Bundesverfassungsgericht Ist mehr Geld für die Parteien verfassungswidrig?
2018 beschloss der Bundestag, dass die Parteien vom Staat mehr Geld erhalten sollen. Die Oppositionsfraktionen halten das für verfassungswidrig und haben in Karlsruhe geklagt. Heute beginnt die Verhandlung.
Worum genau geht es in Karlsruhe?
Es geht um die Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, dass die Parteien mehr Geld vom Staat bekommen sollen. Die Parteien finanzieren sich zu einem Großteil durch Spenden und Beiträge ihrer Mitglieder. Darüber hinaus bekommen sie Zuschüsse vom Staat, damit sie ihre Aufgaben bewältigen können. Diese sind allerdings begrenzt.
Mitte 2018 hatte der Bundestag mit den Stimmen von Union und SPD beschlossen, dass die Obergrenze angehoben werden soll. Früher lag die Grenze bei den Zuschüssen, die alle Parteien pro Jahr bekommen, bei 165 Millionen Euro. Jetzt liegt sie bei 190 Millionen Euro.
Die große Koalition begründete die Anhebung vor allem damit, dass im Zuge der Digitalisierung die Ausgaben der Parteien gestiegen seien: für neue Technik, für einen besseren Schutz vor Hacker-Angriffen und für zusätzliches Personal. Die Opposition hält das Vorgehen von Union und SPD aber für verfassungswidrig und hat deshalb beim Bundesverfassungsgericht geklagt.
Wie hat die Opposition ihre Klagen begründet?
Der Hauptkritikpunkt lautet: Die Regierungsfraktionen hätten nicht sorgfältig genug begründet, warum die Parteien mehr Geld vom Staat bräuchten. Die Anhebung um 25 Millionen Euro sei willkürlich erfolgt, kritisierte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünenfraktion Britta Hasselmann: "Auf unserer Rückfragen, warum es 25 Millionen Euro waren und nicht 30 Millionen oder 17 Millionen, gab es überhaupt keine Reaktion. Es gab keine sachliche Begründung."
Auch die Fraktionen von FDP und Linken halten die Begründung der Aufstockung für unzureichend. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, wirft Union und SPD vor, die Gesetzesänderung vor drei Jahren im Eiltempo durch den Bundestag geboxt zu haben. "Das hat sie in einem Hauruckverfahren getan, was gegen die politische Hygiene - und was noch schlimmer ist - unserer festen Überzeugung nach gegen die Verfassung verstößt."
Die Öffentlichkeit, so Buschmann, müsse erkennen können, dass die Parteien sich nicht eigenmächtig aus der Staatskasse bedienen. Genau dieser Eindruck sei aber mangels ausreichender Begründung entstanden. Die AfD-Fraktion hat eine eigene Klage beim Verfassungsgericht eingereicht. Auch sie kritisiert, dass die Opposition nicht genügend Zeit gehabt hätte, sich mit der Neuregelung zu befassen. Dies sei ein Verstoß gegen die parlamentarischen Beteiligungsrechte der Oppositionsfraktionen.
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Oppositionsfraktionen Recht bekommen?
Das wird sich erst im Laufe der Verhandlung zeigen. Das Bundesverfassungsgericht nimmt das Thema jedenfalls sehr ernst. Dies sieht man schon daran, dass das Gericht zwei Tage verhandeln will, was eher außergewöhnlich ist. Klar ist: So ohne Weiteres darf der Gesetzgeber die staatlichen Zuschüsse nicht anheben.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Aufstockung der staatlichen Mittel nur zulässig, wenn sich die Verhältnisse bei den Parteien "einschneidend geändert haben". Ob die Digitalisierung tatsächlich zu einer einschneidenden Veränderung beim Arbeitsaufwand der Parteien geführt hat, dürfte eine der entscheidenden Fragen sein, die geklärt werden müssen.
Wann ist mit einem Urteil zu rechnen?
Ein Urteil wird frühestens im nächsten Jahr erfolgen. Eine Entscheidung hatte sich schon deshalb verzögert, weil die Verhandlung bereits zwei Mal terminiert, aufgrund der Corona-Pandemie aber jeweils verschoben worden war. Nun findet die Verhandlung nicht wie üblich im Gerichtssaal, sondern in einer großen Messehalle außerhalb Karlsruhes statt, wo mehr Platz für alle Beteiligten ist.