Report 2024 "Auf dem Weg zu zeitgemäßen Lobbyregeln"
Das Vertrauen in faire Entscheidungsprozesse ist entscheidend für eine funktionierende Demokratie. Lobbycontrol zieht mit dem Report 2024 eine positive Zwischenbilanz nach gut zwei Jahren Ampel-Regierung.
Es war im Jahr 2020. Die Berliner CDU mit ihrem damaligen Landesvorsitzenden und heutigen Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) erhält plötzlich eine Großspende - insgesamt 820.000 Euro, gespendet vom Immobilienunternehmer Christoph Gröner. Das Geld kommt in zwei Überweisungen: 320.000 Euro von der Privatperson Gröner und 500.000 Euro über seine Gröner Family Office GmbH.
Am Ende machen beide Spenden zusammen fast ein Fünftel der Gesamteinnahmen des CDU-Landesverbandes aus. Dass solche Spenden ohne eine Obergrenze weiterhin möglich sind, sei aktuell das größte Defizit beim Thema Lobbyregulierung in Deutschland, sagt Aurel Eschmann, Co-Autor des Lobbyreports des Vereins Lobbycontrol. "Damit ist Geld in unbegrenztem Ausmaß an politischen Einfluss gekoppelt, das darf nicht sein", sagt Eschmann. "Negativbeispiele wie der Fall um die Parteispende von Christoph Gröner an die Berliner CDU machen diese Problematik allzu deutlich. Und auch hier zeigt sich: Regeln sind wertlos, wenn sie nicht durchgesetzt oder kontrolliert werden."
Denn nicht nur die Höhe der Summe sorgte für Schlagzeilen. Sondern auch, dass Gröner diese Spende wohl mit konkreten Forderungen verbunden haben soll, wie er selbst in einem Interview erzählte. Spenden in Erwartung eines Vorteils sind in Deutschland allerdings nicht zulässig. Im Juli 2023 stellte Bundestagsverwaltung jedoch die Prüfung des Vorgangs ein. Der Tatbestand einer Einflussspende habe sich nicht bestätigt.
Viele positive Entwicklungen
Im Lobbyreport 2024 gibt es durchaus auch viele positive Entwicklungen. So sieht der Report "Deutschland endlich auf dem Weg zu zeitgemäßen Lobbyregeln".
Unter dem Druck der Lobbyskandale der vorigen Wahlperiode, wie etwa der Maskenaffäre, hat die Ampelkoalition viele neue Regeln für Lobbyismus auf den Weg gebracht. Zum Beispiel bei der Parteienfinanzierung, beim Wechseln der Seiten oder gegen Korruption von Abgeordneten.
Timo Lange, Experte für Lobbyregulierung und Co-Autor des Lobbyreports meint: "Die Bilanz der Ampelkoalition bei der Transparenz- und Lobbyregulierung kann sich nach gut zwei Jahren Regierungszeit durchaus sehen lassen. Das Lobbyregister ist reformiert und endlich gibt es auch eine Lobby-Fußspur für Gesetze."
Das seien zwei wichtige Elemente für transparentere Politik. "Auch mit der umfassenden Reform des Abgeordnetenrechts und einigen Verbesserungen bei der Transparenz der Parteienfinanzierung ist Deutschland nun endlich auf dem Weg zu einem zeitgemäßen Regelungsrahmen für Transparenz und Integrität in der Politik", sagt Lange.
Interessenkonflikte in Bundesministerien
Doch der Report listet weiterhin einen mangelhaften Umgang mit Interessenkonflikten in Bundesministerien auf. So gab es allein in dieser Wahlperiode mehrere prominente Fälle für persönliche Verflechtungen, wie den Fall Graichen im Wirtschaftsministerium oder Bonhoff im Verkehrsministerium.
Dazu gibt es weiter Nachholbedarf beim Thema Compliance-Regeln, also für finanzielle Angelegenheiten, wie bezahlte Vortragstätigkeiten oder Unternehmensbeteiligungen von hochrangigen politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern. Hier fordert der Report eine schnelle Anpassung.
"Wer Compliance-Regeln aus größeren Unternehmen kennt, wird sich wundern, wie Compliance-Fragen in den Bundesministerien behandelt werden. Dass Mitglieder der Bundesregierung und politische Beamtinnen und Beamte noch nicht einmal private finanzielle Interessen oder Unternehmensbeteiligungen anzeigen müssen, ist einfach nicht mehr zeitgemäß", so der Co-Autor des Reports Timo Lange.