Urteil zur Parteienfinanzierung Mehr Geld nur mit genauer Begründung
Die Große Koalition hätte 2018 genauer begründen müssen, warum die Parteien mehr Geld brauchen, urteilt das Bundesverfassungsgericht. Nur auf gestiegene Kosten zu verweisen, reicht nicht. Nun soll es zügig eine Neuregelung geben.
2018 hatte die Große Koalition von Union und SPD die Anhebung der staatlichen Zuschüsse damit begründet, dass die Ausgaben der Parteien deutlich gestiegen seien. Die Digitalisierung habe zu höheren Kosten geführt. Zum Beispiel beim Personal, das sich um die Social-Media-Auftritte der Parteien kümmert.
Auch das Bundesverfassungsgericht geht in seiner Entscheidung davon aus, dass die Digitalisierung zu höheren Ausgaben führen kann. Der Gesetzgeber müsse aber genau beziffern, warum wie viel Geld nötig sei.
Dies sei damals nicht geschehen, so Doris König, Vorsitzende Richterin des zweiten Senats. Weder dem Gesetzentwurf noch den nachfolgenden Gesetzesberatungen seien nachvollziehbare Anhaltspunkte für die Bestimmung der Höhe des durch die Digitalisierung verursachten zusätzlichen Finanzbedarfs zu entnehmen.
Genaue Begründung für Aufstockung von Zuschüssen
Nach dem Urteil muss der Gesetzgeber eine Aufstockung der staatlichen Zuschüsse sehr genau begründen und detailliert darlegen, warum die Parteien mehr Geld brauchen. Nur so könne der Eindruck vermieden werden, die Parteien würden sich selbst aus der Staatskasse bedienen.
Damit gab das Bundesverfassungsgericht den Bundestagsfraktionen von FDP, Linken und Grünen recht, die gegen die Aufstockung geklagt hatten. Canan Bayram, Rechtspolitikerin der Grünen, hält es nach der Entscheidung für denkbar, dass es doch noch zu einer verfassungskonformen Aufstockung der Obergrenze kommen wird, wenn die Begründung den rechtlichen Vorgaben entspricht. "Aber es muss eben deutlich werden - insbesondere in Bezug auf die Digitalisierung - was wurde an Mehrkosten veranschlagt? Was wurde gegebenenfalls auch eingespart?", so Bayram.
Kühnert: Gemeinsame Neuregelung sinnvoll
CDU und CSU machen sich nach dem Urteil für eine Neuregelung stark. Dies teilten die Generalsekretäre beider Parteien in einer Pressemitteilung mit.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, der persönlich nach Karlsruhe gekommen war, kann sich das ebenfalls vorstellen. Eine Neuregelung sei nach dem Urteil möglich und sinnvoll, sagte Kühnert. "Daher sollte das jetzt Anlass für die demokratischen Parteien sein, sich zusammenzusetzen und gemeinsam zu schauen, wie eine sachgerechte und verfassungsgemäße Begründung der Mehrbedarfe aussehen kann."
Müssen die Parteien Geld zurückzahlen?
Welche unmittelbaren Folgen sich aus dem Urteil ergeben, ob die Parteien Geld zurückzahlen müssen oder nicht, ist offen. Es wäre Aufgabe der Bundestagsverwaltung, staatliche Zahlungen zurückzufordern. Ob sie das muss oder nicht, da waren sich die Fachleute in Karlsruhe nicht einig. Im Urteil selbst steht dazu nichts.
Rechtsprofessorin Sophie Schönberger, Expertin für Parteienrecht an der Universität Düsseldorf, hält ein Zurückfordern der Gelder nicht für zwingend notwendig. "Die Bundestagsverwaltung könnte prüfen, ob es möglich ist, das überzählige Geld von den Parteien zurückzufordern", sagte Schönberger. "Das ist rechtlich relativ anspruchsvoll. Die Bundestagsverwaltung muss das aber nicht tun. Es steht in ihrem Ermessen, ob sie das möchte oder nicht."
AfD-Klage scheitert
Es gab noch eine weitere Klage, die die AfD-Fraktion eingereicht hatte. Diese hatte behauptet, das Gesetzgebungsverfahren sei 2018 viel zu schnell durchgezogen worden. Daher hätten sich die Oppositionsfraktionen nicht gut genug auf die Gesetzesänderung vorbereiten können. Das Bundesverfassungsgericht wies die Klage allerdings als unzulässig zurück.
Aktenzeichen: 2 BvE 5/18 und 2 BvF 2/18