Thüringens Ministerpräsident Ramelow warnt vor starker AfD unter Höcke
Thüringens Ministerpräsident Ramelow kritisiert bei Caren Miosga seine ehemalige Parteikollegin Wagenknecht und warnt vor einer starken AfD. Es müsse mehr darüber aufgeklärt werden, welche Programmatik AfD-Landeschef Höcke verfolge.
Warum verliert die Linke in den Umfragen in Thüringen derart viel Zustimmung? "Ein Problem, das die Linke sehr lange hatte, ist die interne Zerstrittenheit", sagte Soziologin Katharina Warda bei Caren Miosga. Hinzu komme ein Rechtsruck, der europaweit zu spüren sei. Es sei gerade jetzt sehr wichtig und richtig, eine klare Richtung vorzugeben. Aber genau das passiere nicht und spiele den Rechtspopulisten in die Karten.
"Wir haben eine Stapelkrise", sagte der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow über die Zustände in seinem Bundesland. Eigentlich sei geplant gewesen, nach dem Rücktritt von FDP-Politiker Thomas Kemmerich eine Neuwahl durchzuführen. Kemmerich war am 5. Februar 2020 mit den Stimmen der AfD in das Amt gewählt worden.
Wegen der Coronakrise wurde die Neuwahl verschoben. Anschließend stellte sich die CDU dagegen, da eine deutliche Mehrheit von Rot-Rot-Grün absehbar schien. Seither regiert der Linken-Politiker Ramelow mit einer Minderheitsregierung, die durch die CDU geduldet wird. Ramelow verwahrte sich gegen den Vorwurf, er würde am Ministerpräsidentenamt "kleben". Er hätte gerne Neuwahlen durchgeführt, aber es hätte sich im Parlament keine Mehrheit dafür gefunden.
Bedauern über Abspaltung von Wagenknecht
Die Abspaltung des Bündnis Sahra Wagenknecht von seiner Partei bedauert der Linken-Politiker: "Für mich ist es bitter. Ich habe mit Frau Wagenknecht zusammen Verantwortung für diese Partei getragen. Ich habe für die breite Linke gekämpft, nicht für diese schmale Linke." Er sei sehr enttäuscht darüber, wie sich das Verhältnis von Wagenknecht zur Linken entwickelt habe.
"Jetzt ist es so, dass Sahra ihren Weg gegangen ist und eine Partei gegründet hat, die ihren Namen trägt." Für ihn sei es irritierend, dass jemand einer Partei seinen eigenen Namen gebe. Außerdem kritisierte Ramelow, dass Wagenknecht sich offenhalten würde, mit der AfD zu stimmen.
Unvereinbarkeitsbeschlüsse der CDU
In der CDU wird die Linke nach wie vor kritisch gesehen. "Es gibt viele Punkte, weswegen ich sage, mit denen kann man nicht koalieren", sagte der ehemalige Bundesinnenminister und heutige Vorsitzende der Telekom-Stiftung, Thomas de Maizière. Der CDU-Politiker hatte 2018 den Unvereinbarkeitsbeschluss seiner Partei mit der AfD und der Linkspartei formuliert und erachtet ihn nach wie vor als richtig. Demnach könne man weder mit der AfD noch mit der Linken koalieren oder zusammenarbeiten.
Ministerpräsident Ramelow und Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke seien beide aus unterschiedlichen Gründen keine Koalitionspartner für die CDU, so De Maizière. Zu möglichen Verhandlungen zwischen den beiden Parteien, sollte die AfD wie erwartet stärkste Kraft in Thüringen werden, wollte sich De Maizière nicht äußern.
Er wolle seiner Partei in Thüringen keine Ratschläge geben, so das ehemalige CDU-Präsidiumsmitglied. Der CDU-Spitzenkandidat in Thüringen, Mario Voigt, hatte eine Koalition mit der Linken in jedem Fall ausgeschlossen. Sein Vorgänger Mike Mohring hingegen hatte eine solche zuletzt öffentlich gefordert.
Fehlende Abgrenzung nach rechts?
"Was mir bei der CDU fehlt, ist eine sehr klare Abgrenzung nach rechts", sagte Soziologin Warda. Es gebe im Osten "ein Liebäugeln" zwischen der CDU und der AfD, etwa in ihrer Heimat Sachsen-Anhalt.
Das wollte CDU-Politiker De Maizière so nicht gelten lassen: "Unsere Abgrenzung gegenüber der AfD ist glasklar - vom Parteivorsitzenden bis zu allen anderen." Es sei allerdings wichtig, sich nicht abhängig zu machen von der AfD. Man müsse auch Anträgen zustimmen, wenn die AfD ebenfalls zustimmt.
"Die AfD bestimmt die Tagesordnung, indem sie Tabubrüche begeht", so der ehemalige Innenminister. De Maizière zufolge müsste mehr über die Sache geredet werden und weniger über mögliche Koalitionsmöglichkeiten und Zusammenarbeit zwischen den Parteien.
Zumindest hier war er sich mit Ramelow einig. "Es wird nicht darüber geredet, welche Gefahr von der AfD ausgeht“, sagte der thüringische Ministerpräsident. Ihm zufolge müsse mehr darüber aufgeklärt werden, welche Programmatik AfD-Landeschef Höcke verfolge, anstatt über mögliche Koalitionen zu streiten.