Klimaproteste in deutschen Städten Kritik an "Letzter Generation" wächst
Die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" weiten ihre Proteste aus. In den nächsten Tagen wollen sie den Verkehr in Berlin lahmlegen. Die FDP-Minister Lindner und Buschmann sowie ADAC-Chef Reinicke halten das für überzogen.
Die Hauptstadt Berlin lahmzulegen, das ist das Ziel der Klimaaktivisten der "Letzten Generation" in den kommenden Tagen. Immer wieder hatten sie sich auch in anderen Städten auf Straßen festgeklebt, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen - zum Verdruss von Autofahrern, die plötzlich im Stau standen. Die Kritik an den Klimaschützern wird zunehmend lauter.
Etwa von FDP-Chef Christian Lindner: Das Blockieren von Straßen und Autobahnen sei nichts anders "als physische Gewalt". Manche sagten, die Motive der Blockierer seien edel, aber wer eine andere Politik wolle, der könne in die Politik gehen und Mehrheiten für seine Positionen erwerben, sagte Lindner in Berlin zum Auftakt des FDP-Bundesparteitages.
"Tempolimit und 9-Euro-Ticket, das sind ganz kleine Ideen - und dafür der große Ärger", sagte er weiter. "Umgekehrt wäre besser." Mit Sorge sehe er auch eine gewisse Sympathie in der öffentlichen Diskussion für die sogenannten Klimakleber.
"Mit Straftaten wirbt man nicht für Klimaschutz"
Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann kritisierte gegenüber dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland", die "Letzte Generation" habe "überzogene, aggressive Vorstellungen von der Durchsetzung ihrer Ziele". Mit Straftaten werbe man nicht für den Klimaschutz. Der FDP-Politiker zog einen historischen Vergleich mit Straßenprotesten von vor 100 Jahren:
In den 1920er- und 1930er-Jahren gab es in Berlin straßenschlachtartige Zustände, weil sich Menschen am linken und rechten politischen Rand selbst ermächtigt fühlten, sich über die Rechtsordnung zu stellen und die eigenen Vorstellungen mit der Faust durchzusetzen. Das darf sich nicht wiederholen.
Buschmann verteidigte die Gerichtsurteile gegen Klimaaktivisten. In einem Rechtsstaat gälten die gleichen Regeln für alle. "Wenn wir akzeptieren würden, dass sich ein Teil der Gesellschaft unter Berufung auf ein höheres Ziel nicht an das Recht gebunden fühlt, würden das sicher immer mehr Gruppen für sich in Anspruch nehmen", sagte er.
ADAC kritisiert Art des Protests
ADAC-Präsident Reinicke äußerte Verständnis für die Anliegen der Aktivisten, nicht aber für die Art ihres Protestes. Der "Augsburger Allgemeinen" sagte der Chef des größten deutschen Automobilclubs, die Aktivisten vertreten Ziele, hinter denen "sich jeder versammeln kann". Er bezweifle jedoch, dass die Klimakleber die richtigen Mittel wählten, um ihre berechtigten Ziele zu erreichen. "Sie müssen sich nicht festkleben und Kartoffelbrei auf Kunstwerke werfen." Man habe ihre Ziele verstanden.
"Schärfere Gesetze nicht nötig"
Der Deutsche Richterbund hält es unterdessen nicht für nötig, Gesetze zu verschärfen. Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", die bestehenden Gesetze gäben den Gerichten ausreichend Spielräume, um etwa Fälle von Nötigung, Sachbeschädigung oder Eingriffe in den Straßenverkehr angemessen zu bestrafen. "Die Meinungs- und die Versammlungsfreiheit enden dort, wo das Strafrecht beginnt."
Auch ein guter Zweck wie der Klimaschutz heiligt nicht jedes Mittel.
Treffen mit Verkehrsminister Wissing geplant
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach appellierte an die "Letzte Generation", mit ihren Aktionen keine Menschenleben zu gefährden. Es sei unverantwortlich, wenn durch Straßenblockaden Rettungskräfte und Krankentransporte behindert würden, sagte der SPD-Politiker der Funke Mediengruppe.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat sich für den 2. Mai mit Aktivisten der "Letzten Generation" zu einem Gespräch verabredet. Den Fernsehsendern RTL und ntv sagte er, die "Letzte Generation" habe ihn um das Treffen gebeten. Das habe er angenommen. "Gesprächsbereitschaft zeichnet eine lebendige Demokratie aus", so Wissing.