Vor der Regierungserklärung Äußert sich Scholz zu Afghanistan-Abschiebestopp?
Seit 2021 schiebt Deutschland nicht mehr nach Afghanistan ab. Doch nach dem Messerangriff in Mannheim wird dies massiv kritisiert. Was sagt Kanzler Scholz dazu heute bei seiner Regierungserklärung?
Nach dem tödlichen Messerangriff von Mannheim mehren sich die Rufe nach Abschiebungen straffälliger Afghanen in ihre Heimat. Das Thema könnte daher auch Gegenstand der heutigen Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag zur aktuellen Sicherheitslage werden. Die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass er die Forderungen unterstützen will, den Abschiebestopp zu überprüfen.
Ein 25-jähriger Afghane hatte vergangene Woche in Mannheim mehrere Menschen mit einem Messer verletzt, darunter einen 29-jährigen Polizisten, der später an seinen Verletzungen starb. Daraufhin entbrannte eine Debatte darüber, ob es möglich ist, Rückführungen etwa nach Afghanistan wieder zu erlauben.
Seit der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 schiebt die Bundesrepublik niemanden mehr in das Land ab. Schon in der Zeit davor hatte man sich wegen der damals bereits schwierigen Sicherheitslage darauf verständigt, nur Männer - und bevorzugt Straftäter und sogenannte Terror-Gefährder - unter Zwang nach Kabul zu bringen. Wie die Süddeutsche Zeitung schreibt, führe das Kanzleramt derzeit Gespräche mit den zuständigen Ressorts, um die Möglichkeiten "rechtliche und logistische Hürden zu überwinden und Abschiebungen nach Afghanistan wieder zu vollziehen" auszuloten.
Innenministerium prüft "seit Monaten"
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte bereits am Dienstag erklärt, dass sie die Möglichkeit der Abschiebungen von schweren Straftätern "bereits seit Monaten intensiv prüfen" lasse. Dies sei aber "nicht banal" in der Umsetzung und müsse auch gerichtsfest sein. Sie wolle, "dass Personen, die eine potenzielle Gefahr für die Sicherheit Deutschlands sind, schnell abgeschoben werden müssen", bekräftigte die SPD-Politikerin.
Auch vom Koalitionspartner FDP kommen fordernde Stimmen. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai dringt auf ein entschlosseneres Vorgehen gegen ausländische Straftäter und Gefährder: "Wer bei uns schwere Straftaten begeht, der muss auch in Länder wie Afghanistan zurückgeführt werden können", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es dürfe keine Denkverbote geben, "sondern nun ist der politische Wille gefragt, den Islamismus in unserem Land umfassend zu bekämpfen".
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten im Bundestag, Thorsten Frei, forderte von Kanzler Scholz "einen Plan zur ernsthaften Bekämpfung des politischen Islamismus". "Außerdem bietet die Regierungserklärung für Scholz eine gute Gelegenheit zu erklären, wie er seine seit Langem angekündigte Abschiebeoffensive in Gang setzen will", sagte Frei dem RND. Der Bundestag stimmt am Donnerstag direkt nach der Regierungserklärung über einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur Bekämpfung des politischen Islams ab.
Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, spricht sich für Gespräche über Rückführungsabkommen mit den radikal-islamischen Taliban in Afghanistan aus. "Wir müssen mit der faktischen Regierung in Kabul über Rückführungen reden, auch wenn wir dieses Regime nicht mögen", sagte Throm dem Handelsblatt.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock stellt zwar das Interesse Deutschlands, Straftäter beschleunigt zurückzuführen, nicht in Frage. Sie wendet aber ein: "Wie will man mit einem islamistischen Terrorregime zusammenarbeiten, mit dem wir gar keine Beziehungen haben? Und wie schließen wir aus, dass von dort aus dann nicht der nächste Terroranschlag geplant wird?"
Auch Ukraine Thema der Erklärung
Bei der Regierungserklärung wird sich der Kanzler aber nicht nur zu den Abschiebungen nach Afghanistan äußern. Vermutlich wird er dabei auch seine Erlaubnis an die Ukraine erklären, russisches Territorium auch mit deutschen Waffen anzugreifen. Damit hat er nach mehr als zwei Jahren Angriffskrieg gegen die Ukraine einen mit den wichtigsten Bündnispartnern abgestimmten Kurswechsel vollzogen. Er soll vor allem der Abwehr der Angriffe auf die ukrainische Metropole Charkiw von russischem Gebiet aus dienen.
Der Bundestag entscheidet außerdem über ein Gesetz, das Genehmigungen für Windräder und andere Industrieanlagen deutlich beschleunigen soll. Am Abend sollen weitere Regelungen im Zuge der teilweisen Legalisierung von Cannabis für Volljährige beschlossen werden, die seit 1. April gilt. So sollen ein gesetzlicher Grenzwert für den Wirkstoff THC am Steuer und Geldbußen bei Verstößen kommen - ähnlich wie die 0,5-Promille-Grenze bei Alkohol.