin sich einen Diktatfrieden vor, also ausschließlich zu seinen Bedingungen - und das sei nicht hinnehmbar.
Es komme darauf an, der Ukraine weiterhin zu helfen, sich zu verteidigen: "Ich sage aber bewusst: Wir müssen uns darauf einstellen, dass es lange dauern kann." Eine zu kurzfristig gedachte Organisation könne dazu führen, "dass wir irgendwann nicht mehr unseren Beitrag leisten können." Immer hoffend, dass es schneller zu Ende geht, bereite man sich dennoch darauf vor, dass der Krieg auch länger dauern kann, "und wir immer in der Lage sind, die Ukraine weiter zu unterstützen".
Russisches Gas ersetzt - Krise abgewendet
Scholz verteidigte sich gegen Kritik, er habe als Vizekanzler im Kabinett von Angela Merkel dazu beigetragen, dass die Energie-Abhängigkeit von Russland gestiegen sei. In der aktuellen Lage sei es ein Erfolg, dass Deutschland seinen Energiebedarf auch ohne Russland decken konnte: "Und wir haben es geschafft, das zu ersetzen, was aus Russland gekommen war, nachdem die Gaslieferungen gestoppt worden sind."
Damit hätte niemand gerechnet. "Und dass wir den letzten Winter ohne Wirtschaftskrise und ohne, dass es kalt geworden ist, durchstanden haben, das ist wirklich eine große Leistung unseres Landes."
Von China bis zu echten Erinnerungslücken
Deutsche Abhängigkeiten auch von China herunterzufahren - diese Absicht konnte man aus den Antworten des Kanzlers heraushören. Er drückte es aber positiv aus: Beziehungen und Handel mit China findet er gut - aber das gelte eben auch für viele andere Länder.
Von der politischen Weltbühne bis zu deutschen Heizungskellern und Supermarktregalen war im Kanzler-Talk fast alles dabei. Bei allem Ernst bliebt zum Schluss noch Zeit für persönliche Worte mit Schmunzeln: Scholz' Vater soll gesagt haben, der Sohn habe schon mit zwölf Jahren Bundeskanzler werden wollen. Ob das stimmt? Da bekannte sich Scholz zu einer echten Erinnerungslücke.