Zweifel an Gemeinnützigkeit Campact beschwert sich über Bund der Steuerzahler
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) sieht sich als Lobby aller Steuerzahler und ist als gemeinnützig anerkannt. Dies stört die Kampagnenplattform Campact und hat Beschwerde eingereicht. Der BdSt weist die Vorwürfe zurück.
Die Kampagnenorganisation Campact hat sich bei Finanzämtern über sechs Landesverbände des Bund der Steuerzahler (BdSt) beschwert. Der Lobbyverband ist nach Ansicht der Aktivisten zu Unrecht gemeinnützig, weil er sich stark politisch engagiere. Gemeinnützig sind Tätigkeiten, die der Allgemeinheit dienen. Organisationen, die gemeinnützig sind, sind zum Beispiel Vereine, Stiftungen oder Institutionen.
Campact und das globalisierungskritische Netzwerk Attac hatten nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs selbst vor einigen Jahren die Gemeinnützigkeit verloren.
Beeinflussung der öffentlichen Meinung nicht gemeinnützig
Die Volksbildung, urteilte 2019 das Gericht, müsse eigenständig und in "geistiger Offenheit" betrieben werden. Das sei bei Attac nicht der Fall gewesen. Der Trägerverein habe ganz konkrete Forderungen und Lösungsvorschläge zu bestimmten allgemeinpolitischen Themen durchsetzen wollen, etwa zum Sparpaket der Bundesregierung, der Bekämpfung der Steuerflucht oder zum bedingungslosen Grundeinkommen.
Spenden an Attac und Campact sind damit nicht mehr steuerlich absetzbar, was das Werben um Unterstützer deutlich erschwert. Für die Organisationen war das Urteil ein schwerer Schlag, weil sie sich zum Großteil über Spenden finanzieren.
Campact: Steuerzahlerbund will Standpunkte durchsetzen
Campact argumentiert nun, auch der Steuerzahlerbund nehme regelmäßig öffentlich zu politischen Entscheidungen Stellung, "um eigene Standpunkte und Forderungen durchzusetzen".
So habe der BdSt vor der vergangenen Bundestagswahl vehement den Verzicht auf eine Vermögenssteuer gefordert, so Campact-Vorstand Felix Kolb. Zudem kämpfe er für die Abschaffung des Solidaritätszuschlags und verfolge oftmals politische Anliegen, die eher den Besserverdienenden in Deutschland zugutekämen.
Ganz ähnlich laufe es auch bei den Landesverbänden des Steuerzahlerbundes, so Campact. Der Landesverband in Rheinland-Pfalz mache medial Druck auf die dortige Landesregierung, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen.
Der Landesverband Hessen habe in der "Süddeutschen Zeitung" die Abschaffung von Bagatellsteuern oder von der Zweitwohnsitzsteuer gefordert. Und in Thüringen unterstütze der Landesverband die Opposition mit einer Pressemitteilung und habe gefordert, die Grundsteuer zu senken und teilweise abzuschaffen.
"Umfangreich mit den Kriterien gebrochen"
Mit derartigen Einlassungen habe nicht nur der Bundesverband des BdSt, sondern auch seine sechs Landesverbände so umfangreich mit den Kriterien der Volksbildung gebrochen, "dass ein Entzug der Gemeinnützigkeit eigentlich die Folge sein müsste".
Die Landesverbände, über die sich Campact beschwerte, hätten alle denselben Satzungszweck wie Attac und müssten aus diesem Grund genauso behandelt werden, so die Organisation. Campact stützt sich dabei auf ein selbst in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zu den Aktivitäten des BdSt.
Gemeinnützigkeitsrecht soll politisch überarbeitet werden
Mit der Beschwerde über den BdSt will Campact nun vor allem eine neue Debatte um das Gemeinnützigkeitsrecht anstoßen. "Es geht Campact nicht darum, dem Bund der Steuerzahler etwas wegzunehmen", so Kolb. "Wir möchten mit unserer Anzeige die Schieflage in der Auslegung des Gemeinnützigkeitsrechts am Beispiel eines reichweitenstarken Vereins demonstrieren."
Die ungleiche Behandlung der politisch aktiven Zivilgesellschaft schade den Organisationen, die sich für Menschenrechte, Demokratie, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit einsetzten. Das Gemeinnützigkeitsrecht soll politisch überarbeitet werden. Campact erwartet für Anfang 2024 einen Gesetzesentwurf.
Das Engagement für Grund- und Menschenrechte, Demokratie, Antidiskriminierung, soziale Gerechtigkeit und Frieden müsse darin als gemeinnützig anerkannt werden, fordert die Organisation. Dass beispielsweise Sportvereine zu Demonstrationen gegen Rassismus aufrufen dürften, müsse der Gesetzgeber grundsätzlich erlauben.
Bund der Steuerzahler wehrt sich
Der Bund der Steuerzahler kritisierte den Vorstoß und teilte mit: "Die Kampagne eines Verbandes, dem die Gemeinnützigkeit aberkannt wurde, hat keine sachliche Grundlage." Bewusst würde die Arbeitsweise des BdSt, der Umfang der Themenkomplexe, zum Beispiel auch im Bereich Steuerinformationen für verschiedenste Bevölkerungsgruppen, sowie die Organisation des BdSt ausgeblendet. "Es bestehen keine Zweifel an der Feststellung der Gemeinnützigkeit", teilte der Verband mit.